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Sichere Energieversorgung 09.11.2023, 10:30 Uhr

„Huff and Puff“ soll Stromlücken schließen

Ein US-Unternehmen will Wasser in ausgebeutete Öl- und Gasfelder pressen. Wenn mehr Energie benötigt als bereitgestellt wird, soll es wieder herausschießen und einen Turbogenerator antreiben.

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Ein neues Verfahren eines US-Unternehmens nutzt ausgeförderte Öl- und Gasfelder zur Speicherung von erneuerbarem Überschussstrom.

Foto: PantherMedia/dpcrestock (Calin Tatu).

Mit „Huff ’n‘ Puff“ wollen US-amerikanische Ingenieure überschüssigen Wind- und Solarstrom speichern, um ihn bei Bedarf nutzen zu können. So ungewöhnlich wie die Bezeichnung ist das Verfahren selbst. Es basiert auf dem umstrittenen Fracking, mit dem in den USA mittlerweile der größte Anteil an Erdgas und Erdöl gefördert wird. Mit „Huff“ ist die Speicherung gemeint, mit „Puff“ das kontrollierte „Verpuffen“ der Energie, bei der wieder Strom erzeugt wird.

Zweite Nutzung nach dem Fracking

Beim Fracking wird ein Wasser-Sand-Gemisch, angereichert mit teilweise umstrittenen Chemikalien, mit Hochdruck in den Untergrund gepresst. Dort bricht es porenarmes Gestein auf, das fossile Rohstoffe enthält. Derart ramponiert können Öl und Gas entweichen und gefördert werden. Das Unternehmen Sage Geosystems im texanischen Houston nutzt derartige Felder, wenn sie ausgebeutet sind, also keine nennenswerten Mengen an Öl oder Gas mehr hergeben. Die Sage-Ingenieure pressen mit sehr hohem Druck Wasser in die Risse im Gestein. Die Energie für die mächtigen Pumpen stammt aus Wind und Sonne. Sie werden immer dann angeworfen, wenn zu viel Strom produziert wird.

Wetterbedingte Lücken stopfen

Ist der Speicher voll oder wird kein Überschussstrom produziert kommt gewissermaßen ein Korken auf die Flasche. Er wird geöffnet, sobald sich Strommangel einstellt, etwa an einem regnerischen oder windarmen Tag. Dann schießt das Wasser an die Erdoberfläche zurück und treibt die Pumpen an, deren Motoren jetzt zu Generatoren werden. Außer dem durch das Pumpen aufgebauten Druck wird auch noch der genutzt, den das Gestein auf die Risse ausübt. Jede dieser Einheiten soll eine Leistung von 3 MW haben und dem darbenden Netz fünf Stunden lang 200 kW bereitstellen können, um wetterbedingte Lücken zu stopfen.

Test in 2 400 bis 3 400 Metern Tiefe

Sage testete das System in einem ausgebeuteten Ölfeld in Texas in einer Tiefe von 2 400 bis 3 400 m. Negative Auswirkungen, wie sie bei Fracking schon mal vorkommen – Erdbeben beispielsweise – beobachteten die Sage-Ingenieure nicht. Der Wirkungsgrad lag bei 70 bis 75 % – dieser Anteil des Stroms, der zum Einpressen des Wassers verbraucht wurde, ließ sich zurückgewinnen. Normalerweise übernehmen diese Aufgabe Pumpspeicher- und Gaskraftwerke, die beide sehr schnell ein- und ausgeschaltet werden können, sowie Batterien.

Zusätzliche Nutzung von Geothermie

Das Verfahren aus Texas hat noch einen Zusatznutzen. Das Wasser in der Tiefe erhitzt sich wegen des umliegenden warmen Gesteins, und zwar umso stärker, je länger es gespeichert ist. Bei 2 000 m sind es schon mindesten 90 °C, je nach geologischen Verhältnissen deutlich mehr. In 3 000 m Tiefe sind es schon 140 °C . Das erhöht den Druck des Wassers und damit die Stromproduktion, wenn es wieder ans Tageslicht kommt. Zudem kann man es, ehe es in die als Turbine fungierende Pumpe läuft, durch einen Wärmeübertrager schicken, sodass die Energie in ein Fernwärmenetz eingespeist werden kann und fossile Rohstoffe ersetzt. Das heiße Wasser kann auch in einem ORC-Kraftwerk (Organic Rankine Cycle) zusätzlichen Strom erzeugen. Bei dieser Technik wird eine organische Flüssigkeit eingesetzt, die schon bei mäßiger Hitze einen hohen Dampfdruck erzeugt, sodass ein spezieller Turbogenerator zur Stromerzeugung angetrieben werden kann. Diese Doppelnutzung könnte Huff ’n‘ Puff in die Gewinnzone katapultieren, glauben die Sage-Entwickler.

Von Wolfgang Kempkens

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