Ausschreibungen: Die Bedeutung klarer Leistungsbeschreibungen
Die Vergabe von Fördermitteln ist an strenge Vorgaben geknüpft. Verstößt ein Fördermittelempfänger gegen Auflagen oder Nebenbestimmungen, kann es im Streitfall zu einem (teilweisen) Widerruf des Förderbescheides kommen.
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Instruktiv ist eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 10. 4. 2025 – 6 K 4798/21). Die klagende Gemeinde hatte Fördermittel für die Beseitigung und Neuerrichtung von über 600 Wegweisern im Gemeindegebiet erhalten. In den Nebenbestimmungen (Nr. 3 AnBest-G) war als Auflage vorgesehen, dass „bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks (…) die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten“ seien. Das ist für Bauvergaben die VOB/A (vergleiche für Nordrhein-Westfalen Paragraf 26 KomHVO in Verbindung mit Nr. 4 der Kommunalen Vergabegrundsätze).
Der Fördergeber hat den Förderbescheid teilweise widerrufen und Fördermittel zurückgefordert, weil die Gemeinde unter Verstoß gegen die VOB/A die Leistung nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben habe (Paragraf 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A). Die Gemeinde macht geltend, sie habe bei über 600 Standorten nicht jeden Standort im Einzelnen beschreiben können. Das sei auch nicht erforderlich gewesen, da sie teilfunktional im Sinne des Paragrafen 7c VOB/A ausgeschrieben habe. Es habe kein Bieter die Ausschreibung gerügt oder Rückfragen gestellt oder um Aufklärung gebeten. Das Gericht erachtet den Bescheid, mit dem die Fördermittel zurückgefordert werden, für rechtmäßig.
Was bei den Vergabeunterlagen zu beachten ist
Verstöße gegen Auflagen aus dem Förderbescheid können eine Rückforderung begründen, was regelmäßig anzunehmen ist, wenn der Zuwendungsempfänger gegen die Kommunalen Vergabegrundsätze verstößt. Das Gericht stellt fest, dass die Gemeinde nicht entsprechend den Vorgaben des Paragrafen 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ausgeschrieben habe.
Entgegen der Einlassung der Gemeinde sei nicht von einer teilfunktionalen Ausschreibung auszugehen; in einem solchen Fall liege es in der Natur der Sache, dass nicht oder nicht genau kalkulierbare und damit riskante Leistungen ausgeschrieben werden. Nach der gesamten Gestaltung der Vergabeunterlagen war schon nicht von einer teilfunktionalen Ausschreibung auszugehen: Es gab ein Leistungsverzeichnis, in dem die einzelnen Teilleistungen mit Mengenangaben in einzelnen Positionen aufgegliedert aufgeführt waren; die Bieter sollten Einheits- und Positionspreise angeben. Insbesondere Materialien und Maße waren konkret vorgegeben. Zudem wurden mit der Ausschreibung den Bietern auch keinerlei wesentliche Planungsaufgaben übertragen, die das Know-how von Fachunternehmen forderten. Genau das entspräche aber dem Wesen der (teil-)funktionalen Ausschreibung. Bewusst ungenau aufgestellte Leistungspositionen, die zu „verdeckten“ Planungsleistungen der Bieter führen, erfüllen die Voraussetzungen nicht.
Selbst wenn man eine teilfunktionale Ausschreibung annehmen wollte, läge ein Vergabeverstoß vor, weil es an der in Paragraf 7c Abs. 1 VOB/A geforderten Abwägung fehlt, aus der sich die Zweckmäßigkeit dieser ersichtlich als Ausnahme formulierten Art der Ausschreibung ergibt. Daher waren die Maßstäbe einer Ausschreibung mit Leistungsbeschreibung und Leistungsverzeichnis (Paragraf 7b VOB/A) anzulegen. Das Gericht vermisst eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung der einzelnen Standorte der zu beseitigenden und neu aufzustellenden Wegweiser, was sich bereits aus der Einlassung der Gemeinde ergibt, der Aufwand einer vollständigen Untersuchung aller 600 Standorte vor der Ausschreibung und deren detaillierten Beschreibung hätte in keinerlei Relation zu der erwarteten Ersparnis gestanden. Die unpräzisen Festlegungen der Einzelstandorte unter Berücksichtigung aller örtlichen Umstände zeigte sich nicht zuletzt daran, dass wegen der räumlichen Gegebenheiten, Hindernissen im Baugrund und Einwänden von Anwohnern die geplanten Aufstellorte in vielen Fällen nicht realisiert werden konnten. Das resultierte in wesentlichen Massenverschiebungen und zahlreichen Nachträgen.
Leistungen im Leistungsverzeichnis häufig nicht hinreichend genau beschrieben
Dass Bieter das Vorgehen der Gemeinde nicht gerügt haben und es zu keinen Bieterfragen gekommen ist, entlastet die Gemeinde nicht. Maßgeblich ist, ob ein objektiver Verstoß gegen Vergaberecht stattgefunden hat. Nicht selten werden Leistungen in einem Leistungsverzeichnis nicht hinreichend genau beschrieben. Im Vergabeverfahren wird dies oftmals (erwartungsgemäß) nicht geltend gemacht, insbesondere wenn Bieter mit der Vorgehensweise des Auftraggebers vertraut sind oder sich eine Kalkulation dennoch zutrauen. Tatsächlich könnten Bieter zwar Verstöße gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung rügen, tun es aber selten.
Werden aber bei einer Prüfung des Schlussverwendungsnachweises bei Fördermaßnahmen insbesondere durch die Bezirksregierung oder den Landesrechnungshof Vergabeverstöße festgestellt, können diese unabhängig von vergaberechtlichen Sanktionen durch die Rückforderung von Fördermitteln sanktioniert werden. Der Ausflucht, es habe sich bei den beanstandeten Positionen um eine teilfunktionale Ausschreibung gehandelt, ist durch die Entscheidung ein Riegel vorgeschoben.
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