Strom aus der Fassade
Wie sich Photovoltaik (PV)-Module nahtlos in Fassaden integrieren lassen, erprobt das Fraunhofer FEP im Projekt Design-PV. Dabei sind die Module optisch kaum von konventionellen Bauteilen zu unterscheiden und bieten eine hohe Energieeffizienz.
Mit Dekorfolie kaschierte, frei kombinierbare Fassadenelemente – links ein Photovoltaik (PV)-Modul und rechts ein Blechfassadenelement ohne PV-Funktionalität.
Foto: Fraunhofer FEP/Finn Hoyer
Die Energiewende verlangt nach neuen Wegen, um PV-Flächen jenseits klassischer Dachinstallationen zu erschließen. Gebäudeintegrierte Photovoltaik (building integrated photovoltaic, BIPV) gilt als wichtige Option. Denn Fassaden, Balkone oder Fensterfronten sind nicht nur ästhetisch, sondern lassen sich auch funktional gestalten. Das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP entwickelt im Rahmen des Projekts „Design-PV“ gemeinsam mit Industriepartnern Lösungen, die architektonische Anforderungen und hohe Energieeffizienz verbinden.
Kern der Entwicklung sind Dekorfolien, die mittels Rolle-zu-Rolle-Nanoimprint-Lithografie (NIL) strukturiert und beschichtet werden. Auf diese Weise können PV-Module ein einheitliches Erscheinungsbild mit herkömmlichen Fassadenelementen erhalten. Die Folien lassen sich auf PV-aktive und nichtaktive Flächen gleichermaßen aufbringen, sodass die Fassade optisch homogen wirkt.
Haltbarkeit der neuen PV-Module von zentraler Bedeutung
Erste Tests am Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) bestätigen, dass die Module je nach Dekor bis zu 80 % der Leistung von nicht abgedeckten Vergleichsmodulen erreichen. Damit wird den Forschenden zufolge eine der zentralen Hürden der BIPV, die optische Integration, erstmals praxisnah überwunden.
Ein wesentliches technisches Hindernis ist die Haftung der Dekorfolien auf den eingesetzten Materialien. Besonders das Kunststoffsubstrat ETFE, das aufgrund seiner Witterungsbeständigkeit bereits in der Architektur verbreitet ist, besitzt eine geringe Oberflächenhaftung. Die Forschenden am Fraunhofer FEP entwickelten dafür ein spezielles Plasmaverfahren, das die Grenzschicht der Folie im Nanometermaßstab aufraut. So lassen sich Dekorschichten zuverlässig applizieren, ohne die mechanischen oder optischen Eigenschaften zu beeinträchtigen.
Das Verfahren ermöglicht eine industrielle Umsetzung, da es kontinuierlich in Rolle-zu-Rolle-Anlagen erfolgt. Auf diese Weise können großflächige Dekorfolien mit hoher Produktivität hergestellt werden. Die Kombination von Nanoimprint-Technologie, Pigmentintegration und Elektronenstrahlhärtung eröffnet eine flexible Plattform, um verschiedene Designvarianten kosteneffizient zu realisieren. Damit werden BIPV-Lösungen für die Bauwirtschaft nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich attraktiver.
Von der Laborlösung zur Pilotproduktion
Ein zentrales Element der Arbeiten ist die Rolle-zu-Rolle-Pilotanlage „atmoFlex 1250“, die beim Fraunhofer FEP betrieben wird. Mit ihr können Beschichtungen auf Kunststofffolien und anderen flexiblen Substraten bei Breiten von bis zu 1,25 m und Geschwindigkeiten von bis zu 150 m/min realisiert werden. Der modulare Aufbau erlaubt die Kombination von Prozessschritten wie Corona-Vorbehandlung, Nasslamination oder Elektronenstrahlvernetzung in einer durchgängigen Prozesskette. So lassen sich mehrschichtige Funktionssysteme unter produktionsnahen Bedingungen herstellen und erproben.
Die technischen Möglichkeiten dieser Anlage sind für das Projekt Design-PV von entscheidender Bedeutung. Denn sie erlauben es, die dekorativen Oberflächen nicht nur im Labormaßstab, sondern in industriell relevanter Qualität und Quantität zu fertigen. Damit werden auch umfangreiche Alterungs- und Witterungstests möglich, die für eine spätere Bauzulassung unerlässlich sind.
Design-PV ist mehr als ästhetische Gestaltung von PV-Fassaden
Die Bedeutung von Design-PV liegt nicht allein in der ästhetischen Gestaltung von PV-Fassaden. Vielmehr geht es um die Schaffung einer geschlossenen Prozesskette, die von der Entwicklung geeigneter Dekore über deren Übertragung auf PV-Module bis hin zur Langzeitbewertung reicht. Durch die enge Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer FEP und ISFH mit Industriepartnern aus Glas- und Fassadenbau entsteht ein praxisnahes Umfeld, das Innovationen schnell in die Anwendung bringt.
Mit Blick auf die kommenden Projektjahre stehen weitere Aufgaben an. Dazu gehören die Erprobung zusätzlicher Dekore und Farbvarianten, die Optimierung der Plasmavorbehandlung für unterschiedliche Substrattypen sowie die Durchführung umfassender Langzeittests. Ziel ist es, nicht nur optisch ansprechende, sondern auch langlebige und zuverlässige BIPV-Lösungen bereitzustellen. Wenn die Integration gelingt, könnten ganze Stadtbilder künftig Energie erzeugen, ohne dass die Architektur darunter leidet. Das Fraunhofer FEP positioniert sich mit diesen Entwicklungen an der Schnittstelle von Materialwissenschaft, Oberflächentechnologie und Energieforschung.




