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Wasserstoff im Salz gespeichert 27.08.2025, 09:00 Uhr

Chemischer Speicher statt Drucktank

Formiatsalze könnten künftig helfen, Wasserstoff sicher und effizient zu transportieren. Mit dem Verbundprojekt „FormaPort“ startet in Mecklenburg-Vorpommern ein Forschungsvorhaben, das die Grundlage für eine alternative Logistik von grünem Wasserstoff legen soll.

Dr. Wolfgang Blank, Wirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommern (zweiter von links), gemeinsam mit den FormaPort-Projektpartnern, die soeben die Zuwendungsbescheide erhalten haben (rechts: Prof. Dr. Mathias Wilichowski, Hochschule Wismar). Foto: Hochschule Wismar/Kerstin Baldauf

Dr. Wolfgang Blank, Wirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommern (zweiter von links), gemeinsam mit den FormaPort-Projektpartnern, die soeben die Zuwendungsbescheide erhalten haben (rechts: Prof. Dr. Mathias Wilichowski, Hochschule Wismar).

Foto: Hochschule Wismar/Kerstin Baldauf

Wasserstoff gilt als zentraler Energieträger der künftigen Energieversorgung, doch seine Speicherung und Verteilung bleibt eine technologische Herausforderung. Drucktanks und kryogene Verfahren sind etabliert, stoßen jedoch an Grenzen: hohe Energieaufwände, komplexe Infrastruktur und Sicherheitsfragen. Das Projekt „FormaPort“ setzt deshalb auf eine andere Strategie – die chemische Speicherung in Formiatsalzen. Formiate, die Salze der Ameisensäure, können Wasserstoff in Form chemischer Bindungen aufnehmen. Unter geeigneten Bedingungen lässt er sich mithilfe spezieller Katalysatoren wieder freisetzen. Dieser Ansatz bietet mehrere Vorteile: Die Substanzen sind relativ stabil, leicht zu handhaben und verursachen beim Transport weniger Risiken als gasförmiger oder verflüssigter Wasserstoff. Besonders interessant ist die Möglichkeit, Wasserstoff bedarfsgerecht freizusetzen, etwa direkt an Tankstellen oder in dezentralen Energieanlagen.

Neuer Speicher soll grünen Wasserstoff voranbringen

In Rostock wurde das Vorhaben im August 2025 offiziell gestartet. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Dr. Wolfgang Blank betonte dabei die Bedeutung der Technologie für die regionale Energiewende: „FormaPort kann einen wichtigen Beitrag leisten, die Infrastruktur für grünen Wasserstoff nachhaltig zu stärken.“ Mit rund 1,1 Mio. € fördert das Land die Hochschule Wismar, die gemeinsam mit weiteren Partnern aus Industrie und Forschung an dem Thema arbeitet.

Die zentrale Aufgabe besteht darin, aus der heute bekannten Laborchemie ein robustes technisches Verfahren zu entwickeln. Formiatsalze sollen dabei nicht nur als Konzept, sondern als skalierbares Transport- und Speichermedium nutzbar gemacht werden. Dazu gehört sowohl die Effizienz der chemischen Prozesse als auch die praktische Handhabbarkeit der Substanzen in einer Logistikkette.

Interdisziplinäre Forschung und regionale Vernetzung

Das Projektkonsortium setzt sich aus vier Partnern zusammen, die unterschiedliche Kompetenzen einbringen. Akros Energy aus Laage übernimmt die Leitung und entwickelt Demonstrationsanlagen im technischen Maßstab, mit denen sich die katalytische Speicherung und Freisetzung praktisch erproben lässt. Am Leibniz-Institut für Katalyse (Likat) in Rostock arbeiten Chemikerinnen und Chemiker an der gezielten Optimierung der Katalysatoren, die für Hydrierung und Dehydrierung entscheidend sind.

Die Hochschule Wismar bringt ihre Expertise im Maschinenbau und in der Verfahrenstechnik ein. Hier stehen Prozesse wie Kristallisation, Fest-Flüssig-Trennung und das Handling der entstehenden Feststoffe im Vordergrund. Ziel ist ein kontinuierliches Verfahren, das den Übergang vom Labor- in den Technikumsmaßstab ermöglicht. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Projektpartner bildet die Grundlage für die Entwicklung eines robusten und skalierbaren Systems“, erläutert Prof. Dr. Mathias Wilichowski (Hochschule Wismar), der die wissenschaftliche Begleitung in Wismar verantwortet.

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Ein weiterer Partner ist das Unternehmen TAB aus Bentwisch, das ein energieeffizientes Kristallisationssystem entwickelt. Damit sollen die Formiatsalze aus den Reaktionsmischungen isoliert werden, sodass sie als fester Speicherstoff transportiert werden können. Das Gesamtbudget des Projekts beläuft sich auf etwa 4,4 Mio. €, verteilt auf vier Jahre.

Neben der technischen Entwicklung ist auch die Einbindung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern fester Bestandteil. Ein Wismarer Absolvent der Verfahrenstechnik und des Masterstudiengangs Maschinenbau beginnt im Rahmen von FormaPort seine Promotion, unterstützt durch das kooperative Promotionsmodell der Hochschule. Zum Jahresende wird zudem ein Postdoktorand das Team verstärken. Damit wird die Forschung nicht nur technologisch, sondern auch personell ausgebaut.

Auf dem Weg zur alternativen Wasserstoff-Logistik

Die Labore am Wismarer Campus und am Standort Malchow auf der Insel Poel bieten moderne Bedingungen, um an den verschiedenen Facetten des Projekts zu arbeiten. Neben klassischen Verfahren der Verfahrenstechnik stehen hier Anlagen zur Simulation industrieller Prozesse im kleinen Maßstab bereit. Dadurch lassen sich neue Konzepte zunächst im Labormaßstab prüfen, anschließend im Pilotmaßstab validieren und schließlich für die Industrieanwendung vorbereiten. Besonders wertvoll ist, dass unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden kann, wie sich die Kristallisation oder das Handling fester Salze in kontinuierlichen Prozessen verhält. So entsteht eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und Technikumsbetrieb, die sonst oft erst in langwierigen Übergangsphasen aufgebaut werden muss. Hier sollen Verfahren getestet und verfeinert werden, die langfristig den industriellen Einsatz ermöglichen.

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Von Elke von Rekowski