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Alternative Energien 20.07.2022, 12:21 Uhr

Wasserstoff ist mehr als nur Schlüsselelement der Energiewende

Neue Geschäftschancen für Transport-, Energie- und Handelsunternehmen. Ein Kommentar von Sjaak Poppe, Sprecher Energiewende des Hafenbetriebs Rotterdam.

Die Hafengesellschaft Rotterdam arbeitet zusammen mit Gasunie bereits an einer neuen Wasserstoffpipeline, die das Rückgrat der Wasserstoffinfrastruktur in Rotterdam bilden soll – und engagiert sich darüber hinaus auch in anderen Projekten für die Energiewende. Foto: Hafengesellschaft Rotterdam / Kees Torn

Die Hafengesellschaft Rotterdam arbeitet zusammen mit Gasunie bereits an einer neuen Wasserstoffpipeline, die das Rückgrat der Wasserstoffinfrastruktur in Rotterdam bilden soll – und engagiert sich darüber hinaus auch in anderen Projekten für die Energiewende.

Foto: Hafengesellschaft Rotterdam / Kees Torn

Der European Green Deal hat ein klares Ziel: Europa soll als erster Kontinent klimaneutral werden. Dafür sollen bis zum Jahr 2050 die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null reduziert werden. Doch noch verbrauchen die Länder weit mehr Energie, als sich regional nachhaltig erzeugen lässt. Um den Markt also vollständig zu bedienen, ist der Import von anderen erneuerbaren Energien notwendig. Vor dem Hintergrund des aktuellen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine gewinnt die Förderung alternativer Energiequellen noch weiter an Dringlichkeit.

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Wasserstoff wird zum grünen Energielieferant

Besonders vielversprechend ist hier Wasserstoff als grüner Energielieferant: Das Element lässt sich sowohl als CO2-neutraler Energielieferant als auch als Rohstoff verwenden. In der chemischen Industrie kommt Wasserstoff etwa bereits in der Stahlherstellung zum Einsatz, um die notwendigen Schmelztemperaturen zu erreichen. Auch der Transportsektor setzt in immer mehr Pilotprojekten auf Wasserstoff – und die Ziele sind zurecht ambitioniert: Künftig soll etwa die gesamte Binnenschifffahrt von Rotterdam über den Rhein bis nach Genua mit Wasserstoff betrieben werden.

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Aufbau von Transportnetzen für Wasserstoff ist elementar

Doch die entscheidende Frage ist: Wie kommen die kontinuierlich notwendigen Mengen dieses Schlüsselelements der Energiewende nach Deutschland und in andere europäische Länder? An Lösungsansätzen arbeitet der Hafen Rotterdam zusammen mit internationalen Partnern schon seit einiger Zeit. Ziel ist es, künftig einen großen Teil Nordwesteuropas von Rotterdam aus mit dem Element zu versorgen. Dazu werden ab 2030 erhebliche Wasserstoffimporte aus Übersee erwartet. Zudem laufen aktuell fünf Elektrolyseur-Projekte mit verschiedenen Unternehmen, um bereits einige Jahre vor 2030 große Mengen an Wasserstoff lokal zu produzieren.

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Der Transport von Wasserstoff verlangt eine internationale Zusammenarbeit

Der Transport dieser enormen Mengen verlangt nach internationaler Zusammenarbeit. Zum einen gilt es, durch öffentlich-private Partnerschaften sicherzustellen, dass rechtzeitig neue Pipelines zwischen Rotterdam und den endgültigen Bestimmungsorten für den Wasserstoff verfügbar sind. Denn bestehende Versorgungsnetze haben vielleicht in den ersten Jahren noch ausreichend Kapazität, aber sicher nicht auf lange Sicht. Derzeit prüft der Hafenbetrieb etwa eine direkte Pipelineverbindung zwischen Rotterdam und Nordrhein-Westfalen, um die wichtigste Industrieregion Deutschlands mit Wasserstoff zu versorgen. Zum anderen sind Innovationen im Transportsektor gefragt, die die Beförderung des Elements effizienter und kostengünstiger machen – und das zahlt sich aus: Laut einer Studie von Roland Berger könnte der Transport von sauberem Wasserstoff ein lukratives Geschäftsmodell werden.

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Fazit: Geschäftschancen von Wasserstoff jetzt nutzen

Der Übergang zu umweltfreundlichem Wasserstoff als Rohstoff und Energielieferant erfordert neue Technologien, neue Infrastruktur und den Aufbau neuer Wertschöpfungsketten. Die Hafengesellschaft Rotterdam arbeitet zusammen mit Gasunie etwa bereits an einer neuen Wasserstoffpipeline, die das Rückgrat der Wasserstoffinfrastruktur in Rotterdam bilden soll – und engagiert sich darüber hinaus auch in anderen Projekten für die Energiewende. Doch auch unabhängig vom Klimaschutz bieten sich damit ganz neue Möglichkeiten für alle beteiligten Stakeholder: Denn alle Initiativen rund um die Produktion, den Transport sowie den Handel und den Einsatz von Wasserstoff verstärken sich gegenseitig und bieten Chancen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese Gelegenheit sollten Unternehmen jetzt nutzen, um Erfahrungen zu sammeln und Marktstandards zu setzen, die ihnen langfristig Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Von Sjaak Poppe