Chance vertan: Keine neuen Vorgaben zur Rohrdämmung
Am 1. November ist es nach langjähriger Vorbereitung und intensiver Diskussion endlich soweit: das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) tritt in Kraft. Allerdings bringt das Regelwerk zur Gebäudeenergieeffizienz und Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien in vielen Bereichen wenig Neues. So wurden beispielsweise die Anforderungen zur Dämmung von Rohrleitungen ohne wesentliche Änderungen aus der Energieeinsparverordnung (EnEV) übernommen. Damit bleibt das geforderte Dämmniveau für Kälteverteilungsleitungen raumlufttechnischer Anlagen auch weiterhin zu niedrig für eine effiziente Reduzierung der Wärmeverluste dieser energieintensiven Anlagen.

Die Dämmung von Rohrleitungen zählt zu den einfachsten und effizientesten Maßnahmen zur Energieeinsparung in Gebäuden.
Foto: Armacell
Rund drei Jahre stand das GEG nach der ersten Vorlage im Bundestag im Januar 2017 zur Debatte. Nach dem ersten Referentenentwurf sollten alle im Gebäude verlegten Rohrleitungen einen längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,25 W/(m·K) im Mittel nicht überschreiten. Diese Regelung hätte laut ZVSHK zu einem hohen Planungsaufwand geführt, wäre für kleinere Bauvorhaben unrealistisch und die Umsetzung vor Ort kaum kontrollierbar gewesen. Der Verband forderte daher, die Regelung aus der EnEV 2014 ohne Verschärfung der Anforderungen, konkret: die Tabelle aus der Anlage 5 der EnEV in den Gesetzesentwurf zu übernehmen. Dieser Empfehlung ist der Gesetzgeber schließlich weitestgehend gefolgt. Wenngleich man die Tabelle 1 aus der Anlage 5 der EnEV im neuen Gebäudeenergiegesetz vergeblich sucht, wurden die Anforderungen in der Anlage 8 zu §§ 69, 70 und 71 Absatz 1 übernommen. In Abhängigkeit des Einsatzbereiches und des Rohrinnendurchmessers ergeben sich die bekannten Dämmniveaus: 100 % Dämmung (1aa – dd), 50 % Dämmung (1ee und ff), Rohrdämmung im Fußbodenaufbau (1gg), 200 % Dämmung für an Außenluft grenzende Rohrleitungen (1hh) und die Dämmung von Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungen von Raumlufttechnik- und Klimakältesystemen (2).
Zu geringes Anforderungsniveau von Kälteverteilungsleitungen
Nachdem mit der EnEV 2007 erstmals auch die Klimatechnik in der Energieeinsparverordnung berücksichtigt und die Anforderungen in der EnEV 2009 konkretisiert wurden, fordern Unternehmen und Fachgremien wie die Fördergemeinschaft Dämmtechnik eine Erhöhung der geforderten Dämmdicke für Kälteverteilungsleitungen. Bei der Planung kältetechnischer Anlagen sollten unbedingt größere Isolierstärken ausgeschrieben werden. Grundlage für die Berechnung optimaler Dämmdicken bietet die VDI 2055, Blatt 1 „Wärme- und Kälteschutz von betriebstechnischen Anlagen in der Industrie und in der Technischen Gebäudeausrüstung“. Im Vergleich zur Heizung- und Warmwasserbereitung verlangt die Erzeugung tiefer Temperaturen in kältetechnischen Anlagen einen bedeutend höheren Energie- und Kostenaufwand. Daher machen sich die etwas höheren Investitionskosten für ein höheres Dämmniveau in diesem Anwendungsbereich sehr schnell bezahlt.
Bei Solarleitungen höheres Dämmniveau sicherstellen
Für direkt an Außenluft grenzende Rohrleitungen fordert das GEG eine 200 % Dämmung. Darunter fallen auch Solarleitungen. Damit hat der Gesetzgeber den Hinweis des ZVSHK missachtet, bei der Festlegung der Dämmschichtdicke für diesen Anwendungsbereich die Realisierbarkeit beim Anschluss von Sonnenkollektoren zu berücksichtigen. Eine 200prozentige Dämmung ist im Anschluss- und Durchführungsbereich von Solarleitungen laut ZVSHK nicht einzuhalten. In der Tat werden vorgedämmte Solarleitungen heute mit einer maximalen Dämmschichtdicke von 100 % angeboten, wie z.B. ArmaFlex DuoSolar e-Save von der Firma Armacell. Nach dem GEG bleibt der Eigentümer bei fehlender Wirtschaftlichkeit von der Pflicht zur nachträglichen Dämmung befreit, ohne dass eine behördliche Prüfung nach § 101 erforderlich ist. Eine Befreiung setzt allerdings voraus, dass die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte liegt nach § 102 insbesondere vor, „wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können.“
Rohre dämmen ist Pflicht
Leider werden trotz vorgeschriebener Dämmpflicht noch immer zahlreiche Heizungsanlagen beziehungsweise Heizungsanlagenteile nicht oder nicht ausreichend gedämmt. Das führt zu hohen Energieverlusten und immer wieder zu Beschwerden und gerichtlichen Auseinandersetzungen. Bei den im GEG vorgeschriebenen Dämmdicken handelt es sich um gesetzliche Mindestanforderungen, die eingehalten werden müssen. Der zwingend erforderliche, schonendere Umgang mit Energieressourcen rechtfertigt Dämmschichtdicken, die weit über diese Mindestanforderungen hinausgehen. Die Dämmung von Rohrleitungen, Armaturen oder Rohrschellen amortisiert sich bereits nach wenigen Monaten, wie mit Hilfe der VDI 2055 sehr einfach nachgewiesen werden kann.
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Dipl.-Ing. Michaela Störkmann ist beim Dämmstoffehersteller Armacell als Manager Technical Department Europe für den technischen Kundenservice in den Märkten Deutschland, Benelux, Skandinavien und Baltikum verantwortlich.