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Bei den Akkus ist Sicherheit oft eine Frage der Qualität 01.04.2019, 00:00 Uhr

Sind Lithium-Ionen-Akkus gefährlich?

Die Elektromobilität hat den Anwendungsbereich von Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ion-Akkus), die bisher vornehmlich in Smartphones, Laptops oder Digitalkameras zum Einsatz kamen, deutlich erweitert. Mit dem zunehmenden Bestand an Elektrofahrzeugen – Elektroautos, E-Scootern, E-Bikes oder auch Gartenbaugeräte – steigt auch die Zahl der eingesetzten Li-Ion-Akkus rapide. Und auch in der Logistik werden sie immer häufiger eingesetzt. Dies macht eine Auseinandersetzung mit der Sicherheit der Speichertechnologie unumgänglich.

Vor allem bei Citylogistik-Konzepten kommen immer häufiger Li-Ionen-Akkus zum Einsatz. Bild: GreenPack

Vor allem bei Citylogistik-Konzepten kommen immer häufiger Li-Ionen-Akkus zum Einsatz. Bild: GreenPack

Die Elektromobilität leistet einen wesentlichen Beitrag auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft. Die Li-Ion-Batterietechnologie ist für elektromobile Anwendungen sowohl unter Kosten- wie auch Leistungsaspekten die derzeit effizienteste Lösung. Die wachsende Nachfrage nach Li-Ion-Batterien hat zu einem großen, unregulierten Angebot geführt: wer möchte, kann sich ganz einfach über die bekannten Plattformen einen günstigen Li-Ion-Akku im Internet bestellen. Was auf den ersten Blick attraktiv erscheint, birgt allerdings große Gefahren. Denn für Laien ist es häufig nicht ersichtlich, ob die angebotenen Li-Ion-Speicher die notwendigen Sicherheitsstandards erfüllen. Das ist nämlich häufig nicht der Fall.

Das Problem: schlecht verarbeitete und unsachgemäß bediente Li-Ion-Batterien können sich unter ungünstigen Umständen entzünden oder explodieren. Und einen brennenden Li-Ion-Akku möchte man nicht erleben, da er sich aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung kaum löschen lässt und zudem giftige Gase produziert. Brennt ein E-Bike-Akku draußen auf dem Hof, mag der Schaden begrenzt sein. Aber man braucht nicht viel Fantasie, um sich andere Szenarien vorzustellen. Insofern ist die Frage, ob Li-Ion-Akkus gefährlich sind, mit einem klaren Jein zu beantworten: Wer auf geprüfte Qualität setzt, ist auf der sicheren Seite; wer ungetestete Billigsysteme einsetzt, spielt tatsächlich mit dem Feuer. Daher sollten insbesondere Flottenbetreiber, Logistikdienstleister und andere Unternehmen, die in größerem Maßstab auf Lithium-Ionen-basierte elektromobile Anwendungen angewiesen sind, ein besonderes Augenmerk auf die Qualität und die sichere Verwendung der eingesetzten Speicher richten.

Nur zertifizierte Li-Ion-Akkus bieten Sicherheit

Die gute Nachricht: der Markt bewegt sich und die seriösen Hersteller professionalisieren sich kontinuierlich. Normen und Regeln wurden eingeführt, die Unfälle mit Li-Ion-Batterien verhindern helfen. Die beiden wichtigsten Normen, die jeder Li-Ion-Akku erfüllen sollte, werden nachfolgend vorgestellt und erläutert:

UN Transport Test (UN 38.3)

Um Li-Ion-Zellen und -Akkus überhaupt transportieren und versenden zu dürfen, müssen sie über das Sicherheitszertifikat UN 38.3 verfügen. Dabei handelt es sich um einen internationalen Transport-Test, der verschiedene Transportbedingungen wie Aufprall, Druck, Quetschung, Temperatur, etc. simuliert. Li-Ion-Batterien gelten unter Beförderungsaspekten als Gefahrgut. Nur Li-Ion-Zellen und -Akkus, die diese Tests erfolgreich bestanden haben, dürfen befördert, also faktisch in Umlauf gebracht werden. In der Praxis wird dies von vielen Herstellern jedoch nicht beachtet. Wichtig: auch wenn man unzertifizierte Akkus ganz einfach im Internet bestellen kann, haben Sie keine Zulassung und sollten aus Sicherheitsgründen auf keinen Fall verwendet werden.

IEC 62133

Eine weitere wichtige Prüfnorm für die Sicherheit von Li-Ion-Akkus ist die IEC 62133. Diese von der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) durchgeführte Zertifizierung bildet die Voraussetzung dafür, dass Li-Ion-Batteriesysteme in Europa eine CE-Kennzeichnung erhalten. Die CE-Kennzeichnung (“Communauté Européenne”), besagt, dass das jeweilige Produkt den europäischen Sicherheitsanforderungen entspricht. Normalerweise vergeben sich die Hersteller dieses Zeichen eigenverantwortlich und übernehmen damit auch die Haftung. Bei komplexen und sehr sensiblen Produkten ist jedoch ein Nachweis nötig – der im Falle von Li-Ion-Batterien durch Tests im Prüflabor nach IEC 62133 erbracht werden muss. Obwohl dies eine Voraussetzung darstellt, verfügen nur große und wenige kleine Hersteller über dieses Sicherheitszertifikat.

Achten Sie darauf, dass Ihre (neuen) Li-Ion-Batteriesysteme unbedingt über diese beiden Zertifizierungen verfügen. Damit ist sichergestellt, dass alle Sicherheitsanforderungen erfüllt werden sowie die Akkus über ein adäquates, zuverlässiges Batteriemanagementsystem verfügen. Dies ist nicht zuletzt im Versicherungsfall entscheidend, wie im folgenden Kapitel beschrieben wird.

Sicherheitsregeln für Li-Ion-Akkus

Im Alltag gibt es bei Li-Ion-Akkus unter Sicherheitsaspekten zwei kritische Situationen: das Laden und das Entladen. Zwei Beispiele verdeutlichen dies:

Kritische Situation

– Li-Ion-Akkus laden:

Ein Problem stellt das unkontrollierte Laden dar. Wenn der Akku-Pack bspw. zu heiß ist, weil er vielleicht in der Sonne gelegen hat, darf er nicht aufgeladen werden. Bei einer Temperatur von über 40 Grad Celsius kann es bereits kritisch werden. Daher ist es von großer Bedeutung, dass das Batteriemanagementsystem des Li-Ion-Akkus über ein zuverlässiges Temperaturmanagement verfügt. Dieses unterbricht den Ladevorgang, wenn kritische Temperaturen überschritten werden.

Kritische Situation

– Li-Ion-Akkus entladen:

Ein anderes Problem stellt das unkontrollierte Entladen dar. Wenn der Akku zu schnell entlädt, kann er heiß werden und brennen – bei einem Kurzschluss kann das passieren. Daher ist es wichtig, dass der Lithium-Ionen-Akku in solch einer Situation abschaltet, wofür ebenfalls das Batteriemanagementsystem Sorge trägt. Bei einem über eine Verkaufsplattform erworbenen No-Name-Akku ist nicht gewährleistet, dass ein funktionales Batteriemanagementsystem verbaut ist.

Bereits diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass ein leistungsfähiges Batteriemanagementsystem unabdingbar für den Gebrauch von Li-Ion-Akkus ist: es steuert die Ladeelektronik, es kontrolliert die Temperatur und es beendet kritische Situationen durch Abschalten. Richtiges Laden und Entladen von Li-Ion-Akkus verhindert nicht nur Unfälle, es verlängert auch die Lebensdauer des Batteriesystems.

Ein weiterer, ebenfalls nicht zu vernachlässigender Aspekt beim Einsatz von Li-Ion-Akkus ist der Versicherungsschutz. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) benennt klare Voraussetzungen und Bedingungen für das ordnungsgemäße Laden von Batterien. In der Praxis wird dies oft nicht eingehalten, was im Schadensfall ernsthafte ökonomische Folgen haben kann. Mit intelligenten, abgesicherten Systemen, die den Lade- und Entladevorgang zu jedem Zeitpunkt überwachen, ist man als Anwender stets auf der sicheren Seite. Für Flottenbetreiber, die mehrere Akku-betriebene Fahrzeuge im Betrieb haben und stets auf verfügbare geladene Batterien angewiesen sind, gibt es innovative Lösungen, wie an das taiwanesische Gogoro-System angelehnte Akku-Wechselautomaten, die zugleich als abgesicherte Ladestationen dienen. In Deutschland wird ein solches System bspw. vom Berliner Startup GreenPack angeboten. Solche und andere Ladestationen gibt es in verschiedenen Ausführungen, sodass Li-Ion-Akkus auch in größerem Maßstab zu jeder Zeit sicher und kontrolliert geladen werden können – eine Dienstleistung, die künftig mit der zunehmenden Ausbreitung von Elektrofahrzeugen, E-Bikes und anderen elektromobilen Anwendungen an Wert gewinnen wird.

Tobias Breyer, CMO bei GreenPack.