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Recycling 06.09.2022, 07:00 Uhr

Aus alten Batterien werden neue

Die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien ist energieintensiv, und die Materialien sind kostbar. Forschende arbeiten daher an einem wichtigen Projekt: Sie wollen die alten Akkus wiederverwerten und neue Batterien daraus herstellen. In dieser Form war das bisher nicht möglich. Unter anderem für die Nachhaltigkeit der Elektromobilität wäre das ein wichtiger Faktor.

Batteriezellfertigung

Manuelle Zellfertigung im Batterietechnikum am KIT. Aus alten Lithium-Ionen-Akkus sollen neue entstehen.

Foto: Markus Breig, KIT

Wenn der Energiebedarf hoch ist und normale Batterien nicht ausreichen, sind Lithium-Ionen-Akkus gefragt. Sie werden daher vor allem bei Produkten eingesetzt, die eine lange Laufdauer haben sollen, wie Smartphones, Notebooks und Elektro-Werkzeugen. Noch wichtiger ist ihr Einsatz aber im Bereich der Elektromobilität. Hier wächst der Bedarf natürlich enorm, und das ist nicht unproblematisch für die Umwelt.

Denn unterm Strich hängt es in einem großen Maße von den Batterien ab, wie nachhaltig ein Elektroauto ist. Lithium-Ionen-Akkus sind energieintensiv in der Herstellung. Zudem stecken in ihnen wertvolle Rohstoffe, vor allem Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan. Diese werden zwar nicht einfach entsorgt, wenn die Leistungsfähigkeit der Batterie nachlässt, aber das reine Material-Recycling, bei dem ein großer Teil der Rohstoffe anderen Verwendungen zugeführt wird, sehen viele Expertinnen und Experten als unzureichend an. Besser wäre es, wenn daraus neue Akkus entstünden. Genau darauf zielt das Projekt LiBinfinity ab. LiB steht dabei für Lithium-Ionen-Batterien. In Kombination mit infinitiy, dem englischen Wort für Unendlichkeit, soll der Projektname auf einen möglichst dauerhaften Kreislauf verweisen. Das wäre nicht nur gut für die Umwelt, sondern würde auch die Abhängigkeit Europas vom Rohstoffnachschub senken.

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Recycling der Lithium-Ionen-Akkus wird dringend benötigt

Für LiBinfinity haben sich verschiedene Projektpartner aus Industrie und Wissenschaft zusammengeschlossen. Neben dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind das die Mercedes-Tochter Licular GmbH, die Mercedes-Benz AG, die Daimler Truck AG, die Primobius GmbH, die SMS group GmbH, die Technische Universität Clausthal und die Technische Universität Berlin.

„Vor allem bei der Elektrifizierung von Lkw benötigen die Batterien so viel Material, dass ein Einsatz der Rezyklate für andere Anwendungen nicht ausreichend ist“, sagt Helmut Ehrenberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS) des KIT. „Vielmehr bedarf es eines geschlossenen Kreislaufs bei den Batterien selbst. Das bedeutet, die Materialien aus gebrauchten Batterien zur Herstellung neuer Batterien zu verwenden.“

Ziel von LiBinfinity ist es, genau soll einen geschlossenen Kreislauf für die Materialien der Lithium-Ionen-Akkus zu entwickeln. Das soll über ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren funktionieren, was ganz ohne energieintensive Prozessschritte ablaufen wird. Vereinfacht gesagt, werden die Materialien einerseits mechanisch voneinander getrennt. Wenn das nicht möglich ist, erfolgt eine Aufspaltung bei relativ niedrigen Temperaturen mithilfe von Wasser und Chemikalien.

KIT testet Materialqualität für Lithium-Ionen-Akkus

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn die dortigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prüfen die entstehenden Rezyklate auf ihre Eignung zur Herstellung neuer Batterien. „Diese Validierung ist unerlässlich, da Materialien für Batterien hohe Anforderungen erfüllen müssen“, erklärt Joachim Binder, Leiter der Forschungsgruppe Synthese und keramische Pulvertechnologie am IAM-ESS. „Vor allem gilt dies für Kathodenmaterialien, die Effizienz, Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Kosten der Batterien wesentlich mitbestimmen.“

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Am KIT wird aber nicht nur die Materialqualität überprüft, auch die Synthese neuwertiger Kathodenmaterialien führen die Forschenden durch. Hinzu kommt unter anderem die Zelltestung und Bewertung der Batteriezellen. Im Ergebnis soll es klare Anforderungen an die Qualität der Rezyklate geben – welche Kriterien müssen sie erfüllen, um erfolgreich in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden zu können?

Pilotanlage soll 2.500 Tonnen pro Jahr recyceln

Für die praktische Umsetzung des Lithium-Ionen-Akku-Recyclings entsteht am Mercedes-Benz-Standort Kuppenheim eine Pilotanlage mit einer Kapazität von 2.500 Tonnen pro Jahr. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert LiBinfinity in der Fördermaßnahme zum „Batterie-Ökosystem“ mit knapp 17 Millionen Euro. LiBinfinity ist ein wichtiger Baustein, um später die Zielvorgaben im Rahmen der EU-Batterieregulierung erfüllen zu können, die sich aktuell noch in der Abstimmung befinden.

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Von Nicole Lücke