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Studie zeigt hohe Anforderungen in Deutschland 02.10.2025, 14:00 Uhr

Nachhaltigkeits-Fahrplan für Rechenzentren

Wie können Rechenzentren klimaneutral und ressourcenschonend werden? Eine aktuelle Studie zeigt Wege auf, wie Rechenzentren weltweit ihre Umweltauswirkungen drastisch reduzieren können. Im Fokus stehen CO2-Emissionen, Wasser, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft – mit besonderem Blick auf die hohen Anforderungen in Deutschland.

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Eine jetzt vorgestellte Studie gibt Empfehlungen, wie sich der Energiehunger von Rechenzentren mit Klimaschutz und Ressourcenschonung in Einklang bringen lässt.

Foto: Smarterpix/sdecoret

Ramboll, ein internationales Unternehmen für Ingenieurwesen, Architektur und Nachhaltigkeitsberatung, hat während der Climate Week NYC eine umfassende Studie zur Zukunft von Rechenzentren vorgestellt. Der Bericht „Developing sustainable data centres: A strategic roadmap to achieve net zero carbon and reduce environmental impact“ zeigt einen nachhaltigen Ansatz auf, um die negativen Umwelteffekte von Rechenzentren in den Bereichen CO2-Emissionen, Wasser, Biodiversität und Materialeinsatz systematisch zu verringern.

KI und Co. steigern Energiehunger von Rechenzentren

Rechenzentren gelten als kritische Infrastruktur für die digitale Gesellschaft. Doch ihr Energiehunger wächst rasant: Laut Internationaler Energieagentur (IEA) wird sich der Strombedarf bis 2030 verdoppeln – auf rund 945 TWh/a, etwa 3 % des weltweiten Verbrauchs. Besonders das Wachstum der Künstlichen Intelligenz (KI) verstärkt diesen Trend, da KI-Arbeitslasten in den kommenden Jahren für rund 60 % des zusätzlichen Strombedarfs verantwortlich sein werden. „Der Bau von Rechenzentren, angeheizt durch das Wachstum der Künstlichen Intelligenz, erlebt weltweit einen Boom, was zu einer enormen Nachfrage nach Elektrizität führt und gleichzeitig erheblich zu den globalen Treibhausgas-Emissionen, erhöhtem Wasserverbrauch, Abfallproduktion, Zerstörung von Lebensräumen sowie zur Erschöpfung von Ressourcen beiträgt“, sagt Ed Ansett, Global Director of Technology and Innovation bei Ramboll.

In Deutschland herrschen besonders strenge Vorgaben für Rechenzentren

Deutschland nimmt in der Debatte eine Sonderrolle ein: Als größte Volkswirtschaft Europas mit einem der wichtigsten Internetknotenpunkte ist der Standort unverzichtbar für die Branche. Gleichzeitig machen strenge Vorgaben, etwa das Energieeffizienzgesetz, den Betreibern besonderen Druck, ihre Infrastrukturen schneller nachhaltig umzurüsten. „Deutschland hat mit dem Energieeffizienzgesetz und weiteren Vorgaben für Rechenzentren mit die strengsten Regulierungen in Europa. Für Betreiber entsteht dadurch ein hoher Handlungsdruck, ihre Infrastruktur energie- und ressourcenschonender zu gestalten“, sagt Andrea Merkle, Global Lead Data Center Sector bei Ramboll Environment & Health. Der Bericht liefere dafür konkrete Lösungsansätze und zeige, wie der Weg zu Net Zero nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit stärken könne. So lässt sich Net Zero beim operativen Kohlenstoff laut Studie durch optimierte Energieeffizienz, den konsequenten Einsatz erneuerbarer Energien, Lastmanagement sowie durch die Wiederverwendung und Einspeisung von Energie erreichen.

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Auch der gebundene Kohlenstoff, der in den Baumaterialien und der Struktur von Rechenzentren steckt, lässt sich deutlich verringern. Kohlenstoffarmer Stahl und Beton, lokal beschaffte Materialien, Massivholz sowie die Wiederverwendung von Baustoffen aus stillgelegten Gebäuden tragen dazu bei, die Klimabilanz über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu verbessern.

Darüber hinaus fordert die Studie, Biodiversitätsaspekte bereits in der Planungs- und Bauphase zu berücksichtigen. Rechenzentren sollen nicht nur negative Effekte auf Ökosysteme vermeiden, sondern idealerweise zu einem Nettozuwachs an Artenvielfalt beitragen. Konkret wird ein Plus von 10 % an Biodiversität als Benchmark vorgeschlagen. Auch die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft sollen konsequent umgesetzt werden: Alle eingesetzten Materialien sollten wiederverwendbar oder recycelbar sein, mit dem Ziel, dass keine Abfälle auf Deponien landen oder verbrannt werden.

Strategien für Wasserneutralität

Ein weiteres zentrales Handlungsfeld ist die Wassernutzung. Rechenzentren verbrauchen, abhängig von der eingesetzten Kühltechnologie, enorme Mengen an Wasser. Die Studie empfiehlt Strategien, um Wasserneutralität zu erreichen, darunter die Wiederverwendung von Kühlwasser, die Nutzung von Regenwasser sowie den Verzicht auf besonders wasserintensive Kühlsysteme.

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Nicht zuletzt hebt der Bericht hervor, dass Rechenzentren durch Abwärmenutzung sogar aktiv zum Energiesystem beitragen können. Wärme, die bisher ungenutzt an die Umgebung abgegeben wurde, kann in Fernwärmenetze eingespeist werden.

Rechenzentren als Teil der Lösung

Rechenzentren verursachen heute bereits rund 1,5 % des globalen Stromverbrauchs. Bleiben ihre Klima- und Umwelteffekte ungelöst, drohen Widerstände seitens Politik und Gesellschaft, die weiteres Wachstum erheblich bremsen könnten. Ramboll will mit der Studie Betreiber, Entwickler und Politik gleichermaßen in die Lage versetzen, Nachhaltigkeit in der Branche zur Norm zu machen. „Diese Herausforderungen können überwunden und abgemildert werden, wenn Rechenzentren von Beginn an mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft entwickelt werden“, ist Ansett überzeugt. Der Fahrplan will mit Benchmarks und Handlungsempfehlungen als strategisches Werkzeug zum notwendigen Umbau der Rechenzentrums-Branche beitragen. Ziel ist es, die unverzichtbare Infrastruktur für Digitalisierung, KI und Cloud-Services mit den Zielen von Klimaschutz und Ressourcenschonung in Einklang zu bringen.

Von Elke von Rekowski