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Calciumphosphat aus Klärschlamm 19.04.2023, 09:00 Uhr

Sauberes Phosphat aus Klärschlammasche

Nasschemisch gelingt es einem schwedischen Unternehmen, aus Klärschlammasche ein schwermetallarmes Calciumphosphat, das sich als Dünger eignet, herzustellen. Dazu wird die Asche mit Salzsäure aufgeschlossen und der wertvolle Phosphor mit mehreren Verfahrensschritten abgetrennt.

Die erste Ash2Phos Anlage soll im Jahr 2025 im Chemiepark Schkopau in Sachsen-Anhalt in Betrieb gehen. Grafik: EasyMining Sweden AB

Die erste Ash2Phos Anlage soll im Jahr 2025 im Chemiepark Schkopau in Sachsen-Anhalt in Betrieb gehen. Grafik: EasyMining Sweden AB

Die sichere Rückführung von Phosphor aus Klärschlamm in den landwirtschaftlichen Kreislauf ist ein Meilenstein für eine nachhaltige Nutzung dieser kritischen Ressource.

Die EasyMining  Sweden  AB mit Sitz in Uppsala, Göteborg sowie in Berlin hat einen Prozess zur sauberen und effizienten Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammaschen mit dem Namen „Ash2Phos“ entwickelt und patentiert. Dieser Prozess basiert auf der nasschemischen Behandlung von Klärschlammaschen oder anderen phosphoreichen mineralischen Materialien.

Der zurückgewonnene Phosphor wird als sauberes, schwermetallarmes Calciumphosphat (Ca3(PO4)2), RevoCaP genannt, zurückgewonnen. Dieses kann auf vielfältigen Wegen in der Landwirtschaft verwendet werden. Daneben werden bei dem Verfahren neben Phosphor weitere werthaltige Bestandteile der Asche als separate Co-Produkte zurückgewonnen.

Grundsätzlich gibt es verschiedene Verfahren zur Phosphorrückgewinnung. Abzusehen ist, dass die Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammasche mengenmäßig die Hauptrolle spielen wird.

Die Klärschlammverbrennung, die sogenannte Monoverbrennung, ermöglicht es, den Energiegehalt von Klärschlamm effizient zu nutzen und gleichzeitig organische Schadstoffe wie per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sowie Mikroplastik und Krankheitserreger zu zerstören. Aufgrund der Schadstoffbelastung und der geringen Pflanzenverfügbarkeit des Phosphors in der Asche ist eine direkte Ausbringung dieser zu Düngezwecken allerdings weder sinnvoll noch empfehlenswert.

Die Monoverbrennung von Klärschlamm ist aber als thermische Vorbehandlung mit dreifacher Funktion zu sehen: Sie macht eine effiziente Phosphorrückgewinnung erst möglich, neben der energetischen Verwertung werden gleichzeitig organische Schadstoffe zerstört und es findet eine Volumenreduktion statt.

Fünfte Reinigungsstufe

Die Verbrennung fungiert damit quasi als fünfte Reinigungsstufe im Gesamtkontext der Abwasserbehandlung und stellt ein mineralisches Konzentrat, die Asche, zur Weiterverarbeitung bereit. Die Aschen sind leichter als Klärschlamm zu lagern, zu transportieren und sie lassen sich auch zentralisiert und kumuliert mit erhöhter Mengenrelevanz verarbeiten.

Die Asche ist Ausgangsstoff für verschiedene Phosphorrückgewinnungsverfahren. Prinzipiell lassen sich diese grob in zwei Verfahrenstypen unterscheiden. Entweder wird Phosphor in der Abfallmatrix belassen oder aus dieser extrahiert. In dem Ash2Phos-Verfahren wird Phosphor aus der Asche zurückgewonnen.

Das Fließschema des Ash2Phos-Verfahrens.

Foto: EasyMining Sweden AB

Das Ash2Phos-Verfahren

Der Prozess besteht aus mehreren aufeinanderfolgenden chemischen Reaktionen, die bei Raumtemperatur stattfinden. Es werden keine Druckbehälter oder außergewöhnliche Materialien für die Ausrüstung benötigt. Die wesentlichen Inputmaterialien sind Salzsäure und Kalk neben der Klärschlammasche selber.

Wird die Asche mit Salzsäure (HCl) aufgeschlossen, gehen sowohl Phosphor als auch Calcium zu 90 bis 95 % in Lösung, Aluminium zu 50 bis 60 % und Eisen zu 10 bis 20 %.

Danach erfolgt der erste Separationsschritt: Ungelöste Reststoffe werden in der so genannten Sandfraktion abgetrennt. Dieser Rückstand wird abfiltriert und kann in die Baustoffindustrie als Rohstoff eingesetzt werden: als partieller Zementersatz in Beton, auch um CO2 zu sparen.

Im nächsten Schritt wird die saure Lösung durch eine eine Anhebung des Säuregrades, also des pH-Wertes, neutralisiert. Dabei werden nacheinander Phosphate, Eisen und Aluminium aus der Lösung ausgefällt und jeweils abfiltriert. Dabei wird zuerst der pH-Wert durch Zugabe von Kalkmilch, einer Suspension von Calciumhydroxid (Ca(OH)2) in Wasser, so weit angehoben, bis Phosphor als Calciumphosphat (Ca3(PO4)2) ausfällt und abfiltriert wird. In weiteren Schritten werden auch Eisenchlorid (FeCl3) sowie Natriumaluminat (NaAl(OH)4) abgeschieden.

Nach der Abtrennung von Phosphat, Eisen und Aluminium verbleiben im Filtrat Calcium, Schwermetalle sowie Fluor. Diese Stoffe werden separat ausgefällt und als Schwermetallfiltrat abgetrennt.

Diese Phosphatextraktion ermöglicht es, Eisen, Aluminium und Schwermetalle effizient abzutrennen, und als Phosphatrezyklat ein sehr sauberes Calciumphosphat, das RevoCaP, herzustellen.

Durch diese schrittweise Vorgehen ist dieses Verfahren unabhängig von der Zusammensetzung der Aschen und somit auch von der Qualität des Klärschlammes. Es liefert daher ein definiertes, universell einsetzbares Produkt.

Düngerrohstoff RevoCaP

Das Rezyklat RevoCaP ist vielfach einsetzbar. Er eignet sich beispielsweise, um hochwertige Apatitphosphate zur Herstellung sauberer Düngemittel oder Phosphorchemikalien zu ersetzen. Darüber hinaus ist das Rezyklat durch seine Wasserunlöslichkeit bei gleichzeitiger, sehr hoher Citratlöslichkeit hervorragend als Langzeitdünger geeignet. Die hohe Citratlöslichkeit zeigt an, dass Pflanzen den Phosphor in RevoCaP langsam aufnehmen können und somit gut verwerten könne. Da RevoCAP kaum wasserlöslich ist, wird es zudem kaum aus dem Boden ausgewaschen. Da das Rezyklat durch die vorherige Detoxifikation im Ash2Phos-Prozess nur sehr geringe Mengen an Fluor und Schwermetallen enthält, ist es sogar potenziell als Futterphosphat in der Nutztierhaltung einsetzbar.

Die Ash2Phos-Pilotanlage in Uppsala, Schweden.

Foto: EasyMining Sweden AB

Homogenes Produkt

Für das Vermarkten ist entscheidend, dass Phosphorrezyklate in homogenen marktüblichen Zusammensetzungen vorliegen, die von etablierten Wertschöpfungsketten verarbeitet werden können. Auch Mengen und deren zuverlässige Lieferung sind sehr wichtig. Heterogene Rezyklate oder „exotische“ Zusammensetzungen werden es schwer haben, Abnehmer zu finden oder marktübliche Preise zu erzielen.

Da Klärschlammasche durchschnittlich nur rund 9 % Phosphor enthält, ist auch die mögliche Nutzbarmachung der übrigen Aschebestandteile für eine umfassende Abfallreduktion und die Schließung weiterer Stoffkreisläufe wichtig.

Klärschlammasche besteht hauptsächlich aus den fünf chemischen Elementen Phosphor, Calcium, Eisen, Aluminium und Silizium in Form von Oxiden und anderen anorganischen Verbindungen. Im Ash2Phos-Prozess werden daher neben dem Phosphor weitere Wertstoffe in marktfähiger Form zurückgewonnen.

Recycelte Fällmittel

Auch das in der Asche enthaltene Eisen und Aluminium werden durch den Salzsäureaufschluss gelöst. In weiteren Schritten wird dann zuerst Eisen als Eisenchlorid (FeCl3) und danach Aluminium als Natriumaluminat (NaAl(OH)4) abgetrennt. Um jeweils marktübliche Konzentrationen an dem Chlorid oder dem Aluminuat zu generieren, können diese durch Evaporation aufkonzentriert werden.

Eisenchlorid wird hauptsächlich zur Phosphateliminierung auf Kläranlagen genutzt und ist, insbesondere bei der jüngeren Fällmittelknappheit, ein begehrtes und für die Abwasserreinigung essenzielles Gut. Im Ash2Phos-Prozess zurückgewonnen, wird das Eisen somit direkt in den Kreislauf, dem es entstammt zurückgeführt. Auch Natriumaluminat kann als Fällmittel eingesetzt werden, ist aber darüber hinaus auch in der chemischen Industrie zur Herstellung von Zeolithen oder Pigmenten, sowie in der Papierindustrie als wichtiger Rohstoff im Einsatz.

Durch den Ash2Phos Prozess werden somit mindestens 95 % der Klärschlammasche in verschiedenen Stoffkreisläufen separat und funktional verwertet.

Schwermetalle entsorgt

Die in Lösung gebrachten und von den Wertstoffen separierten Schwermetalle werden aus der Wasserphase gefällt und abfiltriert. Als Schadstoffsenke im Ash2Phos-Prozess entsteht ein separates Schwermetallkonzentrat, welches fachgerecht entsorgt oder je nach Region einer metallurgischen Verwertung zugeführt wird.

Ausblick

Die Phosphorrückgewinnungspflicht tritt Anfang 2029 in Kraft. Es ist somit nur noch sechs Jahre Zeit, die dafür benötigten Kapazitäten zu schaffen. Angesichts der bekannten Zeitschienen für Projekte in Deutschland ist diese Zeit bereits sehr knapp.

Zusammen mit dem Infrastruktur- und Versorgungsunternehmen Gelsenwasser aus Gelsenkirchen hat EasyMining 2021 die Phosphorgewinnung Schkopau GmbH gegründet, um die erste Ash2Phos-Anlage Deutschlands im Chemiepark Schkopau zu errichten.

www.easymining.se

Von Philipp Theuring & Christian Kabbe

Dr. Philipp Theuring
Market Developer EasyMining Sweden AB
philipp.theuring@easymining.se
Dr. Christian Kabbe
Managing Director EasyMining Sweden AB
christian.kabbe@easymining.se