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CO2-neutrale Wärme für den Forschungscampus Garching 28.11.2025, 15:00 Uhr

TUM nutzt Abwärme aus Supercomputing und Geothermie

Die Technische Universität München (TUM) baut am Forschungscampus Garching ein CO2-neutrales Wärmesystem auf Basis von Abwärme, Geothermie und Großwärmepumpen. Die komplett neu konzipierte Infrastruktur soll künftig jährlich rund 30 000 Tonnen CO2 einsparen und gleichzeitig geringere Betriebskosten verursachen als die bisherige fossil geprägte Lösung.

CO₂-neutrale Wärme für die TUM: v.l.: Philipp Kindsvogel, Vertriebsleiter Süd Getec, Prof. Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM, Dr. Henning Lustmann, Geschäftsführer der GETEC Wärme und Effizienz GmbH, Florian Loibl, Leiter TUM Immobilienabteilung, Albert Berger, Kanzler der TUM. Foto: Ulrich Meyer / TUM

CO2-neutrale Wärme für die TUM (v.l.n.r.): Philipp Kindsvogel, Vertriebsleiter Süd bei Getec, Prof. Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM, Dr. Henning Lustmann, Geschäftsführer der Getec Wärme und Effizienz GmbH, Florian Loibl, Leiter TUM Immobilienabteilung, Albert Berger, Kanzler der TUM.

Foto: Ulrich Meyer/TUM

Möglich wird das durch ein integriertes System aus Abwärmenutzung, Geothermie, Großwärmepumpen und einem intelligent gesteuerten Netzbetrieb. Herzstück des künftigen Wärmesystems am Forschungscampus Garching ist die Nutzung der enormen Abwärmemengen des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ). Die Höchstleistungsrechner am Campus erzeugen kontinuierlich Wärme, die bislang aufwendig abgeführt werden musste. Künftig fließt sie in das Nahwärmenetz des Campus und ersetzt fossile Energie. Ergänzt wird diese Quelle durch Geothermie aus dem Garchinger Untergrund sowie durch Wärmepumpen, elektrische Heizkessel und flexible Wärmespeicher. In drei Jahren soll das neue System vollständig in Betrieb gehen. Die TUM hat dafür einen 20-jährigen Vertrag mit dem Energiedienstleister Getec geschlossen, der sowohl Planung als auch Betrieb der neuen Campus-Wärmeversorgung übernimmt.

Abwärme, Geothermie und digitale Steuerung als neues Energiesystem

Bereits 2022 verbrauchte der Campus Garching rund 127 GWh Erdgas allein für Wärme. Dieser Bedarf entfällt im Regelbetrieb künftig vollständig. Stattdessen stammen 43,5 GWh Wärme aus regenerativen Quellen – ein Wert, der durch systemische Effizienzsteigerungen erreicht wird. Ein zentraler Faktor ist die Absenkung der Vorlauftemperatur im Heißwassernetz von bisherigen 140 °C auf künftig 80 bis 100 °C. Das senkt Energieverluste und reduziert den Gesamtbedarf erheblich.

Für die Umsetzung entstehen am Campus neue Fernwärmeleitungen, eine moderne Energiezentrale und erneuerte Übergabestationen. Zudem werden Gebäude energetisch saniert und die alte Kesseltechnik wird zurückgebaut.

Das technische Herzstück besteht aus sieben Großwärmepumpen mit einer kombinierten Wärmeleistung von knapp 10 MW. Sie arbeiten mit umweltfreundlichen Kältemitteln und werden durch große Wärmespeicher sowie Elektrokessel ergänzt, die überschüssigen Strom in Wärme umwandeln. Gesteuert wird das System über ein „Smart Control Center“, das den Campus rund um die Uhr digital überwacht. Die intelligente Steuerung sorgt dafür, dass Wärme bevorzugt dann erzeugt wird, wenn viel grüner Strom im Netz verfügbar ist – ein wichtiger Beitrag zur Netzstabilisierung und Kosteneffizienz.

Nachhaltigkeit im täglichen Uni-Betrieb

Das ist TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann zufolge ein zentraler Baustein der TUM Sustainable Futures Strategie 2030. Nachhaltigkeit sei nicht nur Forschungsgegenstand, sondern betreffe auch den täglichen Betrieb der Universität. Der Schritt hin zu einer CO2-neutralen Wärmeversorgung sei Ausdruck von Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen. Der Kanzler der TUM, Albert Berger, hebt die Bedeutung der Partnerschaft hervor: Mit Getec habe man einen erfahrenen Dienstleister gefunden, der Bau, Service und langfristigen Betrieb der komplexen Infrastruktur gemeinsam mit der TUM-Immobilienverwaltung realisiere.

Auch das LRZ spielt eine Schlüsselrolle. Dessen Hochleistungsrechner gelten als eines der größten Wärmeaggregate im bayerischen Wissenschaftssystem – und werden nun Teil einer nachhaltigen Energieinfrastruktur. Henning Lustermann, Geschäftsführer der Getec Wärme und Effizienz GmbH, bezeichnet das Projekt als Beweis dafür, dass Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz sich verbinden lassen. Die Kombination aus Abwärme und Geothermie ergebe ein System, das den Anforderungen eines internationalen Spitzenforschungscampus gerecht werde.

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Wärmewende auf dem Campus – und Modell für andere Standorte

Die neue Wärmeinfrastruktur am Campus Garching gilt als Pilotprojekt für nachhaltige Energieversorgung im Hochschulbereich. Sie zeigt, wie wissenschaftliche Einrichtungen ihre eigenen Ressourcen nutzen können, um Energieverbräuche signifikant zu senken und Versorgungssicherheit herzustellen.

Mit dem geplanten Rückbau der fossilen Heiztechnik, der Einbindung lokaler Energiequellen und einer durchgängig digitalisierten Steuerung entsteht ein System, das flexibel auf Lastschwankungen reagieren kann und langfristig nahezu CO2-frei arbeitet. Die TUM betont, dass dieser Umbau nicht nur ein Nachhaltigkeitsprojekt, sondern auch ein wirtschaftlicher Gewinn ist: Die Betriebskosten der neuen Wärmeversorgung liegen niedriger als die bisherigen Kosten der gasbasierten Erzeugung.

Darüber hinaus soll das Projekt als Leuchtturm für den Wissenschaftsstandort Bayern dienen. Die Verbindung von Rechenzentrumsabwärme und Geothermie könnte als Modell für andere Forschungs- und Industriezonen fungieren, die über ähnliche Strukturen verfügen.

Von Elke von Rekowski