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Kreislaufwirtschaft 11.05.2022, 08:00 Uhr

Kreislaufwirtschaft EU-weit fördern

Kreislaufwirtschaft ist zwar in aller Munde. Doch manches, was in der EU diskutiert und beschlossen wird, blockiert den Durchbruch der Rezyklate.

Vier Kunststoffrezyklate, nach Farben sortiert: Die roten bestehen aus HDPE, also hartem Polyethylen (high-density polyehtylene),die grünen aus Polypropylen und die blauen sowie die schwarzen aus Polystyrol. Foto: bvse

Vier Kunststoffrezyklate, nach Farben sortiert: Die roten bestehen aus HDPE, also hartem Polyethylen (high-density polyehtylene),die grünen aus Polypropylen und die blauen sowie die schwarzen aus Polystyrol.

Foto: bvse

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist für den Klima- und Ressourcenschutz unerlässlich. Darüber hinaus spielen Sekundärrohstoffe eine wichtige Rolle, um der Verknappung von Rohstoffen etwa durch den Krieg in der Ukraine zu begegnen.

Werden Rezyklate als Sekundärrohstoffe eingesetzt, sinkt sowohl die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen als auch die CO2–Emissionen im Herstellungsprozess. Nach dem Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020, den 15 Verbände, die im Abfallbereich tätig sind, im November 2020 vorstellten, führt alleine in der Bundesrepublik das Recycling von Abfällen zu einer CO2-Emmissionseinsparung von rund 100 Mio. t pro Jahr.

Die EU-Kommission hat zudem in den vergangenen Jahren einige Gesetzesinitiativen in Angriff genommen, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Positiv hervorzuheben ist hierbei unter anderem die angestrebte Ökodesignverordnung, durch die Anforderungen auf Produktebene so festgelegt werden sollen, dass sie die Kreislauffähigkeit der Produkte fördert.

Einige der bereits erlassenen und beabsichtigten Gesetze und Verordnungen führen aber leider dazu, die Funktionsfähigkeit der Kreislaufwirtschaft zu hemmen. Zwei Beispiele:

Rückschlag durch Förderleitlinien

Ein herber Rückschlag für die Kreislaufwirtschaft sind beispielsweise die am 22. Januar 2022 von der EU-Kommission verabschiedeten überarbeiteten Leitlinien für die staatlichen Klima-, Umweltschutz und Energiebeihilfen. Die bisherigen Leitlinien sahen vor, dass neben der Primärindustrie auch der Wirtschaftszweig „Rückgewinnung sortierter Werkstoffe“, unter den die Recyclingbranche fällt, als förderungswürdig angesehen wurde.

In den neuen Leitlinien wurde aber die „Rückgewinnung sortierter Wertstoffe“ als förderungswürdiger Wirtschaftszweig gestrichen. Dagegen gilt die Primärindustrie unter anderem auch im Kunststoffbereich, nach wie vor als förderungswürdig.

Diese Ungleichbehandlung verteuert die Rezyklatherstellung und Sekundärrohstofferzeugung und führt damit zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Recyclingbranche. Dies bremst die Kreislaufwirtschaft aus.

Rückschlag durch mögliche neue Exportvorgaben

Auch die seitens der EU-Kommission beabsichtigte Novellierung der Abfallverbringungsverordnung als Teil des Kreislaufwirtschaftspaketes wird die Funktionsfähigkeit der Kreislaufwirtschaft beeinträchtigen. Der Gesetzesvorschlag vom 17. November 2021 sieht vor, dass die Hürden für die Abfallverbringung außerhalb des EU-Binnenmarktes nochmals erhöht werden. Hierbei will die Kommission aber nicht zwischen unbehandelten Abfällen und Abfällen, die bereits ein Recyclingverfahren durchlaufen und damit die strengen Qualitätsanforderungen für Sekundärrohstoffe erfüllt haben, unterscheiden.

Dies wird zur Folge haben, dass Sekundärrohstoffe im Gegensatz zu Primärrohstoffen den strengen Aus- und Einfuhrbeschränkungen der Abfallverbringungsverordnung unterliegen werden. Damit sind sie gegenüber den Primärrohstoffen noch weniger konkurrenzfähig.

Mehr Akzeptanz für Rezyklate nötig!

Die Akzeptanz von Sekundärrohstoffen und der Einsatz von Rezyklaten muss im Interesse einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft gefördert werden. Hierzu ist beispielsweise erforderlich, dass die Sekundärrohstoffe nach Durchlaufen des qualifizierten Recyclingprozesses nicht mehr als Abfall angesehen werden.

Dies müsste bei der seitens der EU-Kommission geplanten Änderung der Abfallrahmenrichtlinie, in der der Abfallbegriff definiert wird, berücksichtigt werden. Im Rahmen dieser Überarbeitung sollte die Definition des Abfallbegriffs geändert und anerkannt werden, dass durch Durchlaufen des qualifizierten Recyclingprozesses Sekundärrohstoffe entstehen und diese aus dem Abfallregime entlassen werden.

Krieg macht Kreislauf dringlicher

Die Förderung des Einsatzes von Sekundärrohstoffen in der Produktherstellung ist gerade in Anbetracht des Krieges in der Ukraine nochmals zwingender geworden.

Bislang war Russland einer der wichtigsten Rohstofflieferanten für die Bundesrepublik. Laut Statistischen Bundesamt wurden 2021 allein für 4,5 Mrd. Euro Metalle aus Russland importiert. Hierbei handelt es sich unter anderem um Nickel, Palladium, Eisen und Kupfer als auch um hochwertigen Roheisen und „DRI“ Pellets, also Pellets aus Eisenschwamm, dem direkt reduziertem Eisenerz („direct reduced iron“). Außerdem bezog Deutschland 2021 Papier aus Russland im Wert von rund 103 Mio. Euro. Ferner gehörten Russland, Belarus und die Ukraine zu den wichtigsten Holzlieferanten der Europäischen Union. Auch wenn aktuell noch nicht alle Rohstoffe dem Embargo unterliegen, kann dies mit weiterem Fortgang des Krieges jederzeit erfolgen.

Je knapper die Rohstoffe im EU-Binnenmarkt werden, desto größere Bedeutung wird den Sekundärrohstoffen zukommen. Daher muss die EU-Kommission im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeit mehr tun als bislang um die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Hierzu gehört insb. auch, dass die Akzeptanz von Sekundärrohstoffen und ihre Konkurrenzfähigkeit zu Primärrohstoffen gefördert wird.

Von Annette Reber

Annette Reber
Rechtsreferentin, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse)
reber@bvse.de
Foto: privat