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01.09.2022, 11:05 Uhr

Wird „Road User Charging“ ein Erfolgsmodell?

Die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen wächst weiter, während die Kosten für die Erhaltung der Straßeninfrastruktur steigen. Gleichzeitig zwingen die neu gesteckten Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsziele zu neuen Mobilitätskonzepten. Bietet die Straßen-Nutzungsbebühr eine Lösung? Antworten gibt Gabriel Makki, Mautexperte bei Kapsch TrafficCom.

Die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen wächst weiter, während die Kosten für die Erhaltung der Straßeninfrastruktur steigen. Gleichzeitig zwingen die neu gesteckten Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsziele zu neuen Mobilitätskonzepten. Foto: PantherMedia.net / unusual111

Die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen wächst weiter, während die Kosten für die Erhaltung der Straßeninfrastruktur steigen. Gleichzeitig zwingen die neu gesteckten Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsziele zu neuen Mobilitätskonzepten.

Foto: PantherMedia.net / unusual111

Strassen-Nutzungsgebühr

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Wie kann eine Maut in diesem schwierigen Umfeld noch etwas bewirken?

Gabriel Makki: Traditionell wird eine Maut eingeführt, um Kosten für den Bau neuer Straßeninfrastrukturen zu decken und deren Instandhaltung zu finanzieren. Zudem ist die Maut ein wirksames Instrument, den Verkehr zu steuern und festgelegte Ziele zu erreichen. Dazu zählt beispielsweise, den Durchsatz aufrecht zu erhalten und Staus oder sogar Emissionen zu verringern. Zu diesem Zweck wird das Verhalten der Verkehrsteilnehmer sowohl auf Autobahnen als auch in städtischen Gebieten beeinflusst. Eine Maut ist in dieser Hinsicht sehr effektiv, da es von der Zielsetzung her nur diejenigen betrifft, die die Infrastruktur tatsächlich nutzen.

Wie sieht die Maut-Technologie der Zukunft aus?

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Road User Charging ist vielversprechend, aber es bleiben Fragen offen, berichtet Gabriel Makki von Kapsch TrafficCom.

Foto: Kapsch

Gabriel Makki: Es ist schwierig, eine allgemeingültige Aussage zu treffen: Die Bedingungen sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Wie beobachten aber, dass sich derzeit zukunftsorientierten Kunden um die Einführung von Mautsystemen bemühen, die eine echte orts- und kilometerabhängige Gebührenerhebung unterstützen. Ihr Vorteil ist nicht nur eine größere Flexibilität bei der Gebührenerhebung auf der Grundlage der tatsächlich genutzten Straße und der zurückgelegten Kilometer, sondern auch ein geringerer Bedarf an straßenseitiger Infrastruktur. Das lohnt sich sowohl für langfristige Investitionen als auch für die Betriebsausgaben – bringt also Capex- und Opex-Vorteile mit sich.

Wie passt die Straßenbenutzungsgebühr zu all dem?

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Gabriel Makki: Die Einführung von Elektrofahrzeugen – so genannte EVs – verspricht eine größere Nachhaltigkeit im Verkehr. EVs stellen die Regierungen andererseits vor große Herausforderungen – vor allem im Hinblick auf die Finanzierung von Infrastrukturprojekten und die Instandhaltung bestehender Straßennetze. Das liegt daran, dass die E-Fahrzeuge die Einnahmen aus der Mineralölsteuer in wenigen Jahren drastisch reduzieren werden. Die Straßenbenutzungsgebühr ist für Regierungen eine neue Finanzierungsmethode, dieses wachsende Loch im Haushalt zu stopfen. Dabei werden die von den Autofahrern mit ihren Fahrzeugen zurückgelegten Strecken sowie die Art und der Emissionsstatus der Fahrzeuge berücksichtigt und entsprechende Gebühren erhoben. Die Road User Charge – kurz RUC – wird in der Praxis bereits getestet. Wir sind in diese spannenden Entwicklungen eng eingebunden und führen derzeit in Norwegen einen RUC-Proof of Concept durch. Das Projekt basiert auf der Grundlage der GNSS-Technologie, das steht für Global-Navigation-Satellite- System. Dieses Pilotprojekt bietet uns die Möglichkeit, Know-how mit unserer Technologie in diesem neuen Bereich einzusetzen. Wir freuen uns darauf, in naher Zukunft mehr über dieses RUC-PoC zu berichten.

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Gibt es Hindernisse bei der Einführung von entfernungsbasierten Mauttechnologien?

Gabriel Makki: Wenn es darum geht RUC einzuführen, gibt es meist einige technische Herausforderungen zu überwinden und öffentliche Akzeptanz zu erzeugen – beispielsweise im Hinblick auf den Datenschutz und die Integrität der Nutzerdaten. Viele europäische Länder haben jedoch bereits eine entfernungsabhängige Gebührenerhebung für schwere Nutzfahrzeuge eingeführt. Zahlreiche technischen Bausteine sind damit bereits vorhanden, die für eine breitere Lösung für leichte Fahrzeuge benötigt werden. Wir sind in diesem Bereich beispielsweise mit unserem jüngsten Projekt zur entfernungsabhängigen Gebührenerhebung für Lkw in Bulgarien aktiv. Hier werden Standortdaten aus einer Vielzahl von Quellen verwendet, die in unserer fortschrittlichen Geo-Location-Platform verarbeitet werden, um Fahrzeuggebühren genau und zuverlässig zu berechnen und anzuwenden.

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Was wird Ihrer Meinung nach die nächste Entwicklung im Bereich der Mauterhebung sein – worüber sprechen wir in fünf Jahren?

Gabriel Makki: Ich denke, dass die Mautbranche sehr komplex und vielfältig ist. Es ist aber klar, dass jede Mautlösung flexibel genug sein muss, um sich an neue Technologien anzupassen. Dazu zählen beispielsweise vernetzte Fahrzeugdaten, 5G oder Daten von mobilen Endgeräten der Nutzer. Es gibt viel Raum für Verbesserungen und die intelligente Nutzung von Daten in diesem Bereich. Ich bin gespannt, wie wir diesen Bereich innerhalb von Kapsch TrafficCom und in der Branche entwickeln.

Von RMW