Zum E-Paper
Offshore-Wind & Wasserstoff 09.02.2023, 10:45 Uhr

Hyundai setzt auf das offene Meer

Vor Südkoreas Küsten sollen gigantische Windparks entstehen. Da sie in großer Entfernung von den Küsten stehen werden, soll der Strom auf hoher See zur Wasserstoffproduktion genutzt werden.

Die Kombination von Offshore-Windkraft und der gekoppelten Wasserstofferzeugung nimmt Fahrt auf. Foto: PantherMedia/Alexander Kirch

Die Kombination von Offshore-Windkraft und der gekoppelten Wasserstofferzeugung nimmt Fahrt auf.

Foto: PantherMedia/Alexander Kirch

Nachdem vor rund zwei Jahren ein europäisches Konsortium die Idee entwickelt hat, Windstrom auf hoher See zur Herstellung von Wasserstoff zu nutzen, um den Energietransport von den weit draußen installierten Windgeneratoren an Land zu vereinfachen, springt der südkoreanische Mischkonzern Hyundai jetzt auch auf diesen Zug. „Um die drängendsten Herausforderungen zu lösen, vor denen die Menschheit heute steht, darunter die globale Energiekrise und der Klimawandel, müssen wir das unendliche Potenzial des Meeres nutzen“, fordert Kisun Chung, der 40-jährige Präsident und CEO von Hyundai Heavy Industries in Ulsan.

Windgeneratoren mit Rekordleistung

Was in Europa ganz schön groß werden soll – wenn es denn je realisiert wird –, soll in Fernost gigantisch werden. Bis 2030 sollen auf hoher See 12 GW Windenergie installiert werden, das entspricht in der Nennleistung fast zehn, nach Produktionskapazität etwa fünf Kernkraftwerken. Um das zu schaffen haben Hyundai und General Electric (GE), dessen Tochter im niedersächsischen Salzbergen Windturbinen produziert, eine strategische Partnerschaft beschlossen. Danach baut Hyundai Electric in Südkorea eine Fabrik für den Bau von Windgeneratoren des GE-Typs Heliade-X, der eine Leistung von 12 bis 14 MW hat und damit Weltrekordler im kommerziellen Bereich ist. GE bringt sein Know-how und die Technologie zur Herstellung der Generatoren ein.

Ganz Fernost im Visier

„Diese Vereinbarung wird unsere Fähigkeit verbessern, lokale Kunden zu bedienen, erhebliche lokale wirtschaftliche Vorteile zu schaffen und eine lokale Lieferkette aufzubauen, die ideal geeignet ist, den wachsenden Offshore-Windmarkt in Südkorea und möglicherweise darüber hinaus in Asien, Australien und Ozeanien zu bedienen“, so Fabrice Kermorgant, Chief Commercial Officer von GE Offshore Wind.

Meerwasser könnte direkt gespalten werden

Die Windparks sollen fernab der Küsten des Landes errichtet werden. Da der Aufwand für einen Transport des Stroms an Land zu aufwendig erscheint, sollen auf schwimmenden oder auf dem Meeresgrund stehenden Plattformen in der Nähe der Stromerzeuger Elektrolyseure installiert werden, die den von mehreren Farmen gesammelten Strom in Wasserstoff umwandeln. Es böte sich an, dazu Meerwasser zu nehmen, ohne es vorher mit hohem Energieaufwand zu entsalzen. Elektroden, die das aggressive Wasser klaglos verkraften, haben Forschende der Universitäten Adelaide in Australien, Tianjin und Nankai, beide in China, sowie der Kent State University im US-Bundesstaat Ohio kürzlich vorgestellt. Sie überziehen die Elektroden mit Chrom(III)-oxid (Cr2O3), das bereits in großem Stil in der Druck-, Papier- und Textilindustrie sowie im Pumpenbau genutzt wird.

Verflüssigt oder als Ammoniak

Der Wasserstoff soll vor Ort verflüssigt oder in grünes Ammoniak umgewandelt werden, dessen Transport weitaus einfacher ist als der von Wasserstoff. Ammoniak ist bei einer Temperatur von – 33 °C flüssig, Wasserstoff erst bei – 253 °C. Um diese Extremtemperatur zu erreichen ist sehr viel Energie nötig, für die Herstellung von Ammoniak allerdings auch. Dazu kommt noch die Rückumwandlung in Wasserstoff an Land. Es wird ein Rechenexempel werden, welche Version die bessere ist. Dass autonom fahrende Schiffe den Transport übernehmen scheint allerdings schon festzustehen. Möglicherweise werden sie mit Strom aus Kernkraftwerken an Bord angetrieben.

Das Wetter wird ausgetrickst

An Land soll der Wasserstoff zur Stromerzeugung genutzt werden. Dieser Prozess ist, anders als die Windstromerzeugung, natürlich nicht wetterabhängig und daher bestens planbar. Hyunadai denkt an den Einsatz von Festoxid-Brennstoffzellen (Solid Oxid Fuel Cell, SOFC), die das südkoreanische Unternehmen in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden, Hermsdorf und Klotzsche serienreif entwickelt. Sie sind zunächst für die Ausrüstung von elektrisch angetriebenen Schiffen gedacht – Hyundai ist unter anderem ein bedeutender Schiffsbauer.

Von Wolfgang Kempkens