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Pipeline-Bau startet 02.05.2023, 07:00 Uhr

Testlauf für geologischen Wasserstoffspeicher in Österreich

Strom aus erneuerbaren Energien kann durch Wasserstoff gespeichert werden. Ein Konsortium hat den nach eigenen Angaben weltweit ersten geologischen Wasserstoffspeicher überhaupt in Betrieb genommen. Im nächsten Schritt soll eine Pipeline gebaut werden, damit der Wasserstoff einen leistungsstarken Gasmotor antreiben kann.

Pilotprojekt-Gelände

Der Standort sieht unscheinbar aus, könnte aber die Lösung für die Energiewende sein.

Foto: RAG

Solarenergie und Strom aus Windkraft stehen zu manchen Zeiten und in einigen Regionen im Überfluss zur Verfügung. Die Energiespeicherung gilt daher als eines der Grundprobleme, um eine tatsächliche Energiewende nachhaltig herbeiführen zu können. Dabei wird Wasserstoff als eine interessante Option gehandelt – er lässt sich über die Elektrolyse mithilfe von Ökostrom herstellen und kann bei Bedarf verbrannt werden, ohne zusätzliche klimaschädliche Gase freizusetzen.

Zwar läuft die Elektrolyse derzeit noch nicht sehr effizient ab, aber sie ist nicht der einzige Bereich, auf den sich die Forschung konzentriert: Das Konsortium, das die österreichische Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft (RAG Austria) leitet, will schon jetzt testen, inwiefern es möglich wäre, über den Umweg der Wasserstoff-Produktion Sonnenstrom aus dem Sommer für den Winter zu speichern. Außerdem beteiligt sind der niederösterreichische Energieversorger EVN, die Energie AG Oberösterreich sowie mehrere Forschungseinrichtungen und Technologieanbieter.

Wasserstoff-Pipeline soll Gasmotor versorgen

Die Anlage liegt in Rubensdorf-Gampern in Oberösterreich, etwa acht Kilometer südwestlich des Erdgasspeichers Puchkirchen der RAG. Der Wasserstoff-Speicher Teil des Pilotprojekts „Underground Sun Storage“.

Die Lösung für die Energiewende: ein staatliches Wasserstoffnetz

Dazu gehört auch eine Wasserstoff-Pipeline, mit deren Bau in den nächsten Wochen begonnen werden soll. Sie ist geplant als Verbindung zwischen Gampern und Puchkirchen, wo der Wasserstoff einen Gasmotor antreiben soll, der über eine Leistung von 370 Kilowatt (kW) elektrischer und 350 kW thermischer Leistung verfügt und einen Teil des Strom- und Wärmebedarfs am Standort Puchkirchen abdeckt. Zur Wasserstoffproduktion in Gampern nutzt die RAG zertifizierten Ökostrom sowie etwa 5% der jährlichen Wasseraufbringung der Wassergenossenschaft Seewalchen am Attersee.

Falls das Wasser in den Sommermonaten knapp werden sollte, sind die Prioritäten aber klar festlegt: Die Landwirtschaft hat im Zweifel Vorrang.

Über Wasserstoff wird Solarenergie im Sommer gespeichert

Über dieses Pilotprojekt sollen etwa 4,2 Millionen Kilowattstunden (kWh) Solarstrom in den Sommermonaten durch die Umwandlung in Wasserstoff gespeichert werden. Ziel ist es, damit Lücken der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien im Winter zu decken. Berechnungen hätten gezeigt, dass in der warmen Jahreszeit mit Erzeugungsüberschüssen von bis zu zehn Milliarden kWh zu rechnen sei, und das bereits im Jahr 2030, wenn der Ausbau der Produktionsanlagen für Strom aus erneuerbaren Quellen wie geplant vonstattengeht.

Rund 3.000 Stunden pro Jahr wird der Wasserstoff mit einem Druck von 70 bis 90 bar in den Speicher in knapp 1.100 Metern Tiefe verpresst. Im Gegenzug kann ebenfalls etwa 3.000 Stunden lang Wasserstoff entnommen werden. Bevor der Wasserstoff in die Pipeline gelangt, wird er gereinigt und getrocknet. Dafür haben Forschende im Rahmen dieses Pilotprojektes neue Trenntechnologien erprobt beziehungsweise selbst entwickelt. Über die praktischen Testläufe sollen sie weiter verbessert werden.

Wie lässt sich Wasserstoff am besten speichern und transportieren?

Klimaneutral durch Wasserstoff-Produktion?

Klar ist, dass langfristig kommerzielle Speichersysteme benötigt werden. Die RAG hat vor, damit ungefähr ab dem Jahr 2027 zu starten. Ein genauer Zeitpunkt steht noch nicht fest. Unter anderem möchte das Unternehmen einen der großen Erdgasspeicher der RAG in Oberösterreich nach Art von Rubensdorf-Gampern umrüsten und von dort eine Pipeline zur oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz bauen.

Das wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität. Denn Linz ist ein wichtiger Industriestandort, wo beispielsweise der Stahlkonzern Voestalpine beheimatet ist. Voestalpine testet bereits den Einsatz von Wasserstoff bei der Stahlherstellung. Auch der Kunststoff- und Düngemittelkonzern Borealis sitzt in Voestalpine. Mit einem Jahresbedarf von mehr als 80.000 Tonnen gilt er altuell als größter Wasserstoffverbraucher Österreichs.

RAG könnte mit diesem Projekt wichtige Weichen stellen. Denn die Forschung arbeitet mit Hochdruck an effizienteren Elektrolyse-Verfahren. Wird der Schlüssel zu einer optimalen Wasserstoff-Produktion gefunden, stünden in Österreich bereits Teile der Infrastruktur bereit – und die RAG könnte die dort gesammelten Erfahrungen auf andere Regionen übertragen.

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Von Nicole Lücke