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In den Nordseehäfen ist die Digitalisierung bereits Alltag 20.01.2021, 15:58 Uhr

Der Hafen der Zukunft ist jetzt

Die Logistik digitalisiert sich zunehmend. Zu den Vorreitern zählen die Nordseehäfen. Dort ist die Digitalisierung bereits sehr weit fortgeschritten und führt zu schlanken Prozessen und schnellen Abläufen.

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) wurde der Einsatz von Drohnen zur Unterstützung von Kontrollen sowie bei Zwischenfällen im Antwerpener Hafengebiet getestet, um sich schneller einen Überblick über die Situation verschaffen zu können. Foto: Port of Antwerp

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) wurde der Einsatz von Drohnen zur Unterstützung von Kontrollen sowie bei Zwischenfällen im Antwerpener Hafengebiet getestet, um sich schneller einen Überblick über die Situation verschaffen zu können.

Foto: Port of Antwerp

Seehäfen sind wichtige Treiber der Digitalisierung. Ihre Funktion innerhalb der Lieferkette macht sie zu idealen Testfeldern, um Innovationen im Praxiseinsatz zu erproben und weiterzuentwickeln. Hier laufen täglich internationale Warenströme zusammen, um wieder in alle Welt verteilt zu werden. Dazu müssen verschiedenste Beteiligte der Supply Chain interagieren und kommunizieren, ihre Verkehre planen und umplanen. Waren werden zwischengelagert, behandelt und verpackt. Die notwendige Infrastruktur und Workforce muss passend bereitstehen. Mittels intelligenter Technologie können diese Prozesse transparenter, einfacher und sicherer gestaltet werden. Das Spektrum reicht von der Datenaustausch-Plattform über künstliche Intelligenz oder Blockchain-Technologie bis zum digitalen Zwilling, der Informationen aus dem gesamten Hafengebiet in Echtzeit bündelt, visualisiert und verarbeitet.

Digitale Transformation in der Logistik vorantreiben

Das Jahr 2020 hat uns in jedem Fall eindrucksvoll bewiesen, wie wichtig es ist, die digitale Transformation in der Logistik voranzutreiben. Und: Wie wichtig es ist, diesen Weg jetzt zu beschreiten, damit wir die Warenströme der Zukunft krisen- und störungssicher gewährleisten können.

Der Hafen Antwerpen hat bereits 2015 mit der Transformation zum Smart Hub begonnen. Kurze Zeit später wurde die Datenaustausch-Plattform NxtPort ins Leben gerufen, die kontinuierlich mit neuen Funktionen und Anwendungen erweitert wird. Denn als Europas zweitgrößter Seehafen möchte Antwerpen auch bei der Digitalisierung eine Vorreiterrolle wahrnehmen.

Enge Zusammenarbeit aller Beteiligten ist erforderlich

Die zugrunde liegende Strategie ist dabei leicht erklärt: Zusammenarbeit ist hier das Schlagwort der Zukunft. Um den Hafen sicherer, effizienter und intelligenter zu machen, setzt Antwerpen auf eine enge Zusammenarbeit zwischen der Hafengemeinschaft, Technologieentwicklern und Behörden. Der Standort fungiert quasi als lebendes Labor, in dem innovative Initiativen, Ideen und Projekte sicher in einer echten industriellen Umgebung erprobt werden können. Blockchain, Augmented Reality, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen – das alles wird getestet und eingesetzt, wo immer es möglich ist und Mehrwert bringen könnte.

Allein 2020 wurde einiges auf den Weg gebracht, das in diesem Jahr weitere Wirkung entfalten wird, beispielsweise bei der Container-Freigabe. Das bisherige System zur Container-Freigabe per PIN-Codes wird aktuell schrittweise durch die sichere und integrierte Plattform „Certified-Pick-up“ abgelöst, an die alle am Import-Prozess Beteiligten angeschlossen sind. Künftig erfolgt die Container-Abholung damit ausschließlich auf der Grundlage einer identitätsbasierten digitalen Autorisierung. Der Prozess wird so sicherer, transparenter und effizienter, jeglichem Missbrauch wird vorgebeugt.

Mehr Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit und Sicherheit

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) wurde der Einsatz von Drohnen zur Unterstützung von Kontrollen sowie bei Zwischenfällen im Antwerpener Hafengebiet getestet, um sich schneller einen Überblick über die Situation verschaffen zu können. Das Bildmaterial wird zudem von der Universität Antwerpen zur Entwicklung von Algorithmen genutzt, die künftig beispielsweise Ölvorfälle automatisch erkennen können.

Um die Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit der digitalen Anwendungen zu erhöhen, testet der Hafen zusätzlich gemeinsam mit der Stadt Antwerpen sowie der Antwerpener Polizei und Feuerwehr ein privates 5G-Netz mit Namen ‚Minerva‘. Der Vorteil: Das Netz ist nicht von öffentlichen Anbietern abhängig und damit weniger anfällig für mögliche Störungen oder Überlastungen, beispielsweise während Groß- oder Massenveranstaltungen.

Innovative Meldeplattform bringt Erleichterungen

Gemeinsam mit der Flämischen Wasserstraßennetz AG, den Häfen Port of Ostend, Port of Zeebrugge und North Sea Port, der Agentur für maritime Dienstleistungen und die Küste sowie dem Common Nautical Management (CNM) hat Antwerpen die innovative Meldeplattform „SWINg“ für die Binnenschifffahrt aufgebaut. Seit diesem Jahr müssen Schiffer und Binnenschifffahrtsunternehmen innerhalb Flanderns und auf der Westerschelde ihre Reise-, Fracht- und Schiffsdaten nur noch ein einziges Mal melden, und das digital.

Digitaler Zwilling des Hafengebiets

Als besonders könnte sich APICA erweisen: So heißt der Prototyp eines digitalen Zwillings des Hafengebiets Antwerpen. Mit APICA sollen Echtzeitinformationen aus verschiedenen Diensten, wie Verkehrsinformationen aus der Schifffahrt, Kamerabilder, Luftmessungen, Wasserstände usw., in einem 3D-Modell des Hafens visualisiert werden.

Dank der Entwicklungen in Bereichen wie dem Internet der Dinge (IoT), künstlicher Intelligenz, Big Data oder Cloud Computing können künftig physische und digitale Welt als Einheit verwaltet, Situationen und Ereignisse vorhergesagt und Lieferketten neu gedacht werden.

Häfen waren schon immer ein Ort der Erneuerung. Durch Forschung und Entwicklung können sie nachhaltig wachsen. Innovation ist der Hebel zur Zukunft für die Hafenindustrie, Wirtschaft und Umwelt.

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Von Autor: Luc Arnouts, Director International Relations & Networks bei der Antwerp Port Authority