Logistik erweist sich als Flaschenhals
Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag des Wirtschaftsverbands eco 2.500 Personen nach ihrem Online-Kaufverhalten befragt. Das wichtigste Ergebnis: Die Nennung präziser Lieferzeitpunkte entscheidet meist über den letzten Klick beim Kauf.

32 % der Onlineshopper drücken den Bestellbutton nicht, wenn sie nicht zuvor einen konkreten Liefertermin genannt bekommen. Die Logistik erweist sich im E-Commerce oft als Flaschenhals.
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Online-Shopper werden immer anspruchsvoller. Acht von zehn, also 85 %, von ihnen möchten inzwischen einen Lieferzeitpunkt benannt bekommen, bevor sie mit dem letzten Klick ihren Kauf abschließen. Dies ergab eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Civey zwischen dem 30. Juni und dem 6. Juli 2020 im Auftrag von eco, dem nach eigenen Angaben größten europäischen Verband der Internetwirtschaft, durchführte. Fehlt dieser Lieferzeitpunkt, dann brechen 32 % der Befragten den Bestellvorgang ab. Vielbesteller sind diesbezüglich sogar noch deutlich anspruchsvoller: 44 % brechen den Einkaufsvorgang ab, wenn sie nicht präzise darüber informiert werden, wann denn die bestellte Ware bei ihnen eintreffen wird.
Logistik wird zum Engpass
Die ermittelten Daten des Meinungsforschungsinstituts zeigen aber auch: Die Logistik ist beim E-Commerce der Flaschenhals. „Um Lieferzeitpunkte präzise zu bestimmen, brauchen Unternehmen volle Transparenz über ihre Lieferketten“, stellt Dr. Bettina Horster, Vorständin von VIVAI Software und Direktorin der Kompetenzgruppe IoT im eco Verband, fest. Die Lösung für dieses Problem sieht sie im Internet of Things (IoT). Würden Transporteure und Spediteure ihre Supply Chain über das „Internet der Dinge“ vernetzen und digitalisieren, würden sich Warenbewegungen besser überwachen und Lieferzeiten präziser prognostizieren lassen.
Warenverfolgung in Echtzeit
Über das IoT lassen sich selbst vielschichtige Transportnetzwerke zu Wasser, zu Lande oder in der Luft detailliert abbilden und in Echtzeit verfolgen. Allerdings, so die Kritik Horsters, hat die Logistik ihre Anwendungen und Systeme bis heute nicht ausreichend untereinander verknüpft. Unternehmen verschenken nach ihrer Ansicht Potenzial, indem sie kaum Daten mit den Partnern der Lieferkette teilen und stattdessen auf Silos setzen. Dabei, so die Expertin, können nur dann alle Logistikpartner profitieren, wenn Informationen und Waren zeitgleich und übergreifend im kompletten Wertschöpfungsnetzwerk fließen. Vor diesem Hintergrund würden IoT-Daten den Weg weisen, mit dem sich Nachfrageschwankungen ausgleichen lassen, die sich ansonsten entlang der Supply Chain zwischen Besteller und Versender kritisch hoch aufschaukeln können.
Transparente Logistikprozesse dank IoT
„Mit IoT-Lösungen lassen sich Warenbewegungen verfolgen und Prozesse intelligent automatisieren – rund um die Welt, rund um die Uhr“, bestätigt ebenfalls Thorsten Stuke, Geschäftsführer bei m2m-Tailors und Experte Mobility bei eco. Die daraus resultierende Logistik 4.0 sei smarter, sozialer und auch nachhaltiger. Zudem spare sie Lieferkosten, beschleunige die Transporte und mache sogar Rohstoffe zurück verfolgbar vom Erzeugen bis zum Kunden. Dies sei beispielsweise in der Automobilfertigung sichtbar. Dort halten Hersteller beispielsweise Bauteile nicht mehr sehr kostenintensiv vor, sondern sie lassen sie sich von ihren Lieferanten bedarfssynchron beliefern. Ein weiteres Beispiel liefert die Landwirtschaft. Dort schafft das „Internet der Dinge“ rückverfolgbare und transparente digitale Agrarlieferketten – angefangen beim Bauern bis hin zum Handel. Auf diese Art kann auch die Einhaltung internationaler Standards in Bezug Ökologie, Menschenrechte und faire Bezahlung digital überwacht werden. Weitere Unterstützung liefert bei Bedarf die Künstliche Intelligenz. Sie unterstützt die Planung über verschiedene Verkehrsträger hinweg und optimiert darüber hinausgehend auch die Routenplanung auch in puncto Kohlendioxid-Ausstoß.
Autonome Lieferprozesse auf dem Vormarsch
Lieferprozesse werden durch die fortschreitende Digitalisierung innerhalb der kommenden zehn Jahre möglicherweise sogar vollständig autonom ablaufen. Dann würden Lieferboxen die Verbraucher ohne humane Beteiligung erreichen. 56 % der Experten, die jüngst an einem Fachgespräch des eco-Verbands zum Thema „Multimodale Logistik“ teilnahmen, halten diese Vision für realistisch. Allerdings waren mehr als 71 % dieser Experten ebenfalls davon überzeugt: „Reale“ Arbeitsplätze in Logistik und Supply Chain wird es auch in zehn Jahren noch geben.
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