Ingenieurbüros fürchten Folgen der Pandemie
Verzögerte Abwicklung, verschobene Aufträge, geringere Einnahmen: Viele Ingenieurunternehmen rechnen damit, dass die Auswirkungen von Corona 2021 verstärkt spürbar werden. Doch es gibt noch einen anderen Faktor, der die wirtschaftliche Situation vieler Ingenieurbüros im vergangenen Jahr mehr beeinflusst hat, als die Folgen der weltweiten Pandemie.

Rückläufige Aufträge aus dem öffentlichen Bereich könnten die wirtschaftliche Situation deutscher Ingenieurbüros 2021 belasten.
Foto: panthermedia.net/AllaSerebrina
Auf den ersten Blick scheint die Branche optimistisch: Im Rahmen der turnusmäßigen Konjunkturumfrage des Verbandes Beratender Ingenieure (VBU) unter seinen rund 2 000 Mitgliedern beurteilten 56 % der befragten Unternehmen ihre wirtschaftliche Situation zu Beginn des Geschäftsjahres 2021 als „gut“, 24 % sogar als „sehr gut“. Lediglich rund drei Prozent bewerteten sie als „schlecht“. Allerdings: „Die neuesten wirtschaftlichen Daten unserer Unternehmen sind nur eine Momentaufnahme“, warnt VBI-Präsident Jörg Thiele. So sei ihr Umsatz im vergangenen Jahr um 18 % zurückgegangen – deutlich höhere Einbußen als in den Vorjahren. Hier gab es ebenfalls einen Umsatzrückgang, jedoch nur um sechs bis neun Prozent. Die Auswirkungen der Coronakrise kommen also – durch die langen Projektlaufzeiten zeitverzögert – in der Branche an.
Ingenieurbüros leiden unter schleppender Auftragsvergabe im öffentlichen Bereich
„Entscheidend für die Zukunft ist die aktuelle Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand und privater Unternehmen. Nur wenn geplante Projekte weiterhin ausgeschrieben und durchgeführt werden, bleibt die Planungs- und Bauwirtschaft der Eckpfeiler einer wirtschaftlichen Erholung nach der Krise“, so Thiele. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Lage für rund ein Fünftel der Unternehmen weiter verschärft, wenn Investitionen nicht wie geplant umgesetzt werden. Eine aktuelle Erhebung von Ernst Young unter 300 Kommunen gibt hier allerdings wenig Grund für Optimismus: Nach den Ergebnissen des Beratungsunternehmens rechnen 47 % der befragten Städte und Gemeinden mit einem Haushaltsdefizit. Jörg Thiele mahnt deshalb: „Auf keinen Fall dürfen wegbrechende Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen dazu führen, dass Projekte verschoben oder aufgehoben werden. Das würde die Krise noch verschärfen und sich jahrelang auswirken.“
Schon heute berichten sieben Prozent der Ingenieurunternehmen von zahlreichen zurückgestellten öffentlichen Aufträgen. 27 % mussten bereits im zweiten Halbjahr 2020 einen Auftragsrückgang verzeichnen, acht Prozent der Ingenieurbüros erwarten daraufhin einen starken Rückgang der Aufträge im ersten Halbjahr 2021. Das hat naturgemäß vor allem auf jene Büros großen Einfluss, die vorrangig von Vergaben der öffentlichen Hand abhängig sind. Im Durchschnitt aller Befragten liegt der Anteil öffentlicher Auftraggeber am eigenen Umsatz bei 54 %.
Fachkräftemangel größeres Hemmnis als Corona-Pandemie
Ein anderes Thema hat die wirtschaftliche Situation der befragten Ingenieurunternehmen im vergangenen Jahr allerdings noch mehr beeinflusst als die Auswirkungen der Coronakrise: 32 % nannten den Ingenieurmangel als wesentliches Hemmnis, 31 % die Auswirkungen der Coronakrise. Vakante Stellen können derzeit nicht schnell und qualifiziert besetzt werden, gaben 86 % der Teilnehmenden an – ein Problem, vor allem für diejenigen Unternehmen, die angaben ihren Personalbestand im Jahr 2021 weiter ausbauen zu wollen (28 %). 27 % hätten bereits im vergangenen Jahr weiteres qualifiziertes Personal einstellen wollen, fanden jedoch keine geeigneten Mitarbeiter.
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