Zum E-Paper
Auswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 15.07.2021, 08:00 Uhr

EEG-Novelle: Lassen sich Bestandsanlagen noch sinnvoll betreiben?

Zum 1. Januar 2021 trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2021 in Kraft. Schon früh zeichnete sich ab, dass die ursprünglich vorgesehene Ausschreibung für Altanlagen auf europäischer Ebene auf Widerstand stoßen würde. Von besonderem Interesse ist somit für alle Anlagenbetreiber, wie die aus der Förderung auslaufenden Anlagen wirtschaftlich weiterbetrieben werden können, sei es über staatliche Anschlusslösungen, Direktvermarktung oder bilaterale Stromlieferverträge.

Grafik: PantherMedia/Talaj

Grafik: PantherMedia/Talaj

Da das EEG 2021 auch aus Haushaltsmitteln finanziert wird, bedarf es als staatliche Beihilfe teilweise der Genehmigung der Europäischen Kommission. Am 29. April 2021 erteilte diese die beihilferechtliche Genehmigung für einen ersten Teil des EEG 2021, meldete aber für einzelne weitere Bereiche noch vertieften Prüfbedarf an. Dazu gehören die Vollbefreiung des für die Produktion von grünem Wasserstoff verwendeten Stroms (§ 69b EEG), die Regelungen zu Südquoten (§§ 36d, 39d Abs. 3, 39k EEG), Einzelheiten der besonderen Ausgleichsregelung (§ 64a Abs. 6 EEG), die Anschlussförderung für Güllekleinanlagen (§ 88b EEG), die Ausgleichsregelung für Elektrobusse (§ 63 Nr. 2, 65a EEG), die Anschlussförderung für Altholzanlagen (§ 101 EEG) und die höhere Förderung für kleine Wasserkraftanlagen (§ 100 Abs. 7 EEG). Wann mit der beihilferechtlichen Genehmigung gerechnet werden kann, ist noch nicht abzusehen. Der übrige Teil des EEG 2021 kann aber rückwirkend zum 1. Januar 2021 angewendet werden.

EEG-Befreiung für grünen Wasserstoff

Am 24. Juni 2021 stimmte der Bundestag einem Verordnungsentwurf der Bundesregierung zu, der sich insbesondere mit der Umlagenbefreiung für die Produktion von grünem Wasserstoff auseinandersetzt. Das EEG 2021 enthält eine Verordnungsermächtigung, deren Erlass Voraussetzung für die EEG-Befreiung des für die Wasserstoffproduktion verwendeten Stroms zum 1. Januar 2022 ist (§ 93 EEG) ist. Die Verordnung beinhaltet Anforderungen an die Herstellung von grünem Wasserstoff, insbesondere hinsichtlich des verwendeten Stroms. Mit der Verordnung steht eine erste nationale Rechtsgrundlage für die Verwendung des Begriffs „grüner“ Wasserstoff im Raum. Eine Umlagenbefreiung soll ab dem 1. Januar 2022 möglich sein. Dafür ist jedoch auch noch die beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission erforderlich. Auch gibt es noch offene europarechtliche Fragen der Wasserstoffklassifizierung. Bis Ende des Jahres sollten die Themen geklärt sein. Angesichts des mit der Befreiung von der EEG-Umlage beabsichtigten Produktionsanreizes wäre eine schnelle Klärung wünschenswert.

Lösungen für ausgeförderte EEG-Anlagen

Die Anschlussförderung für Altanlagen ist insbesondere im Hinblick auf das aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts anzupassende Klimagesetz und die darin vorgesehene Reduktion der Treibhausgas (THG)-Emissionen von enormer Bedeutung. Denn ohne erneuerbaren Strom und den benötigten Ausbau der Produktion dürften die nun noch zu verschärfenden Ziele kaum erreichbar sein. Gleichermaßen steigt der Bedarf auch aufgrund der Bedeutung für die Produktion von grünem Wasserstoff weiter. Bestandsanlagen, deren EEG-Förderung bereits ausgelaufen ist oder innerhalb der nächsten Jahre ausläuft, wären ein Weg für die Produktion erneuerbarer Energien im benötigten Ausmaß. Will man diese Anlagen in der Produktion halten, müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechtlich gesichert werden, sei es durch Anschlussförderung oder eine andere Form der Vermarktung.

Grundsätzlich endet die Förderung von Anlagen nach dem EEG 20 Jahre nach dem Inbetriebnahmejahr (§ 25 Abs. 1 EEG). Anschließend spricht das EEG von sogenannten „ausgeförderten Anlagen“, die als Anlagen definiert werden, die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen worden sind und bei denen der ursprüngliche Anspruch auf Zahlung nach dem EEG beendet ist (§ 3 Nr. 3a EEG). Für eben diese Anlagen stellt sich die Frage, wie der weitere wirtschaftliche Betrieb sichergestellt werden kann.

Optionen für Anlagen bis 100 Kilowatt und Güllekleinanlagen

Für kleine Anlagen bis zu 100 kW, die keine Windenergieanlagen an Land sind, besteht die Option der Marktwertdurchleitung unabhängig von der beihilferechtlichen Genehmigung seit dem 1. Januar 2021 (§ 105 Abs. 4 EEG). Jedenfalls bis zum 31. Dezember 2027 vermarktet der Netzbetreiber den in diesen Anlagen erzeugten Strom und zahlt die Einspeisevergütung abzüglich der Vermarktungskosten, wobei sich die Höhe der Einspeisevergütung am Jahresmarktwert ausrichtet (§§ 21 Abs. 1 Nr. 3b, 23b, 25; Abs. 2 Nr. 1, 53; Abs. 2 EEG). Für Güllekleinanlagen wurde eine einmalige, zehnjährige Anschlussförderung im vorliegenden Kabinettsentwurf auf den Weg gebracht, die zur Senkung der THG-Emissionen in der Landwirtschaft beitragen soll. Hier bedarf es noch einer beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission.

Foto: PantherMedia/Rigucci (YAYMicro)

Foto: PantherMedia/Rigucci (YAYMicro)

Keine Anschlussförderung über Ausschreibungen für Altanlagen im EEG 2021

Von Bedeutung ist jedoch vor allem die Anschlussförderung für Windenergieanlagen an Land. Zunächst war geplant, über die Teilnahme an Ausschreibungen einen Anspruch auf Einspeisevergütung zu schaffen (§ 23b Abs. 2 EEG). Hier meldete die Europäische Kommission aber Bedenken an, da ihrer Meinung nach, die Investitionen über die 20-jährige Förderdauer bereits amortisiert seien und eine Weiterförderung eine unzulässige Beihilfe darstellen würden. Eine Anschlussförderung über Ausschreibungen für Altanlagen wird es daher im EEG 2021 nicht geben.

Für das Jahr 2021 können Betreiber von Windenergieanlagen an Land, deren Förderung zum 1. Januar 2021 auslief, noch von einem gestaffelten Aufschlag auf den Marktwert profitieren, da dieser im Rahmen der pandemiebedingten Wirtschaftshilfen genehmigt wurde. Ab dem 1. Januar 2022 verbleiben den Altanlagenbetreibern dann jedoch nur noch die Markterlöse, ohne zusätzliche Aufschläge oder Förderungen. Dies hat enorme wirtschaftliche Auswirkungen auf den Betrieb der Altanlagen. Während auf politischer Ebene davon ausgegangen wird, dass der Strompreis nach dem pandemiebedingten Abfall nun wieder steigen werde und eine zusätzliche Förderung nicht erforderlich sei, befürchten Marktteilnehmer, dass die Anlagen auf Basis des Marktpreises nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten. Damit ist nicht auszuschließen, dass viele Betreiber ihre Anlagen vom Netz nehmen werden, da sich der Betrieb finanziell nicht mehr lohnen würde.

Power Purchase Agreements zunehmend wichtig

Abgesehen von der Umlagenbefreiung im Rahmen des Eigenverbrauchs, der Möglichkeit der Direktvermarktung und dem Rückbau werden gerade für Altanlagen, deren Förderung ausgelaufen ist oder zeitnah auslaufen wird, Power Purchase Agreements (PPA) eine zunehmend wichtigere Rolle einnehmen. Ein PPA ist eine oftmals langjährige Vereinbarung zwischen Stromproduzent und Stromabnehmer, der die Lieferung von Strom zu ausgehandelten Preisen zum Gegenstand hat. Ein bedeutender Vorteil für Anlagenbetreiber ist die Reduzierung der Risiken, die mit dem nicht über Jahre verlässlich vorhersehbaren Marktpreis des Stroms einhergeht. Während international diese Form der Stromvermarktung schon länger genutzt wird, gewinnen PPA nun auch in Deutschland wachsende Bedeutung. Dies dürfte sich anlässlich der im EEG 2021 fehlenden Anschlussförderung für Altanlagen noch deutlich verstärken.

Alternativen zur staatlichen Förderung im Blick

Die Auswirkungen des EEG 2021 auf zukünftig aus der Förderung fallende Anlagen bleibt abzuwarten. Da die EEG-Förderung sinkt, die Anschlussförderung ausläuft und die Direktvermarktung mit Preisrisiken verbunden ist, kann die Option für Neuanlagenbetreiber, sich von vorneherein über langjährige PPA den wirtschaftlichen Betrieb ihrer Anlagen zu sichern, reizvoll sein. Denn ob und wie sich die gesetzliche Förderung im EEG 2021 und seinen Nachfolgern entwickeln wird, ist nicht vorherzusehen. Die andauernden beihilferechtlichen Themen legen nahe, dass Anlagenbetreiber sich vermehrt und frühzeitig um Alternativen zur staatlichen Förderung bemühen sollten.

Von Anja Holtermann / Matthias Lang

Dr. Matthias Lang, Rechtsanwalt und Partner bei der Anwaltskanzlei Bird & Bird
Anja Holtermann, Rechtsanwältin und Associate bei der Anwaltskanzlei Bird & Bird