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Papierlose Logistik 27.10.2022, 13:20 Uhr

Der digitale Lieferschein kommt

Hohe manuelle Aufwände prägen bislang die Liefer- und Transportprozesse entlang der Supply Chain. Lieferungen zu Großhändlern oder Verteilzentren des Einzelhandels werden grundsätzlich von Lieferscheinen in Papierform begleitet. Durch die Einführung des digitalen Lieferscheins mit der Online-Plattform Cloud4Log kann dies behoben und dem aufwendigen Handling der Papierbelege jetzt endlich ein Ende bereitet werden.

Alleine für den Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland könnten mindestens 20 Mio. Lieferscheine pro Jahr durch den digitalen Lieferschein eingespart werden. Das ergibt bei mehrfacher Ausfertigung mindestens 180 Mio. Blatt Papier, soviel wie 18500 Bäume mit einem Durchmesser von 40 cm und einer Höhe von 25 m. Foto: Rewe

Alleine für den Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland könnten mindestens 20 Mio. Lieferscheine pro Jahr durch den digitalen Lieferschein eingespart werden. Das ergibt bei mehrfacher Ausfertigung mindestens 180 Mio. Blatt Papier, soviel wie 18500 Bäume mit einem Durchmesser von 40 cm und einer Höhe von 25 m.

Foto: Rewe

Nach erfolgreichem vierwöchigem Praxistest des digitalen Lieferscheins haben die Bundesvereinigung Logistik (BVL) und GS1 Germany zusammen mit T-Systems sowie mit zahlreichen Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung in diesem Jahr die technische Lösung für den Praxiseinsatz fertiggestellt. Den Startschuss für den Livebetrieb von Cloud4Log gaben die BVL und GS1 Germany jetzt auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin. „Jetzt können sich alle Supply Chain-Partner für den Cloud4Log-Service registrieren, um ab November digitale Lieferscheine und perspektivisch andere Transportdokumente über diese Online-Plattform auszutauschen. Das aufwendige Handling des Papier-Lieferscheins ist damit hinfällig“, erklärt Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik (BVL). Die Plattform ist in vielen Branchen für den Warenverkehr – von den Lieferanten bis zum Handel – sofort einsetzbar. Weitere potenzielle, synergieschaffende Funktionalitäten, die die Effizienz entlang der Supply Chain weiter erhöhen, sind in Planung. Dazu gehören zum Beispiel eine sogenannte digitale Pforte, über die die Fahrerinnen und Fahrer alle notwendigen Informationen, wie zum Beispiel Parkplatz und Entladetor, auf ihr Smartphone erhalten sowie ein digitaler Self-Check-In-Service für das Fahrpersonal.

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Der digitale Lieferschein im ersten Praxistest

Über 40 Unternehmen aus Industrie, Logistikdienstleistung und Handel wirken derzeit an Cloud4Log mit. Hierzu gehören unter anderem Lieferanten wie Eckes Granini, Frosta, Henkel, Nestlé und Transportunternehmen wie Dachser, DHL Supply Chain, Fiege und die Nagel-Group. Aus dem Handel beteiligen sich zum Beispiel dm-drogerie markt, Lidl und Rewe. Die digitalen Lieferscheine stehen für die Dauer des Lieferprozesses und zehn Wochen darüber hinaus zur Verfügung. Ausdruck, Weitergabe, Transport und Quittierung des Papierbelegs sind somit überflüssig. „Die Besonderheit der Cloud4Log-Lösung liegt in der Neutralität der Plattform und dem Community-Gedanken. Dieser Ansatz stellt sicher, dass die Interessen aller Prozessbeteiligten berücksichtigt werden“, betont Oliver Püthe, Lead Industry Engagement bei GS1 Germany.

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So funktioniert der digitale Lieferschein

Im Detail sieht der Prozess so aus: Der Verlader oder die Verladerin auf Lieferantenseite legt die Lieferscheine in der Cloud ab. GS1 Identifikationsstandards sorgen dafür, dass das digitale Dokument eindeutig der jeweiligen Lieferung und dem jeweiligen Warenversender zugeordnet werden kann. Übernimmt der Logistikdienstleister die Ladung, scannt der Fahrer oder die Fahrerin einen im Warenausgang des Herstellers erzeugten QR-Code, zum Beispiel per Smartphone mit Scanfunktion über die integrierte Kamera. Der Zugriffslink zum digitalen Lieferschein wird als Karte im Smartphone-Wallet des Fahrers oder der Fahrerin hinterlegt; eine Funktion, die bereits von Flugtickets oder Konzertkarten bekannt ist. Während des Transports sind die digitalen Lieferscheindokumente jederzeit abrufbar und können bei Kontrollen vorgezeigt werden. Im Wareneingang des Händlers wird der digitale Lieferschein wieder per Scan des QR-Codes auf dem Smartphone aus der Cloud zur weiteren Bearbeitung eingelesen. Dokumentationen zu Mengenabweichungen und Lademitteltausch sowie Wareneingangsbelege oder auch Schadensbilder können dem digitalen Lieferschein in Echtzeit in der Cloud angefügt werden. Die Quittierung durch Empfänger und Fahrer versetzt den Lieferschein in einen abgeschlossenen, nicht mehr änderbaren Status. Durch die Cloud-Lösung wird vermieden, dass der Lieferschein auf mehreren digitalen Endgeräten der Frachtführer liegt. Somit haben immer nur die jeweils unmittelbar am Prozess Beteiligten Zugriff auf den jeweils aktuellen Stand der Dokumente.

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Beim digitalen Lieferschein übernehmen BVL und GS1 Germany neutrale Rollen

Die neutralen Rollen von der BVL und GS1 Germany gewährleisten, dass die Eintrittsbarrieren niedrig sind und der Service für Teilnehmer in allen Branchen und Märkten zur Verfügung steht. Bereits bestehende unternehmens- oder branchenspezifische Insellösungen für digitale Lieferscheine sind integrierbar. Die Daten werden bei Cloud4Log über die Open Telekom Cloud (OTC) verarbeitet. Entwickelt hat die technische Infrastruktur und geeignete Front-End-Lösung T-Systems. Die Zusammenarbeit mit der Telekom-Tochter garantiert die Datenspeicherung und -verarbeitung über einen in Deutschland betriebenen Server und damit Datenschutz und -sicherheit nach europäischem Recht.

Von RMW