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Hochleistungsbatterien 20.02.2023, 15:45 Uhr

Elektro-Flugtaxis können abheben

Das bayrische Unternehmen Lilium entwickelt ein E-Flugtaxi. Mit einem kalifornischen Hersteller von besonders leichten und leistungsfähigen Akkus ist das Versorgungsproblem gelöst.

Maßstabsgetreues Modell des 7-Sitzers Lilium Jet, ein elektrisch betriebenes Flugtaxi. Foto: Lilium

Maßstabsgetreues Modell des 7-Sitzers Lilium Jet, ein elektrisch betriebenes Flugtaxi.

Foto: Lilium

Der Glaube, dass in nicht allzu ferner Zukunft größere elektrisch betriebene Flugzeuge abheben, lebt. Nicht zuletzt wegen der Hochleistungszellen, die das kalifornische Unternehmen Ionblox aus Fremont entwickelt hat und in einer Pilotfertigungsanlage bereits herstellt. Lilium, ein junges Unternehmen in oberbayrischen Weßling, das ein senkrecht startendes und landendes elektrisches Flugtaxi entwickelt, will die aus den kalifornischen Zellen aufgebauten Batterien in seinen Flugzeugen einsetzen. Wie ernst es die Bayern meinen zeigt sich daran, dass sie sich an einer Finanzierungsrunde mehrerer Kapitalgeber beteiligt haben, die Ionblox insgesamt 32 Mio. US-$ einbrachte.

Batterien für die anspruchsvollsten Aufgaben

Die Batterien, die für Anwendungen wie Puffer für Wind- und Solarstrom zu teuer sein dürften, eignen sich jedoch für die anspruchsvollsten Aufgaben wie die Versorgung von elektrisch angetriebenen senkrecht startenden und landenden Flugzeugen (electric Vertical Take-Off and Landing Aircraft, eVTOL) oder Elektroautos der Oberklasse mit großer Reichweite. Die Siliziumanodentechnologie von Ionblox führt nach Aussagen des Herstellers zu einer bis zu 50 % höheren Energiedichte, einer fünffach höheren Leistung im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Zellen und zu einer extrem schnellen Aufladung. In gerade mal zehn Minuten sind 80 % der Nennkapazität erreicht.

Bisher nur relativ kleine Batterien

Das Idaho National Laboratory in Idaho Falls, das zum US-Energieministerium gehört, bestätigte diese Angaben nach eigenen Tests. Die Batterie hält 1 000 Ladezyklen aus, wobei sie fast 90 % ihrer ursprünglichen Kapazität beibehält. Die heute produzierten Batterien kommen auf bis zu 50 Ah. Was (noch) nicht viel ist. Es entspricht etwa der Ladungsmenge einer Starterbatterie eines gehobenen Kleinwagens.

Fit auch noch im Alter

„Nach eingehender Prüfung sind wir der Meinung, dass die Zelltechnologie von Ionblox sehr gut positioniert ist, um eine überlegene kombinierte hohe Leistung und hohe Energiedichte zu erzielen“, so Yves Yemsi, Chief Operating Officer von Lilium. „Die bisherigen Testergebnisse zeigen, dass die Technologie nicht nur eine überlegene Energie- und Leistungsdichte für den Lilium Jet beim Start liefern wird, sondern auch ein sehr gutes Alterungsverhalten.“

Von Hamburg nach Berlin für 650 Euro

Der Lilium Jet, wie der eVTOL genannt wird, soll in drei Versionen gebaut werden: für zwei, fünf und sechs Passagiere plus Pilot. Die Reisegeschwindigkeit wird bei 280 km/h, die Reichweite bei bis zu 300 km liegen. Das Lufttaxi wird von 32 schwenkbaren elektrisch angetriebenen Propellern angetrieben, die zusammen eine Leistung von 320 kW haben. Ein Kilometer soll nach Unternehmensangaben 1,90 bis 2,20 € kosten. Von Hamburg nach Berlin wären das rund 650 €. Das Unternehmen plant, dieses Angebot 2025 in mindestens zwei Städten zu realisieren. Zudem will es eine autonom fliegende Version entwickeln.

Modellregionen im Visier

Es ist angedacht, Nordrhein-Westfalen zu einer Modellregion für Flugtaxis zu entwickeln. Die Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn seien als internationale Verkehrsknotenpunkte für Flugtaxis geeignet, vielleicht auch Merzbrück bei Aachen. Der dortige Start- und Landeplatz wird zum Forschungsflugplatz ausgebaut, auf dem Industrie sowie Technische und Fachhochschule Aachen Elektroflugzeuge entwickeln wollen. Lilium arbeitet auch an einem Netzwerk in Bayern mit den Flughäfen München und Nürnberg als Knotenpunkte

US-Kunde will 150 Flugtaxis kaufen

Um auch in den USA Fuß zu fassen hat Lilium mit der Stadt Orlando in Florida und dem Unternehmen Tavistock nahe Orlando vereinbart, das erste städtische und regionale Luftmobilitätsnetz der USA aufzubauen. NetJets, ein Vermieter von Geschäftsreiseflugzeugen in Columbus im US-Bundesstaat Ohio, könnte der erste Großkunde von Lilium werden. Er will bis zu 150 Flugtaxis kaufen.

Von Wolfgang Kempkens