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Schädlich für die Gesundheit 28.03.2022, 07:00 Uhr

Gefährlicher Plastikmüll: Mikropartikel erstmals im Blut gefunden

Dass die zunehmende Verschmutzung der Meere und der Umwelt durch Plastik ein echtes Problem darstellt, ist hinlänglich bekannt. Die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus sind bislang noch nicht sehr detailliert erforscht. Jetzt haben Forschende aus den Niederlanden erstmals Kunststoffpartikel im Blutkreislauf nachweisen können.

Löffel mit Plastik

Ein Teelöffel voller Plastik auf 1.000 Liter Wasser: So hoch war die Konzentration, die Forschende in menschlichem Blut nachweisen konnten.

Foto: panthermedia.net/Ukrolenochka

Plastik gehört ganz selbstverständlich zu unserem Alltag. Daraus werden Produkte hergestellt wie unter anderem Obst- oder Gemüseverpackungen, Getränkeflaschen und Taschen. Es befindet sich aber auch in Duschgels, Cremes und Peelings. Dann allerdings in seiner kleinsten Partikelform – auch Mikroplastik genannt. In genau diese Form zerfallen die größeren Kunststoffteile über kurz oder lang. Als winzige Fragmente gelangen sie auf diese Art und Weise in die Umwelt. Und sobald sie den Weg ins Wasser gefunden haben, transportieren Strömungen und Wellen sie über die Ozeane in die ganze Welt hinaus. So kann eine in Deutschland verwendete Getränkeflasche als Mikroplastik an der australischen Küste ankommen.

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Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es äußerst schwierig, den genauen Weg des Mikroplastiks im Detail zu verfolgen. Das hängt auch damit zusammen, dass es von Organismen wie Pflanzen und Tieren aufgenommen werden kann. Erste Studien haben bereits gezeigt, dass sich Mikroplastik negativ auf Meerestiere auswirkt. Es wurden sogenannte Aneurysmen bei Fischen entdeckt und kognitive Beeinträchtigungen bei Einsiedlerkrebsen. Dass die Partikel ebenfalls in den menschlichen Körper gelangen, haben Forschende bereits durch Tests an Gewebe- und Stuhlproben nachgewiesen. Doch wie sieht es mit dem menschlichen Blut aus? Hat das Mikroplastik seinen Weg auch bereits dorthin gefunden? Genau das nahm das niederländische Forschungsteam unter die Lupe.

Gefährlicher Plastikmüll: 75% der Probanden hatten Plastik im Blut

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerin bedienten sich bei ihren Untersuchungen einer neuen Methode. Dabei kam auch die Massenspektromie zum Einsatz. Untersucht wurden Proben von 22 gesunden menschlichen Spendern. Besonderes Augenmerk der Forschenden lag dabei auf fünf verschiedenen Polymeren. Aus ihnen setzen sich die einzelnen Kunststoffe jeweils zusammen. Bei 75% der Probanden konnten sie plastische Partikel im Blut entdecken. „Wir haben jetzt bewiesen, dass unser Blutkreislauf, unser Fluss des Lebens sozusagen, Plastik enthält“, sagt Heather Leslie von der Vrije Universiteit Amsterdam. Als durchschnittliche Konzentration ermittelten sie den Wert von 1,6 Mikrogramm pro Milliliter. Das entspricht etwa einem Teelöffel Plastik auf 1.000 Liter Wasser.

Die Forschenden konnten sogar herausfinden, um welche Polymere es sich handelt. Es ließen hauptsächlich Polyethylenterephthalat (PET), Polyethylen und Polymere von Styrol in den Proben nachweisen. Sie haben darüber hinaus eine Idee entwickelt, wie der Kunststoff in den Blutkreislauf gelangt sein könnte. Ihre Vermutung: Möglicherweise diene der Kontakt mit der Schleimhaut als Brücke. Das bedeute, man könne die Partikel zum Beispiel beim Atmen oder über die Zunge unbewusst aufnehmen. Denn ihrer Auffassung nach sei es möglich, luftgetragene Partikel, die zwischen einem Nanometer und 20 Mikrometer groß sind, durchaus einzuatmen.

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Sobald die Plastikpartikel sich im Blut befinden, müsse man auch davon ausgehen, dass sie sich auf die menschliche Gesundheit auswirken. Laut einiger Studien zeigten sie eine toxische Wirkung auf Zellen und könnten durchaus ihre Form verändern. Experimente mit Mäusen ließen den Schluss zu, dass kleinste Plastikteilchen die Blut-Hirn-Schranke überwinden, und einen hohen Cholesterinspiegel und Herzerkrankungen auslösen könnten – ursächlich nicht allein, aber zumindest hätten sie sich förderlich gezeigt.

„Die Studie ist die erste ihrer Art und muss erweitert werden, um einen Einblick zu erhalten, wie weit verbreitet die Plastikverschmutzung in den Körpern des Menschen ist und wie schädlich sie sein kann“, sagt die Autorin Marja Lamoree. „Mit dieser Erkenntnis können wir feststellen, ob die Exposition gegenüber Kunststoffpartikeln eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellt.“ Die Forschenden sind sich sicher, noch viel lernen zu müssen und wollen deshalb im nächsten Schritt untersuchen, wie die Mikropartikel sich aus dem Blut in Gewebe und Organe bewegen könnten.

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Von Nina Draese