Hydraulisch verpresste Stacks sollen effizienter und günstiger werden
Wie sich Brennstoffzellen effizienter, langlebiger und kostengünstiger gestalten lassen, untersucht ein Forschungsprojekt der Westfälischen Hochschule und der ProPuls GmbH.
Das Projektteam vor einem Teststand für Brennstoffzellenstacks (v.l.n.r.): Hannah Zeibig (H2Raum), Jeffrey Roth (Westfälische Hochschule), Annika Neuwinger (Westfälische Hochschule), Daniel Burow (ProPuls), Ulrich Rost (ProPuls), Philipp Neuhaus (ProPuls) und Tim Peil (H2Raum).
Foto: H2Raum
Die Energiewende steht vor einer zentralen Herausforderung: Wie lässt sich überschüssiger Strom aus Wind und Sonne speichern und bedarfsgerecht wieder nutzbar machen? Wasserstoff gilt dabei als Schlüsseltechnologie. Durch Power-to-Gas (PtG)-Verfahren wird mit erneuerbarem Strom Wasserstoff erzeugt, der später mithilfe von Brennstoffzellen wieder in elektrische Energie umgewandelt werden kann.
Das Forschungsprojekt „H2SME“ ist Teil der Transfer-Initiative „H2Raum“, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen“ gefördert wird. Es sucht nach Wegen, wie sich Brennstoffzellen effizienter, langlebiger und kostengünstiger gestalten lassen.
Die Westfälische Hochschule bringt ein eigenes, patentiertes Prinzip in das Projekt ein: die hydraulische Verpressung elektrochemischer Zellen. Ursprünglich wurde diese Technologie für Hochdruck-Elektrolyseure entwickelt und weiter perfektioniert. Jede einzelne Zelle eines Brennstoffzellenstapels – auch Stack genannt – wird dabei von einer Hydraulikflüssigkeit umspült. Wird diese Flüssigkeit unter Druck gesetzt, entsteht eine gleichmäßige, exakt reproduzierbare Verpressung aller Zellen. Ungleichgewichte, die bei herkömmlichen mechanischen Spannsystemen zu Leistungseinbußen oder Materialermüdung führen, lassen sich so vermeiden. Gleichzeitig führt die Hydraulikflüssigkeit entstehende Wärme zuverlässig ab – ein wichtiger Faktor für Lebensdauer und Effizienz.
Projektkoordinator Dr. Florian Josef Wirkert vom Energieinstitut der Westfälischen Hochschule erklärt, dass durch die Übertragung dieses Ansatzes auf Brennstoffzellen sowohl der Wirkungsgrad als auch die Langzeitstabilität verbessert werden könnten. Neben der mechanischen Optimierung liegt der Fokus auf den Materialkosten. Da seltene Erden oder Edelmetalle wie Platin die Preise klassischer Brennstoffzellen erheblich erhöhen, sollen im Projekt kostengünstigere Katalysatormaterialien getestet werden – ohne Abstriche bei Leistung oder Haltbarkeit. Das Ziel ist ein Brennstoffzellenstack aus 30 Zellen mit je 500 cm2 Aktivfläche und einer Gesamtleistung von bis zu 7,5 kW.
Industrienahe Tests im Wasserstoff-Transferraum
Für die Entwicklung einer geeigneten Testinfrastruktur ist ProPuls verantwortlich, eine Ausgründung der Westfälischen Hochschule. Das Unternehmen bringt langjährige Erfahrung im Prüfstandsbau ein und entwickelt einen speziell auf die Anforderungen der neuen Stack-Generation abgestimmten Teststand. Philipp Neuhaus, Teamleiter für Mess-, Steuer- und Regeltechnik bei ProPuls, betont, dass der im Projekt entwickelte Stack mindestens 1 000 h dynamisch betrieben werden soll, um reale Belastungsszenarien nachzubilden und die Ergebnisse direkt in die Weiterentwicklung einfließen zu lassen. Die Versuchsergebnisse werden über drei Jahre gesammelt und ausgewertet, um daraus Grundlagen für künftige industrielle Anwendungen zu gewinnen.
Das Projekt soll den Wasserstoffstandort Ruhrgebiet langfristig stärken. Das Förderprogramm bringt Hochschulen, Unternehmen, Start-ups und Zivilgesellschaft zusammen, um Wissenstransfer und Kooperation zu fördern. Ziel ist es, strukturschwache Regionen durch Innovationen im Wasserstoffsektor zu transformieren und neue Wertschöpfungsketten zu etablieren. Von der Grundlagenforschung über Bildung bis zur Industrieanwendung sollen im H2Raum Kompetenzen gebündelt und Projekte gemeinschaftlich umgesetzt werden.
Gelsenkirchen als Standort der Wasserstoffforschung
Die Westfälische Hochschule forscht seit mehr als zwei Jahrzehnten im Bereich der Wasserstofftechnologie und ist in zahlreichen regionalen und überregionalen Initiativen aktiv. Mit dem neuen Studiengang „Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien“, der zum Wintersemester 2024/2025 gestartet ist, hat sie ihre Lehr- und Forschungsaktivitäten strategisch erweitert. Gleichzeitig entsteht mit dem „H2 Solution Lab“, gefördert im Rahmen des 5-Standorte-Programms von Bund und dem Land NRW, ein modernes Wasserstofflabor in Gelsenkirchen – eine zentrale Säule für den Ausbau des Wasserstoffstandortes in Nordrhein-Westfalen.
Unterstützung erhält das Projektumfeld auch von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG, die sich schwerpunktmäßig mit Geothermie, Energieinfrastrukturen und Wasserstofftechnologien beschäftigt. Das Institut leitet mit „TransHyDE“ eines der drei Leitprojekte des Bundeswirtschaftsministeriums zu Wasserstofftechnologien und arbeitet an innovativen Speicher- und Transportlösungen, um Wasserstoff effizient in industrielle Energiesysteme zu integrieren.
Neue Generation stationärer Brennstoffzellensysteme?
Mit der Kombination aus hydraulischer Verpressung, neuen Katalysatoren und praxisnahen Tests verfolgt das Projekt H2SME das Ziel, Brennstoffzellen wirtschaftlicher und robuster zu machen – und damit ihren Einsatz im industriellen Maßstab entscheidend voranzubringen. Was heute noch Laborarbeit ist, könnte morgen die Grundlage einer neuen Generation stationärer Brennstoffzellensysteme bilden und damit einen weiteren Baustein für eine klimaneutrale Energieversorgung in Deutschland und Europa liefern.




