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Kappung der Stromspitzen 22.12.2022, 09:37 Uhr

Strom: Österreicher sollen freiwillig sparen

Täglich werden die Zeiten veröffentlicht, zu denen Großgeräte möglichst nicht laufen sollten. Mit intelligenten Stromzählern wäre noch weit mehr möglich.

Wasserkraft, hier die Betonmauer des Kraftwerks Kaprun, ist die Hauptstromquelle Österreichs. Foto: PantherMedia / Bertl123

Wasserkraft, hier die Betonmauer des Kraftwerks Kaprun, ist die Hauptstromquelle Österreichs.

Foto: PantherMedia / Bertl123

In Österreich sollen Stromspitzen gekappt werden, um die Emissionen an Schadstoffen und Kohlenstoffdioxid (CO2) zu senken. Diese werden, wie in Deutschland und vielen anderen Staaten mit fossilen Kraftwerken abgedeckt, vor allem mit Erdgas. Außerdem soll so die Versorgungssicherheit verbessert werden, denn so können die Netze besser ausgelastet werden. Das Klimaschutzministerium und der Stromnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) in Wien, die das Kappen der Spitzen forcieren, sind dabei allerdings auf das Wohlwollen der Menschen und der Unternehmen angewiesen. Die müssen freiwillig mitmachen, um das Ziel zu erreichen.

Einsatz von Gaskraftwerken soll reduziert werden

Auf der Website energie.gv.at veröffentlichen die Partner täglich, zu welchen Zeiten des nächsten Tages es am meisten Sinn macht, Strom zu sparen. Konkret sind das jene Zeiten, zu denen der Stromverbrauch der Haushalte und Unternehmen so hoch ist, dass er nicht mehr durch erneuerbare Energie gedeckt werden kann und Gaskraftwerke zugeschaltet werden müssen. Die Spitzenzeiten sind in Österreich grundsätzlich werktags am Vormittag, von acht bis zwölf Uhr und am frühen Abend von 17 bis 19 Uhr.

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Wetterbericht und Wasserführung sind die Basis

Die APG errechnet tagesaktuell aus Daten der (voraussichtlichen) Stromproduktion, also etwa der Windlage, der Sonneneinstrahlung oder der Wasserführung in den Flüssen, des Stromimports und des Stromverbrauchs, zu welchen Stunden Stromsparen am wichtigsten ist. Das Netz könne entlastet werden, indem Aktivitäten, die viel Strom verbrauchen, nach Möglichkeit auf Tageszeiten verschoben werden, die außerhalb der Spitzenzeiten liegen. So würde es bereits helfen, das Einschalten der Waschmaschine, des Wäschetrockners oder des Geschirrspülers bewusst auf verbrauchsarme Tageszeiten zu verlegen. „Wenn Sie die Möglichkeit haben, beispielsweise den Wäschetrockner nicht in der Hochverbrauchszeit zu starten, sondern das vielleicht auf 20 oder 21 Uhr zu verlegen, ist damit schon viel geholfen“, sagt APG-Vorstand Gerhard Christiner.

Netzsicherheit auch in kritischen Zeiten

„Das klingt für den Einzelverbraucher oder den Haushalt vielleicht nach wenig, in Summe, über die ganze Bevölkerung, ist da aber Potenzial drin“, so Christiner. Mit dem Tool sollen 5% des Stromverbrauchs zu Spitzenzeiten eingespart werden. Damit sei bereits sehr viel erreicht: „Wenn wir 5% schaffen, das hat auch der Stresstest gezeigt, sind wir sogar in kritischen Situationen wieder im grünen Bereich“, so der APG-Vorstand.

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Strompreis lässt sich ans Angebot anpassen

Mit intelligenten Stromzählern und Strompreis-Informationen in Echtzeit über das Internet könnte der Erfolg einer solchen Spitzenkappung gesichert werden, vor allem, wenn der Strompreis an das Angebot angepasst wird. Wird viel Strom eingespart würde der Strompreis sinken, in Zeiten hohen Verbrauchs steigen. Freiwilligkeit wäre dann nicht mehr allein ausschlaggebend. Die Stromzähler würden dann mit den jeweils aktuellen Preisen korreliert.

Es geht auch automatisch

Es könnten in Zeiten des Smart Home auch Automatisierungen weiterhelfen. Wenn in Haushalten Geräte, die viel Strom verbrauchen, also Spül- und Waschmaschine, Wäschetrockner, Elektroautos und Klimaanlagen automatisch gestartet würden, wenn der Strompreis niedrig ist, wäre die Glättung des Stromverbrauchs noch besser zu erreichen.

Regelenergie aus Kühlhäusern

Erst recht, wenn auch die Industrie mitmachte. So gibt es gewaltige Sparpotenziale bei Kühlhäusern. In Zeiten des Stromüberangebots könnten sie zu ermäßigten Preisen auf eine Temperatur gebracht werden, die deutlich unter dem Nennwert liegt. Steigt der Preis dann wieder an könnten sie für Stunden vom Netz abgekoppelt werden und dieses so entlasten – Kühlhäuser würden am Regelenergiemarkt teilnehmen. Ähnlich könnten private Gefrierschränke eingebunden werden. Die Digitalisierung macht es möglich, wenn sie denn forciert würde.

Von Wolfgang Kempkens