Tierwohl 2.0: Neue Wege für nachhaltige Stallhaltung
Die TU Bergakademie Freiberg hat gemeinsam mit Forschenden, Privatpersonen sowie Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern das „Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, neue Lösungen für den tierfreundlichen und nachhaltigen Stall der Zukunft zu entwickeln. Insbesondere sollen die Ställe an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst werden.

Kühe leiden bei den immer häufiger vorkommenden Hitzewellen besonders.
Foto: SmarterPix/briday
Am 11. Juli 2025 wurde an der TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) der Verein „Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung“ gegründet. Unter der Leitung der Freiberger Universität haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Einzelpersonen sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft zusammengetan, um gemeinsam neue Entwicklungen für eine tierfreundliche und nachhaltige Stallhaltung voranzutreiben. Der Zusammenschluss wird zunächst als eingetragener Verein seine Arbeit aufnehmen. Hintergrund der Initiative sind die zunehmenden Herausforderungen, die der Klimawandel für die Tierhaltung mit sich bringt. Insbesondere während der immer häufiger auftretenden Hitzewellen leiden Nutztiere wie Rinder stark unter den hohen Temperaturen in den Ställen. Bereits ab 15 Grad Celsius können Kühe Hitzestress entwickeln. Um den Tieren in Zukunft bessere klimatische Bedingungen bieten zu können, müssen die Ställe an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden.
An diesem Punkt will das neu gegründete Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung ansetzen und Lösungen für den klima- und tierfreundlichen Stallbau entwickeln. Wie gravierend sich ein schlechtes Stallklima auf die Tiere auswirken kann, erläutert der Vereinsvorsitzende Alexander Starke: „Wir wissen aus unserer Forschung, dass die meisten der aktuell in der Milchviehhaltung auftretenden Tiergesundheitsstörungen und Tierverluste ebenso wie die Einschränkungen im Wohlbefinden unserer Rinder auf ein suboptimales Haltungsumfeld zurückgehen.“ Um die Situation zu verbessern, bringt die TUBAF als ingenieurtechnische Ideengeberin ihre Expertise für Strömungsmechanik und Bewetterung in den Verbund ein.
Digitaler Zwilling liefert Erkenntnisse für verbesserte Tierhaltung
Rüdiger Schwarze von der TUBAF erläutert die bisherigen Forschungsaktivitäten: „Wir messen in einem Milchviehbetrieb bei Leipzig, der Agrargenossenschaft Kitzen, die Luftströme und den Atem der Kühe und haben mit den Daten einen digitalen Zwilling des Stalls erstellt. Dieser liefert erste Hinweise darauf, welche Maßnahmen in Zukunft zu einem besseren Stallklima führen können.“ Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nun im Rahmen des neu gegründeten Zentrums für zukunftsfähige Tierhaltung weiter vertieft und in konkrete Lösungen überführt werden. Als Ressourcen-Universität, die sich der Entwicklung nachhaltiger Lösungen für aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel verschrieben hat, kann die TUBAF ihr Know-how aus den Ingenieur- und Geowissenschaften sowie der Energietechnik einbringen, so Rektor Klaus-Dieter Barbknecht.
Das Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung hat bereits mit den Vorbereitungen für gemeinsame Forschungsinitiativen begonnen. Ein thematisch verknüpftes Projekt der TU Bergakademie Freiberg, das sich mit der präzisen Bilanzierung von Treibhausgasemissionen aus Milchviehställen befasst, ist Anfang 2025 angelaufen. Geleitet wird das von der Dr.-Erich-Krüger-Stiftung geförderte Vorhaben von Rüdiger Schwarze. „Das Projekt ist eine Art Initialzündung, wieder verstärkt in Netzwerken zu forschen“, erklärt Schwarze. „Im Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung bringen wir das Wissen Forschender unterschiedlicher Disziplinen und erfahrener Praktikerinnen und Praktiker aus den Bereichen Stallbau und Landwirtschaft zusammen. Damit wollen wir auf nationaler wie internationaler Ebene Impulse für klima- und tierfreundlichen Stallbau liefern.“
Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung bekommt interdisziplinären Vorstand
Die Leitung des neu gegründeten Vereins übernimmt ein interdisziplinär besetzter Vorstand. Den Vorsitz hat Alexander Starke von der Klinik für Klauentiere der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig inne. Als stellvertretender Vorsitzender fungiert Rüdiger Schwarze vom Institut für Mechanik und Fluiddynamik der TUBAF. Die Finanzen des Vereins verwaltet Uwe Bergfeld als Kassenwart. Weitere Vorstandsmitglieder sind Michael Mertig von der TU Dresden und Alexander Stahr von der HTWK Leipzig. Zu den Gründungsmitgliedern zählen darüber hinaus der Rektor der TUBAF, Klaus-Dieter Barbknecht, Steffen Pache und Thomas Seidel, Geschäftsführer der HERMES GmbH Stalleinrichtungen. Auch die TU Bergakademie Freiberg selbst wird als juristische Person Gründungsmitglied des Vereins.
Tierhaltung im Wandel: Zentrum setzt auf Innovationen und Vernetzung
Mit der Gründung des Zentrums für zukunftsfähige Tierhaltung haben die beteiligten Akteurinnen und Akteure ein klares Zeichen für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft gesetzt. Durch die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft und Praxis sollen praxistaugliche Lösungen für eine tierfreundliche und klimaangepasste Stallhaltung entwickelt werden. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Milchviehhaltung, da Rinder besonders stark unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden. Doch auch für andere Nutztiere sollen perspektivisch neue Stallkonzepte erarbeitet werden, die sowohl dem Tierwohl als auch den Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft gerecht werden. Das Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung möchte dabei eine Vorreiterrolle einnehmen und den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis fördern.