Zum E-Paper
Energiewende in Spanien 19.02.2021, 12:20 Uhr

Zwei Großprojekte für grünen Wasserstoff

Eine Düngemittelfabrik und die Keramikindustrie in Spanien verzichten künftig auf Erdgas und setzen auf grünen Wasserstoff. Die geplanten Elektrolyseure haben eine Gesamtleistung von 900 MW. Das Dresdner Unternehmen Sunfire GmbH ist einer der Lieferanten.

Firmensitz der Sunfire GmbH in Dresden. Sie liefert Elektroyseure für Wasserstoffprojekte in Spanien. Bild: Sunfire

Firmensitz der Sunfire GmbH in Dresden. Sie liefert Elektroyseure für Wasserstoffprojekte in Spanien. Bild: Sunfire

Mit gleich zwei Großprojekten ist Spanien dabei, sich weltweit an die Spitze der Produzenten und Nutzer von grünem Wasserstoff zu setzen. Der spanische Stromerzeuger Iberdrola baut für den Düngemittelhersteller Fertiberia in Puertollano einen 20-MW-Elektrolyseur auf, der die Produktion klimafreundlicher machen soll. In den nächsten sieben Jahren sind weitere Anlagen mit einer Leistung von 780 MW geplant. Die Gesamtinvestitionen schätzen die Partner auf 1,8 Mrd. €. Das Puertollano-Projekt allein wird mit 150 Mio. € veranschlagt. An der Finanzierung beteiligen sich der spanische Staat und der Wiederaufbaufond der Europäischen Union.

Sunfire liefert gleich zehn Elektrolyseure

Ein Konsortium aus 40 Unternehmen und Institutionen will die spanische Keramikindustrie, die sich im Raum Valencia konzentriert, mit zehn 10-MW-Anlagen ausstatten, die grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen herstellen. Dann können die Keramikhersteller auf den Einsatz von Erdgas verzichten. Beteiligt sind unter anderen die Grupo Etra, ein spanisches Technologieunternehmen für Mobilität, Beleuchtung, Energie, Sicherheit und Kommunikation, sowie Sunfire, Hersteller von Elektrolyseuren aus Dresden.

Der erste Elektrolyseur beim Düngemittelhersteller in Puertollano soll bereits in diesem Jahr in Betrieb gehen. Er wird von einer Photovoltaik (PV)-Anlage mit Strom versorgt, die zeitgleich mit dem Elektrolyseur in Betrieb gehen soll. Ein Teil des Stroms wird in einer Batterie gepuffert, die 20 MWh speichern kann. Der Elektrolyseur läuft nur, wenn die Sonne scheint. Da die PV-Anlage weitaus mehr Strom liefert als der Elektrolyseur braucht, kann die gesamte Fabrik mit Solarstrom versorgt werden. Pro Jahr werden so 39 000 t Kohlendioxid-Emissionen vermieden.

Die Fabrik produziert sogenannten Stickstoffdünger aus Ammoniak. Dieses stechend riechende Gas wird nach einer weiterentwickelten Version des Haber-Bosch-Verfahrens aus Wasserstoff und Stickstoff unter hohem Druck hergestellt, was höchst energieintensiv ist. Bisher wird der benötigte Wasserstoff aus Erdgas hergestellt.

Von der Planung her ist auch die Elektrolyseanlage für die Keramikindustrie schon relativ weit fortgeschritten. Die Finanzierung ist allerdings noch weitgehend offen. Die Initiatoren hoffen ebenfalls auf den Staat und die EU. Fest steht, dass Sunfire zehn alkalische Druckelektrolyseure liefert, die der Schweizer Hersteller IHT entwickelt hat. Die Dresdner haben dieses Unternehmen gerade übernommen. Es hat bereits Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 240 MW installiert. Deren Lebensdauer beträgt mindestens 20 Jahre.

Auch der parallel entstehende Sauerstoff wird genutzt

Bei der alkalischen Druckelektrolyse werden die Elektroden in eine 20- bis 40-prozentige Kalilauge getaucht. Bei einer Spannung von mindestens 1,5 V entsteht an der Kathode Wasserstoff, an der Anode Sauerstoff. Die beiden Gase werden getrennt eingefangen. Die Keramikindustrie beheizt ihre Brennöfen heute noch mit Erdgas. Das soll nach Fertigstellung der Wasserstoffproduktion abgelöst werden. Der Sauerstoff wird, anders als in vielen anderen Fällen zur Verbesserung der Brennprozesse genutzt, um zusätzlich Energie zu sparen.

Die energetisch bessere Lösung

Die alkalische Druckelektrolyse hat das Ingenieurunternehmen Lurgi aus Frankfurt am Main entwickelt, das heute zur Unternehmensgruppe Air Liquide gehört. Für Puertollano ist dieses Verfahren die energetisch beste Lösung. Die Anlage wird in Castellón in der Provinz Valencia errichtet. Hier sind 95 % der Keramikhersteller Spaniens zu finden. Aufgrund ihres Erdgasverbrauchs sind sie für ein Drittel der Kohlendioxid-Emissionen in der Provinz verantwortlich.

Von Wolfgang Kempkens