Fraunhofer ISE: Solar-Forschungsprojekt in Vietnam 23.03.2020, 10:00 Uhr

Freiburger steigen Shrimp-Farmern aufs Dach

In Vietnam steigt der Energiebedarf aktuell von Jahr zu Jahr um 10 %. Eine ungewöhnliche Idee um die Stromversorgung dennoch weiter sicherzustellen, kommt aus Freiburg: Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) testet im Mekong-Delta aktuell den Einsatz von Solardächern für Shrimp-Farmen.

Skizze des geplanten geschlossenen Shrimp-Photovoltaik-Tunnels in Bac Lieu.

Skizze des geplanten geschlossenen Shrimp-Photovoltaik-Tunnels in Bac Lieu.

Foto: Fraunhofer ISE

Vietnam hat wie viele andere boomende Länder Asiens einen hohen Energiebedarf. Zweistellige Zuwächse waren in den vergangenen Jahren die Regel. Die aktuelle Infrastruktur kommt bei diesen immensen Steigerungen nicht mit. Clevere Lösungen sind gefragt. Ein vielversprechender Ansatz kommt aus dem Süden Deutschlands: Im Rahmen des zunächst auf 3 Jahre befristeten Projekts „SHRIMPS“ (Solar-Aquaculture Habitats as Resource-Efficient and Integrated Multilayer Production Systems) testet das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) aus Freiburg den Einsatz von Solardächern auf Shrimp-Farmen. Dafür werden im Mekong-Delta und am Oberlauf des Mekongs auf einer Shrimp-Farm des vietnamesischen Marktführers Viet Uc Seafood zunächst zwei Pilotanlagen installiert und erprobt.

Im Rahmen einer Vormachbarkeitsstudie hatte das Fraunhofer ISE in der Region bereits im Jahr 2018 im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH die Chancen einer Kombination von Shrimp-Kulturen mit Photovoltaik untersucht. Sollte das Projekt gelingen, sieht man beim Fraunhofer ISE großes Potenzial die Aqua-PV-Technologie auch in weiteren Entwicklungs- und Schwellenländern zum Einsatz zu bringen.

Solardächer zunächst für zwei Testanlagen

Vietnam zählt zu den größten Shrimp-Produzenten weltweit. Aus hygienischen Gründen und um zu vermeiden, dass Vögel und andere Tiere die Farmen mit Krankheitskeimen verunreinigen, sind viele Aufzuchtbetriebe dazu übergegangen, ihre Aquakulturen durch Dächer zu schützen. Diese Entwicklung machen sich die Forscher des Fraunhofer ISE nun zunutze.

Nach ersten Berechnungen soll die ein Megawatt große Pilotanlage in Bac Lieu rund 15.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr einsparen. Zudem erhoffen die Wissenschaftler hier den Wasserverbrauch im Vergleich zu einer konventionellen Shrimp-Farm um 75 % reduzieren zu können. Da die Photovoltaikdächer die Wasserbecken verschatten, ist das Wasser nicht mehr der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Verdunstung findet daher kaum noch statt. Die integrierten Solarmodule verbessern durch die Verschattung auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und sorgen für eine stabile und niedrigere Wassertemperatur, die das Wachstum der Shrimps begünstigt.

Die zweite Anlage mit 400 Kilowatt Leistung wird über einer Aquakultur installiert, in der Welse (Pangasius) gezüchtet werden. Hier werden die Solarmodule über der Wasserfläche aufgeständert, was ebenfalls den Wasserverbrauch durch Verdunstung deutlich verringern soll und Verluste durch fischfressende Vögel minimiert. Den erzeugten Strom wird die Pangasiusfarm zu 100 % selbst nutzen und dadurch den Einsatz des bisher eingesetzten Dieselgenerators weitgehend reduzieren.

Solarlösung für kleine und mittlere Landwirtschaftsbetriebe

Nach Abschluss der Testphase ist der Aufbau zweier großer Anlagen geplant, auf deren Basis im nächsten Schritt mit lokalen Partnern Lösungen für kleine und mittlere Landwirtschaftsbetriebe entwickelt werden können. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Zuge des Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA3) unterstützt. Beteiligte Partner sind die SMA Sunbelt Energy GmbH, die Suntrace GmbH, das Fraunhofer ISE sowie das Thünen-Institut für Fischereiökologie. Auf vietnamesischer Seite sind die Nong Lam Universität, das vietnamesische Institute of Energy und die Viet Uc Seafood Corporation beteiligt.

Von Marc Daniel Schmelzer