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Zum Tag gegen Lärm 30.04.2025, 11:45 Uhr

Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit des Menschen und die Umwelt

Lärm wird von Institutionen wie dem Umweltbundesamt als „umweltbedingte Krankheitslast“ für den Menschen beschrieben, die in der Schwere direkt dem Feinstaub folgt [1]. Bereits durch niedrige Schallpegel, knapp oberhalb der Hörschwelle, kann der menschliche Körper mit den klassischen Stress-Symptomen reagieren und Dauer-Lärm kann sogar zu chronischen, lebensbedrohenden Krankheiten führen. Betroffen sind der Mensch sowie alle anderen Lebewesen. In diesem Artikel werden die Gefahren sowie erste Warnzeichen des Körpers beschrieben. Die Autorin schlägt vor, als Vorsatz für das kommende Jahr, den persönlichen Alltag im Jahresdurchschnitt um 10 dB leiser zu gestalten.

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In den Städten sind wir ständigem Lärm ausgesetzt, der sich auch auf unser Nervensystem auswirkt und Stressreaktionen auslöst.

Foto: PantherMedia / pxhidalgo

Das Bundesumweltministerium und die Welt-Gesundheits- Organisation (WHO) warnen die Industrienationen vor den gesundheitlichen Folgen des Lärms und rufen dringend zur Schallreduzierung und weiteren Schallschutzmaßnahmen auf. Viele Menschen sind sich der allumgebenden Geräuschkulisse schmerzlich bewusst, denn sie leiden bereits darunter. Als Hauptverursacher für aurale und extra-aurale Lärmwirkung sehen sowohl die Betroffenen als auch die Experten den Verkehrs- und Nachbarschaftslärm. Wohnungsbauliche Schallschutzmaßnahmen allein helfen da nicht, denn der Mensch lebt nicht nur in seiner Wohnung. An lauen Sommerabenden möchte man auf seiner Terrasse oder im Garten sitzen und am Wochenende auch mal in der freien Natur Spazierengehen, wo man sich frische Luft, eine schöne Kulisse und Ruhe erhofft. Doch Orte der Stille, in denen es nur natürliche Wohlklänge gibt, ohne anthropogene Einflüsse werden immer seltener, mit gravierenden Folgen für Mensch, Fauna und Flora.

Lärm wird individuell unterschiedlich empfunden

Die Hauptverkehrsstraße vor der Haustür, streitende Nachbarn und dann auch noch ein Flugzeug nach dem andern, das im Landeanflug auf den Flughafen über das Gebäude donnert – kein Mensch hält das auf Dauer aus. Doch auch Personen in ruhigen Wohngegenden fühlen sich durch Schallereignisse belästigt, die sie selbst nicht verursachen. Bestes Beispiel ist der ständige Streit, der jedes Frühjahr medienwirksam, zwischen Anwohner einer ländlichen Region und Motorradfahrer aufkocht. Ausgerechnet am Wochenende, wenn Anwohner die Ruhe ihres Zuhauses genießen wollen, donnert ein Motorrad nach dem andern durch ihren Ort. Ein weiteres Beispiel sind spielende Kinder. Die einen erfreuen sich, dass sie so ausgelassen und fröhlich im Garten herumspringen und der Nachbar, der vielleicht in der Sonne liegend gern ein Mittagsschläfchen halten würde, regt sich über das Gebrüll auf. In einem Ressortforschungsplan [2] des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUV), wurden negative Aspekte der Wohnumgebung kategorisiert und sie stellten fest, dass als störend empfundene Lärmquellen sich je nach Verdichtungsraum unterscheiden. Bewohner einer Innenstadtlage beklagten eher den Lärm des benachbarten Fernsehgerätes, Menschen mit einem Zuhause in Randlage beschwerten sich über den Flugverkehr und in ländlichen Gebieten war es am ehesten der Baulärm sowie Lärm, der von Haustieren anderer ausgeht. In einem mehr als zehnseitigen Fragebogen versuchten die Forscher alle Aspekte des Lärms und dessen Wirkungen auf den Menschen zu erfassen [2]. Überfliegt man die Fragen stellt man schnell fest, dass Lärmempfinden sehr individuell ist und die gesundheitlichen Auswirkungen ebenfalls. Bis zu einem gewissen Grad, denn es gibt Grenzen des Zumutbaren. Dazu bietet die WHO eine Zusammenfassung der „Leitlinien für Umgebungslärm für die europäische Region“ zum Download auf der Webseite an [3]. In dem achtseitigen Papier sprechen sie klare Empfehlungen für dB-Werte aus, die nicht überschritten werden sollten, da es ansonsten zu gesundheitlichen Auswirkungen der Bevölkerung käme. Eine sehr interessante Empfehlung ist hierbei die jahresdurchschnittliche Lärmbelastung in der Freizeit, die so zu verringern sei, dass sie in der Summe die 70 dB LAeq,24h unterschreite, LAeq steht für äquivalenter kontinuierlicher Schallpegel und stellt den durchschnittlichen Schallpegel über einen bestimmten Zeitraum dar.

Wissenschaftler extrahieren den Stressor Lärm

Die typischen extra-auralen Wirkungen des Körpers auf Lärm, der unterhalb des Gehörschädigenden Pegels und Einwirkzeit ist, beginnt mit den typischen Stresssymptomen. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln verspannen sich und sogar die Atmung wird flacher und schneller. Doch Stress hat viele Ursachen und es ist schwer festzustellen, ob ein Mensch nun gestresst vom ständigen Lärm ist, oder ob beispielsweise die zu hohe Arbeitsbelastung die Ursache ist. Wissenschaftler versuchen in ihren Studien andere Stressoren auszuschließen, um die Wirkung des Lärms auf die menschliche Gesundheit klassifizieren zu können. In ihren Studien-Fragebögen versuchen sie einen Gesamteindruck der Lebenssituation derer zu erfahren, die daran teilnehmen. So spielen hier Bildung, Ausbildung, Einkommen und familiäre Situation eine Rolle, um nur mal ein paar wenige Beispiele zu nennen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichte bereits 2013 Ergebnisse einer Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland, die eine soziale Ungleichheit von Lärmbelästigung und Straßenverkehrsbelastung belegte (Bild 1).

Extra-aurale Wirkungen von Lärm. Grafik: IFA

In dem entsprechenden Gesundheitsblatt heißt es wörtlich zitiert: „Eine starke Belästigung durch Straßenverkehrs – oder Nachbarschaftslärm war signifikant assoziiert mit einem geringen Netto-Äquivalenzeinkommen und schlechten Wohnverhältnissen. Darüber hinaus war Nachbarschaftslärm mit einem niedrigen Sozial- und Berufsstatus assoziiert“ [4].

Nachtruhe besonders wichtig

In einem Punkt sind sich alle Experten einig. Nachts reagiert der menschliche Körper besonders empfindlich auf Lärm und so soll der LNight nicht 45 dB(A) überschreiten. Laut der TA Lärm [5] liegen die Immissionsrichtwerte für Immissionen außerhalb von Gebäuden in urbanen Gegenden nachts bei 45 dB und in reinen Wohn- als auch Kurgebieten bei 35 dB(A) [5]. Diese niedrigen Grenzen sind wichtig, da Lärm in der Nacht zu Schlafstörungen mit massiven Folgen führen kann. Wie das Umweltbundesamt mitteilt führe Lärm zu einer veränderten Schlafstruktur wodurch sich das Risiko einer Herz-Kreislauferkrankung ebenso erhöhe wie das Risiko einer psychischen Erkrankung und das bereits ab einem nächtlichen Dauerschallpegel von 40 dB(A) [6]. Auf den Internetseiten des Helmholtz-Instituts liest man, dass jeder Mensch in der Nacht zwischen 20- und 25-mal aufwache, sich am kommenden Morgen aber nur daran erinnere, wenn man länger als 90 Sekunden wach gewesen sei. Lärm sorge dafür, dass die Aufwachreaktionen zunehmen [7]. In der von der TU Dortmund veröffentlichten Dissertation von Anke Marks wird der Effekt von Lärm auf Probanden beschrieben. Nach Lärmnächten seien sowohl der Tiefschlaf, als auch die REM-Phase jeweils um 6 Minuten verkürzt. Bei anschließenden Leistungstests der Probanden zeigten sich Verlängerungen der Reaktionszeiten in zwei von drei Aufgaben im Vergleich zu Ruhenächten [8].

Bioakustik

Seit einigen Jahren beschäftigen sich Forscher mit der Kommunikation nicht menschlicher Lebewesen. Das Fachgebiet ist die Bioakustik. Mittels empfindlicher Mikrofone gehen Forschende auf Lauschangriff in die Natur und nehmen alle Geräusche und Stimmen auf, die in einem zuvor definierten Gebiet vorkommen. So stellten sie fest, dass Singvögel in Städten lauter singen als auf dem Land, da sie den menschgemachten Lärm übertönen müssen, um sich mit ihren Artgenossen von Baum zu Baum zu verständigen. Nachweislich verbrauchen die Städter unter den Beflügelten mehr Energie und müssen dementsprechend öfter auf Nahrungssuche gehen. Das bedeutet für die Stadtlebenden Stress. Vielleicht gibt also die Forschung in Flora und Fauna den Wissenschaftlern auch Aufschluss über den Stressor Lärm beim Menschen, da man bei Tieren andere Faktoren wie Leistungsdruck und psychische Vorbelastung ausschließen kann.

Dauerlärm führt zu Dauerstress

Das Gehirn des Menschen ist in vielen Teilen noch das gleiche wie zur Steinzeit und auf vieles reagiert man noch instinktiv. Prozesse wie beispielsweise gefühlter Stress durch Lärm werden von der Amygdala, einem Teil des limbischen Systems, gesteuert und das abwägende und präziser arbeitende Großhirn wird in diesem Prozess übergangen. Kann der Mensch seinen Stress nicht oder nur kurzweilig reduzieren entsteht Dauerstress, der Blutzuckerspiegel steigt und das Blut übersäuert. Auf Dauer kann das sowohl die Schilddrüse als auch die Geschlechtsorgane schädigen. Die Liste der möglichen Erkrankungen ist lang und ebenfalls sehr individuell. So können auch Kopf-, Genick- und Rückenschmerzen auftreten, die Verdauung durcheinander geraten und sich in Magenschmerzen, Sodbrennen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen äußern [9]. Jeder Mensch reagiert körperlich anders auf Stress, egal ob er nun „selbstgemacht“ ist, vom Arbeitgeber ausgelöst oder Lärm in seinem Heimatort auf den er keine Einwirkung hat.

Lärm kann für den Menschen tödlich enden

Beim diesjährigen Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wurden zwei Studien zum Thema Lärmbelastung und Herzgesundheit präsentiert. Die Decibel-MI-Studie belegte, dass selbst junge Menschen im Alter von 50 Jahren oder darunter einen Herzinfarkt erlitten, da sie einem höheren Lärmpegel ausgesetzt waren als die Allgemeinbevölkerung. Hatim Kerniss von der Klinikgruppe Gesundheit Nord in Bremen leitete eine Studie die belegte, dass Stadtlärm das Risiko eines frühzeitigen Herzinfarkts bei jungen Menschen mit geringen traditionellen Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen oder Diabetes erheblich erhöhen kann. Eine weitere Studie in Frankreich belegte, dass eine Lärmzunahme von zehn Dezibel während der Nacht ein um 25 % erhöhtes Risiko für ein schwerwiegendes Herz-Kreislauf-Ereignis auslöste, und zwar unabhängig von Luftverschmutzung, sozioökonomischem Niveau und anderen Faktoren [10]. Eine Erhöhung des Schallpegels um 10 dB führt zu einer subjektiven Lautheitsverdopplung.

Aurale Lärmwirkungen: Tinnitus

Selbstständige Handwerker mit einem kleinen Betrieb sieht man noch immer flexen, hämmern und sägen ohne das ein Gehörschutz getragen wird. Ihre lärmigen Situationen wechseln sich ab mit Kundengesprächen und Materialbesorgung. Oft muss es bei ihnen „schnell gehen“ und dann sieht man sie beispielsweise auf Baustellen eine Bodenfliese ohne Schutzausrüstung flexen. Die Folgen können gravierend sein. Bereits in jungen Jahren leiden Betroffene unter einem Tinnitus, was ein störendes Ohrgeräusch ist. Diese Betonung auf „störend“ ist wichtig für die Definition eines Tinnitus, denn Ohrgeräusche hat jeder Mensch. Diese Ohrgeräusche nimmt man in aller Regel nicht wahr, weil man durch Alltagsgeräusche abgelenkt ist. Manchmal treten sie auch in den Vordergrund und man hört ein Pfeifen, Rauschen oder ein pulsierendes Rauschen ähnlich dem Herzschlag. So lange man sich daran nicht stört und die Geräusche auch wieder in den Hintergrund treten beziehungsweise nicht zu hören sind, ist dies nicht pathologisch. Erst wenn ein Mensch seine eigenen Ohrgeräusche nicht mehr ertragen kann, spricht man von einem Tinnitus. Dann kann er auch sehr belastend sein, da das Geräusch nämlich dann in den Vordergrund tritt, wenn man sich erholen möchte und die Ruhe sucht. Manche Menschen begeben sich aufgrund des Tinnitus sogar in stationäre Behandlung.

Lärmschwerhörigkeit

Eine Lärmschwerhörigkeit kann eintreten, wenn man sein Gehör regelmäßig zu lauten Situationen aussetzt oder auch nur durch ein extrem lautes Ereignis. Im Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung: Lärmschwerhörigkeit, sind diese Pegel und ihre Einwirkzeit definiert. Demnach entsteht über die Jahre hinweg eine Lärmschwerhörigkeit, wenn der Tageslärmexpositionspegel den Wert von 85 dB(A) überschreitet. Solche Pegel misst man mit dem Filter A, da dieser die Empfindungsfähigkeit des menschlichen Ohres annähernd nachbildet. Wirkt dieser Pegel entweder über die klassischen acht Arbeitsstunden pro Tag auf das Gehör ein, oder ist er diesem, bei zeitlich schwankenden Pegel, gleichgesetzt muss der Arbeitgeber besondere Schutzmaßnahmen vornehmen, da ansonsten eine beidseitige chronische Schwerhörigkeit höchstwahrscheinlich auftreten wird. Gleiche Gefahr gilt für Spitzenschalldruckpegel von mehr als 137 dB(C) von sehr kurzer Dauer, die unterhalb von 10 ms liegt. Die dB(C)-Bewertung dient zur Beurteilung von Störungen und beachtet Bassgeräusche mehr als die dB(A)-Bewertung. Solche impulshaften Geräusche treten beispielsweise beim Richten von Metall mit Hammerschlägen, beim Schießen oder durch Explosionen auf und können das Gehör selbst bei nur einmaligen Auftreten so schädigen, dass eine irreversible Schwerhörigkeit zurückbleibt. Bei diesem sogenannten Knall- oder Explosionstrauma werden unter anderem die Haarsinneszellen des Innenohres mechanisch zerstört.

Erste Warnzeichen des Gehörs

Jeder dürfte das kennen, nach einem mehrstündigen Konzert oder Diskothek-Besuch hat man ein seltsam taubes Gefühl auf beiden Ohren und hört manchmal ein Klingeln. Dieses Phänomen nennt man Temporary-Threshold-Shift, kurz TTS. Es beschreibt eine kurzzeitige vorübergehende Schwellenverschiebung oder auch vorübergehende Minderung der absoluten Empfindlichkeit des Gehörs. Ein Zeichen dafür, dass es den Ohren zu laut war. Die Dauer der Erholungszeit, die für die Normalisierung der Hörfähigkeit nötig ist, ist abhängig vom Ausmaß der TTS. Nimmt man eine TTS wahr, weiß man eindeutig, dass man seinem Gehör zu viel Lärm zugemutet hat und man sollte darauf achten, dass sich dieser Zustand möglichst nicht wiederholt. Denn bei wiederholter Einwirkung und mangelnder Erholung geht die TTS in eine permanente Schwellenabwanderung über. Diese dauerhafte Abwanderung der Hörschwelle nennt man Permanent Threshold Shift, kurz PTS. Sie stellt eine Schwerhörigkeit dar. Eine typische Lärmschwerhörigkeit beginnt stets mit einer typischen C5-Senke. Der Begriff kommt aus der Musik und bezeichnet den 4-KHz-Ton. Betroffene weisen im Tonaudiogramm zunächst eine Senke von 20 bis 40 dB in diesem Frequenzbereich auf. Mit den Jahren verschlechtert sich der Hörbereich zunächst zu den höheren Frequenzen und die tieferen folgen einige Jahre später.

Hörsysteme und Gehörschutz

Leidet nun ein Mensch unter einer Hörbeeinträchtigung in der mindestens eine Frequenz zwischen 0,5 und 4 kHz > 30 dB oder schlechter liegt und ist das Sprachverstehen für Einsilber über Luftleitung maximal 80 % bei 65 dB, liegt eine Indikation zur Hörsystemversorgung vor und die gesetzliche Krankenkasse übernimmt einen bestimmten Festsatz [11]. Problematisch wird es für Menschen die Hörsysteme tragen und an einem Lärmarbeitsplatz beschäftigt sind. Rein theoretisch müssten sie während der Arbeit die Hörsysteme ausziehen und den Gehörschutz an. Dies führt aber dazu, dass sie noch schlechter verstehen und möglicherweise ein Warnsignal überhören könnten. Aus diesem Grund gibt es spezielle Hörsystemversorgungen, die unter bestimmten Bedingungen, von den Berufsgenossenschaften übernommen werden. Solche Insulating-Communication-Plastic (ICP)-Hörsysteme der Firma Hörluchs, sind für den Einsatz am Lärmarbeitsplatz bauaufsichtlich zugelassen und haben dafür ein eigenes Hörprogramm im Hörsystem, sowie eine speziell dafür zugelassene Gehörschutzplastik. Warnsignale und Sprache werden weiterhin verstärkt, während gehörschädigender Lärm ebenso gemildert wird, wie bei jedem anderen maßgefertigten Gehörschutz auch. Hierfür sind Messungen mit den Hörsystemen direkt am Arbeitsplatz notwendig und Hörakustiker die Menschen mit ICP-Hörsystemen versorgen, benötigen hierfür eine spezielles Zertifikat.

Lärm betrifft uns alle

Menschen sind immer wieder unangenehmen Lärmsituationen ausgesetzt und viele versuchen sich wenigstens in ihrer Freizeit diesem zu entziehen. Das kann so weit gehen, dass man lieber zuhause, in den eigenen ruhigen vier Wänden, bleibt und nicht auf ein Volksfest geht. Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung meiden solche Ereignisse häufig. In Situationen mit vielen Nebengeräuschen ist das Hören und vor allem das Verstehen für sie besonders anstrengend, was dazu führt, dass sie schneller ermüden oder Kopfschmerzen bekommen. Sie verlieren die Lust an gemeinsame Unternehmungen und das kann bis zur sozialen Isolation führen. Nichtmenschliche Wesen trifft die ständige Lärmbelastung sogar noch härter. Man konnte bei manchen gestrandeten Walen, die nicht überlebten, durch Obduktion eine Schwerhörigkeit feststellen. Sprengungen und Rammungen im Meer können bei Meeressäugern die gleichen Knalltraumen auslösen wie bei uns Menschen und die ständige Lärmbelastungen durch Schiffsverkehr, Sportboote und industrielle sowie militärische Nutzung der Meere führen bei ihnen ebenso zu einer Lärmschwerhörigkeit. Zahnwale finden ihre Beute mittels Bio-Sonar und sie nutzen hierfür Frequenzen die oberhalb 100 kHz liegen. Ein Mensch ist schon, rein anatomisch, nicht in der Lage solch helle Töne wahrzunehmen. Leiden Zahnwale unter einer Hochtonschwerhörigkeit nutzt ihnen dieses Bio-Sonar nicht mehr. Sie finden kaum noch Beute und verhungern schlichtweg. Eine Hörbeeinträchtigung könnte ebenfalls die Ursache für das Stranden selbst sein, da Wale das Biosonar nicht nur für die Jagd nutzen, sondern auch zur Orientierung.

Die gute Nachricht

Jeder Mensch ist Teil der Gesellschaft und kann mit seinem eigenen Wirken Veränderung hervorrufen. So könnte der gefühlte Lärm beispielsweise halbiert werden, wenn jeder seinen Jahrespegel um 10 dB reduzieren würde. Nicht gleich hupen, wenn der Vordermann an der Ampel nicht sofort bei grün losfährt. Mal das Fahrrad nehmen, statt das Auto. Oder vielleicht auch mal wieder die gute alte Mittags- als auch Abendruhe einhalten. Es gab einmal das ungeschriebene Gesetz, dass man mittags zwischen 13 und 15 Uhr bei Menschen nicht privat anruft, ebenso wie man sich ab 20 Uhr still verhielt und ab 22 Uhr so leise, dass man nicht den Nachbar störte. Das klingt doch nach einem guten Neujahrsvorsatz.

„Im nächsten Jahr reduziere ich meinen Jahrespegel um 10 dB“, könnte man auf die alljährliche Frage „und was hast du dir für das neue Jahr vorgenommen?“, antworten. Das wäre vielleicht ein schöner Anlass um mit Menschen zu dem wichtigen Thema Lärm ins Gespräch zu kommen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln, was jeder selbst noch ein bisschen mehr für eine bessere und leisere Welt beitragen könnte. 

Literatur

  1. https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/belastung-des-menschen-ermitteln/umweltbedingte-krankheitslasten#umwelt-und-gesundheit-systematisch-untersucht
  2. https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Forschungsdatenbank/fkz_3716_56_1010_laermbelaestigung_de_bf.pdf
  3. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/190805_uba_pos_who_umgebungslarm_bf_0.pdf
  4. https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/1492/29JYkyCxNN6.pdf?sequence=1&isAllowed=y
  5. https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26081998_IG19980826.htm
  6. https://www.umweltbundesamt.de/themen/laerm/laermwirkungen/stressreaktionen-herz-kreislauf-erkrankungen#auswirkungen-des-larms-auf-die-gesundheit
  7. https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/gute-nacht/
  8. https://eldorado.tu-dortmund.de/server/api/core/bitstreams/c96af39b-7dbc-4f43-af39-f996392f411d/content
  9. https://www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/psyche-koerper/stress.html
  10. https://www.medmedia.at/relatus-med/studien-laerm-belastet-das-herz/
  11. https://www.dga-ev.com/fileadmin/dga2019/site/data/final/0081.pdf
Von C. Ruhl

Corinna Ruhl,
Fachjournalistin für Hör-, Bio, und ÖkoakustikFoto: Manuela Engelking