Zum E-Paper
Analyse der Süßwasser-Versorgung 06.03.2023, 07:00 Uhr

Wasserstoff-Produktion: Regional könnte das Wasser knapp werden

Trockene Sommer und ein steigender Bedarf an Wasser für die Elektrolyse: Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. hat analysiert, wie die Situation in Deutschland im Jahr 2030 aussehen dürfte, wenn grüner Wasserstoff einen Durchbruch erlebt.

Wasser im See

Deutschland ist reich an Wasser, allerdings gibt es große regionale Unterschiede.

Foto: panthermedia.net/niakris

Zahlreiche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind damit beschäftigt, das Thema Wasserstoff voranzutreiben. Sie versuchen, die Elektrolyse effizienter zu gestalten und suchen parallel nach Möglichkeiten, um den kostbaren Energieträger zu lagern und zu transportieren. Doch eine Frage steht dabei im Raum: Wenn sie erfolgreich sind und Wasserstoff zu einer wichtigen Säule der Energiewende wird – reichen die Wasser-Ressourcen in Deutschland dann überhaupt aus?

Immerhin ist es kein Geheimnis, dass in heißen Sommern schon von eventuellen Engpässen die Rede ist. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) hat sich genau dieser Frage gewidmet. Die gute Nachricht lautet: Aktuell sieht er nicht die Gefahr, dass es insgesamt zu einem Wassermangel kommen könnte. Doch der DVGW warnt zugleich: Die Ressource Wasser müsse bei den Plänen für Wasserstoff-Produktionsanlagen stärker berücksichtigt werden. Denn regional könnte das kostbare Süßwasser sonst tatsächlich knapp werden.

Trinkwasserversorgung gilt trotz Wasserstoff-Bedarf als gesichert

Die Situation könnte sich zu einem absurden Rechenspiel entwickeln: Falls sich (grüner) Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger in den nächsten Jahren durchsetzen sollte, steigt der Bedarf an Wasser, um ihn herzustellen. Genau das regnet mancherorts im Sommer aber nur noch spärlich auf die Erde, weil die Folgen des Klimawandels zu spüren sind. Die Ressource, die benötigt wird, um den Klimawandel zu begrenzen, nimmt also durch den bereits vollzogenen Klimawandel ab.

Glücklicherweise ist Deutschland grundsätzlich reich an Süßwasser. Daher ist die Lage weniger dramatisch, als sie im ersten Moment klingt. Der DVGW gibt jedenfalls Entwarnung. Er hat untersucht, wie sich die Süßwasservorräte bis zum Jahr 2030 voraussichtlich entwickeln werden – und schätzt die Trinkwasserversorgung als gesichert ein.

Wasserbedarf für Elektrolyse ist verhältnismäßig niedrig

Für seine Berechnungen ist der DVGW von einer installierten Elektrolyseleistung von zehn Gigawatt (GW) bis zum Jahr 2030 ausgegangen. Für diese Wasserstoff-Produktion würden mehr als sieben Millionen Kubikmetern Reinstwasser im Jahr benötigt. Dies entspricht maximal neun Millionen Kubikmetern Süßwasser, das aus natürlichen Ressourcen gewonnen werden muss.

Wie wird sich die Wasserstoffnachfrage bis 2045 entwickeln?

Das klingt nach einer großen Menge. Tatsächlich ist sie sehr überschaubar. Denn allein die Landwirtschaft hat im Jahr 2019 fast 450 Millionen Kubikmeter Rohwasser für die Bewässerung von Ackerflächen verbraucht. Im gleichen Jahr ließ die Energiewirtschaft über 300 Millionen Kubikmeter Wasser aus den Kühltürmen der Kraftwerke entweichen – über Verdunstung.

Ein weiterer Aspekt ist der gesunkene Wasserverbrauch: Lag der Verbrauch im Jahr 1991 noch bei mehr als 40 Milliarden Kubikmeter Wasser, war es 2019 nur noch die Hälfte. Vor allem die Energiewirtschaft, der Bergbau und das verarbeitende Gewerbe benötigen inzwischen deutlich weniger.

Regionale Unterschiede für Wasserstoff-Produktion berücksichtigen

Unterm Strich geht der DVGW davon aus, dass selbst bei einer Wasserstoff-Produktion, die langfristig eine Leistung von 40 GW bereitstellt, der Wasserverbrauch um weniger als ein Prozent steigen würde.

Als unproblematisch sei das Thema dennoch nicht einzuschätzen. Denn das Wasser, das ein Elektrolyseur benötigt, wird aufgespalten, also faktisch verbraucht. Es ist nicht in allen Regionen Deutschlands gleich viel Wasser vorhanden. Vor allem in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen seien bereits in den vergangenen Jahren lange Trockenperioden zu beobachten gewesen. Bei Plänen für dezentrale Wasserstoff-Erzeugungsanlagen sei es dementsprechend wichtig, diese Unterschiede im Blick zu behalten.

Forscherteam verwandelt Meerwasser in Wasserstoff

Zusätzlich empfiehlt der DVGW, entsalztes Meerwasser in die Ressourcenplanung einzubeziehen, vor allem für küstennahe Standorte. Auch wenn der Wasserverbrauch in diesem Fall höher sei. Eine alternative Rohwasserquelle für küstenferne Regionen wäre zudem die Nutzung von Abwässern aus Kläranlagen. Sollte sich Wasserstoff zu einem effizienten Energieträger entwickeln, seien zudem neue Konzept für Länder wie Chile und Namibia gefragt, in denen die Ressource Wasser ohnehin ein Problem sei.

Mehr News zum Thema Wasserstoff:

Von Nicole Lücke