Zum E-Paper
Niedertemperaturabwärme in Gasmotoren-BHKW nutzen 01.08.2017, 11:16 Uhr

Integration von Hochtemperaturwärmepumpen in KWK-Anlagen

Neuartige Hochtemperaturwärmepumpen (HT-Wärmepumpen) ermöglichen es, ungenutzte Abgaswärme und Abwärme, die aus der Kühlung des Gas-Luft-Verbrennungsgemisches eines Gasmotors entsteht, auf ein höheres Temperaturniveau zur Nutzung in Fernwärmenetzen anzuheben. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung des thermischen Wirkungsgrades, Reduzierung der CO2-Emissionen und Verringerung des Primärenergiefaktors für die erzeugte Wärme. Der zum Betrieb der HT-Wärmepumpe benötigte Strom kann direkt vom Blockheizkraftwerk geliefert werden, so dass sich zwar die elektrische Nettoleistung und damit der elektrische Wirkungsgrad verringern. Bei der richtigen Auslegung und günstigen Randbedingungen erhöht sich jedoch der mittlere Gesamtwirkungsgrad (Jahresnutzungsgrad), und es können wirtschaftliche und ökologische Vorteile generiert werden.

Prüfstand für Hochtemperaturwärmepumpen der Ochsner Energie Technik GmbH.
Bild: Ochsner Energie Technik

Prüfstand für Hochtemperaturwärmepumpen der Ochsner Energie Technik GmbH. Bild: Ochsner Energie Technik

Der Energiemarkt ist aus heutiger Sicht ohne dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kaum mehr vorstellbar. Aufgrund ökologisch wie auch ökonomisch motivierter Anforderungen konnte die Effizienz auch im Gasmotoren-Bereich kontinuierlich gesteigert werden. Hierbei stand auf Maschinenseite vorrangig die Steigerung des elektrischen Wirkungsgrades im Fokus. Trotz der kontinuierlichen Verbesserung bleibt ein Teil der zur Verfügung stehenden Abwärme meist ungenutzt, da sich für diese aufgrund zu niedriger Temperaturniveaus keine Verwendung finden lässt. Die zuletzt gleichzeitige stattfindende Weiterentwicklung von Hochtemperaturwärmepumpen legt nahe, den Verbund beider Systeme auf mögliche Synergien hin zu untersuchen. Der Einsatz von HT-Wärmepumpen in Verbindung mit Gasmotoren-BHKW wird im Folgenden für verschiedene Nennheizleistungen, Einbindungsvarianten und Temperaturbereiche untersucht. Die Einflüsse der HT-Wärmepumpe auf den elektrischen, thermischen sowie den Gesamtwirkungsgrad des Erzeugerverbundes aus HT-Wärmepumpe und Gasmotoren-BHKW werden aufgezeigt.

Hochtemperatur­wärmepumpe

Wärmepumpen nehmen thermische Energie aus einem Reservoir niedriger Temperatur auf und machen diese unter Aufwendung von technischer Arbeit auf einem höheren Temperaturniveau nutzbar. Vereinfacht besteht eine Anlage aus den vier Komponenten Verdampfer, Verdichter, Kondensator und Drosselventil. Am Verdampfereintritt liegt das Kältemittel im flüssigen Zustand vor und wird unter Energiezufuhr bei niedrigem Temperaturniveau verdampft. Um die zugeführte Abwärme oder Umgebungswärme zu nutzen, wird das verdampfte Kältemittel mit einem Verdichter unter Aufwand von elektrischer Energie auf den Kondensationsdruck komprimiert. Das überhitzte Kältemittel verflüssigt sich daraufhin im Kondensator und gibt die entstehende Kondensationswärme an einen Heizkreis ab. Im Drosselventil wird das flüssige Kältemittel wieder auf den Verdampferdruck entspannt.

Die Leistungszahl der Wärmepumpe, auch COP (Coefficient of Performance) genannt, beschreibt das Verhältnis von abgegebener Wärme im Kondensator zu zugeführter elektrischer Arbeit im Verdichter.

Handelsübliche Wärmepumpen werden überwiegend zur Beheizung von Wohngebäuden mit niedrigen Vorlauftemperaturen bis etwa 45 °C zum Beispiel in Flächenheizungen eingesetzt. Als Wärmequelle nutzen sie entweder Grundwasser- und / oder Erdreichwärme bei konstanter Temperatur (rund 10 °C) oder die Umgebungsluft, bei der die Quellentemperatur abhängig von Wetterlage und Jahreszeit variiert.

Neuartige HT-Wärmepumpen können mit höheren Verdampfungs- und Kondensationstemperaturen betrieben werden. Möglich sind Abwärmequellen mit Temperaturen bis zu 55 °C und Vorlauftemperaturen im Heizkreis bis zu 95 °C. Dadurch ergeben sich neue Einsatzgebiete im Bereich der Niedertemperatur-Abwärmenutzung (NT-Abwärmenutzung) und der Einbindung der Heizseite in Nah- und Fernwärmenetze. Eine Recherche im Rahmen einer Masterthesis Anfang 2016 ergab, dass am Markt zurzeit nur wenige Anbieter für HT-Wärmepumpen auftreten; Tabelle 1 zeigt eine Übersicht.

Hersteller Serie Heizleistung in kW tV,E in °C tK,A in °C Kältemittel
thermea GmbH HHR/HHS 50 bis 1 000 40 110 CO2
Ochsner IWHS 80 bis 1 000 55 95 Öko1
Viessmann GmbH Vitocal HT 150  bis  200 40 90 HFO1234ze
GEA Germany Grasso FX 200 bis 1 500 k. A. 82 NH3

Tabelle 1 Hersteller von HT-Wärme­pumpen mit Nennleistungen zwischen 100 und 1 000 kW und Kondensator­austrittstemperaturen > 80 °C.

Dabei können einige konventionelle Kältemittel aufgrund ihres zu niedrigen kritischen Punktes für den höheren Temperaturbereich oder aufgrund der Verschärfung der Umwelt-Richtlinien in Neuanlagen nicht mehr eingesetzt werden. In den HT-Wärmepumpen kommen bei den identifizierten Herstellern die beiden natürlichen Kältemittel Ammoniak und Kohlenstoffdioxid sowie synthetische Kältemittel wie Öko1 oder HFO1234ze zum Einsatz. Bei den beiden synthetischen Kältemitteln und Ammoniak findet sowohl bei der Wärmeaufnahme als auch bei der Abgabe an den Heizkreis ein Phasenübergang des Kältemittels statt. Die CO2-Wärmepumpe hingegen wird im überkritischen Bereich betrieben, so dass ein Gaskühler anstatt des Kondensators verwendet werden muss. Bei der Gaskühlung erfährt das Kältemittel CO2 eine gleitende Temperaturänderung bei nahezu konstantem Druck.

Gasmotoren-­Blockheizkraftwerk

Der Begriff Blockheizkraftwerk beschreibt im Allgemeinen die kombinierte Erzeugung von Strom und Wärme in räumlich engem Zusammenhang zu den Verbrauchern. Im Leistungsbereich zwischen 30 kW (el.) und 5 MW (el.) haben Gasmotoren die größte Bedeutung.

Der Gesamtwirkungsgrad eines BHKW ergibt aus der Summe des elektrischen und thermischen Wirkungsgrades. Die thermische Leistung des Gasmotors wird durch Wärmeauskopplung an das Warm- oder Heißwasser übertragen. Zur Wärmeauskopplung gehören Ladungs- oder Gemischkühlung, Öl-Kühlung, die Zylinder- oder Motorkühlung und die Wärme aus dem Rauchgas. Dabei stellt das Rauchgas die Wärmequelle mit der höchsten Temperatur dar, die bei erdgasbefeuerten Motoren üblicherweise auf 130 bis 120 °C abgekühlt wird. Eine weitere Abkühlung ist in der Regel unter Einsatz eines zweiten Wärmeübertragers im Abgas möglich. Hierbei kann das Abgas bis auf etwa 50 °C abgekühlt werden, wenn im Wasserkreis Wärmeabnehmer mit Rücklauftemperaturen von unter 45 °C zur Verfügung stehen. Schwimmbadheizungen oder Gewächshäuser sind hier als Anwendungen zu nennen.

Um den Wirkungsgrad, die Leistung und die Klopfunempfindlichkeit des Motors maximal zu erhöhen, wird das Gas-Luft-Verbrennungsgemisch in der überwiegenden Anzahl der BHKW-Erdgas-Motoren nach der Verdichtung durch den Turbolader zunächst in einem Hochtemperatur-Gemischkühler und danach in einem weiteren Niedertemperatur-Gemischkühler abgekühlt. Die Wärme aus dem NT-Kühler kann dabei in der Regel nicht genutzt werden. Stattdessen werden Tischkühler oder Kühltürme zur Kühlung des Gemischkühlkreises vorgesehen, die abhängig vom Verfahren und der Außentemperatur die NT-Wärme mit elektrisch betriebenen Ventilatoren vernichten.

In Bild 1 ist eine beispielhafte Wärmeauskopplung mit HT-Gemischkühler, Ölkühler, Motorkühler und Abgaswärmeübertrager sowie separatem Gemischkühlkreis (45/50 °C) zur NT-Gemischkühlung dargestellt.

Bild 1 Gasmotor mit beispielhafter Wärmeauskopplung und NT-Gemischkühler. Bild: eigene Darstellung

Bild 1 Gasmotor mit beispielhafter Wärmeauskopplung und NT-Gemischkühler. Bild: eigene Darstellung

Zur Wärmerückgewinnung ergeben sich zwei potenzielle Einsatzmöglichkeiten der HT-Wärmepumpe zur Abwärmeverwertung bei niedrigem Temperaturniveau:

  • Nutzbarmachung der NT-Gemischkühlwärme (Bild 1, Pos. 1),
  • Gewinnung zusätzlicher Abgaswärme mittels zweitem Abgaswärmeübertrager mit NT-Zwischenkreis (Bild 1, Pos. 2)

Nutzbarmachung der NT-Gemischkühlwärme

Die NT-Gemischkühlwärme macht rund 3 bis 5 % des Heizwerts des zugeführten Brenngases aus. Zur Rückgewinnung der Wärme aus dem Gemischkühlkreislauf kann die HT-Wärmepumpe parallel zum Tischkühler geschaltet werden, wobei die Gemischkühlwärme im Verdampfer als Wärmequelle entsprechend Bild 2 genutzt wird.

Bild 2 Einbindungsmöglichkeit des Verdampfers der Wärmepumpe in den Gemischkühlkreis. Bild: eigene Darstellung

Bild 2 Einbindungsmöglichkeit des Verdampfers der Wärmepumpe in den Gemischkühlkreis. Bild: eigene Darstellung

Dieser kühlt im Optimalfall den Kreislauf auf die erforderliche Eintrittstemperatur des Gemischkühlers ab, so dass der Tischkühler abgeschaltet bleibt. Je nach Motormodell liegen die Temperaturen im Gemischkühlkreis meist im Bereich zwischen 40 und 55 °C.

Elektrischer, thermischer und Gesamtwirkungsgrad des Verbundes aus HT-Wärmepumpe und Gasmotoren-BHKW können in Abhängigkeit des COP der HT-Wärmepumpe dargestellt werden. Die Verluste des Verdichters und des Motors der Wärmepumpe müssen dabei dem Kältemittel in Form von Wärme über einen Wärmeübertrager zugeführt werden. In Bild 3 sind die elektrischen und thermischen Wirkungsgrade in Abhängigkeit des COP für ein Gasmotoren-BHKW mit und ohne Wärmepumpe vergleichend dargestellt.

Bild 3 Einfluss der HT-Wärmepumpe auf den elektrischen und thermischen Verbundwirkungsgrad bei Einsatz im Gemischkühlkreis (GKK). Bild: eigene Darstellung

Bild 3 Einfluss der HT-Wärmepumpe auf den elektrischen und thermischen Verbundwirkungsgrad bei Einsatz im Gemischkühlkreis (GKK). Bild: eigene Darstellung

Für einen beispielhaft ausgewählten bewährten BHKW-Motor erhöht sich dadurch der Gesamtwirkungsgrad von 87,5 auf 91,1 %. Der elektrische Wirkungsgrad der Konfiguration mit HT-Wärmepumpe ist infolge des erforderlichen elektrischen Antriebs für die Wärmepumpe niedriger als bei der Konfiguration ohne Wärmepumpe. Mit steigendem COP wird diese Differenz erwartungsgemäß kleiner, da gleichzeitig der Strombedarf und die abgegebene Nutzwärme der HT-Wärmepumpe sinken. Der Gesamtwirkungsgrad der Konfiguration mit Wärmepumpe bleibt unabhängig vom COP konstant und damit um 3,6 % größer als ohne Wärmepumpe. Es wird bereits deutlich, dass es vorteilhaft ist, die HT-Wärmepumpe mit möglichst hohem COP zu betreiben, um einen möglichst hohen elektrischen Wirkungsgrad zu ermöglichen. Entscheidend ist, unter welchen Bedingungen die Steigerung des Gesamtwirkungsgrads den verringerten elektrischen Wirkungsgrad überkompensieren kann.

Gewinnung zusätzlicher Abgaswärme

Bei der zweiten Einsatzmöglichkeit einer HT-Wärmepumpe wird das Abgas durch einen weiteren in Reihe geschalteten Abgaswärmeübertrager auf Temperaturen unter 100 °C abgekühlt. Die Sekundärseite wird von einem Wasser-Glykol-Gemisch durchströmt. Die Grädigkeit am Wärmeübertrager beträgt etwa 10 K, um die Größe der Übertragungsfläche zu begrenzen. Die vom Abgas an den Wasser-Glykol-Zwischenkreis abgegebene Wärme dient nun als Wärmequelle und kann gemäß Bild 4 dem Verdampfer der Wärmepumpe zugeführt werden.

Bild 4 Nutzung zusätzlicher Abgaswärme durch einen zweiten Abgaswärmeübertrager als Wärmequelle für die HT-Wärmepumpe. Bild: eigene Darstellung

Bild 4 Nutzung zusätzlicher Abgaswärme durch einen zweiten Abgaswärmeübertrager als Wärmequelle für die HT-Wärmepumpe. Bild: eigene Darstellung

Je niedriger die Abgastemperatur nach dem zweiten Abgaswärmeübertrager ist (zum Beispiel 45 °C), desto höher ist die zugeführte thermische Leistung im Verdampfer der Wärmepumpe. Daraus resultieren niedrige Temperaturen im Zwischenkreis (zum Beispiel 35/40 °C), die die Verdampfertemperatur der HT-Wärmepumpe senken und sich nachteilig auf den COP der Wärmepumpe auswirken. Die elektrische Leistungsaufnahme des Verdichters der HT-Wärmepumpe steigt damit an und senkt die elektrische Nettoleistung des Verbunds aus HT-Wärmepumpe und BHKW. Die Optimierungsaufgabe besteht hier in einem guten Verhältnis von aufgewandter elektrischer zu zusätzlich gewonnener thermischer Leistung aus dem Abgas. Bei Auskopplung von Wärme bis auf Abgasaustrittstemperaturen unter 40 °C kann der Gesamtwirkungsgrad auf über 95 % ansteigen. In Tabelle 2 sind Abgasaustrittstemperatur des zweiten Abgaswärmeübertragers, die damit verbundene zusätzliche thermische Leistung und der Gesamtwirkungsgrad für einen beispielhaft ausgewählten Motor dargestellt.

tAbgas in °C Ptherm in kW nges in %
120 0 86,8
50 537 92,3
48 550 92,4
45 634 93,3
42 793 94,9
40 887 95,8
37 1 013 97,1

Tabelle 2 Beispielhafte thermische Leistung des zweiten Abgaswärmeübertragers und BHKW-Gesamtwirkungsgrad in Abhängigkeit der Abgastemperatur.

Es wird deutlich, dass die auskoppelbare thermische Leistung aufgrund der Unterschreitung des Abgas-Kondensationspunktes unterhalb von 48 °C deutlich zunimmt. Dabei ist das Verhältnis von elektrischem zu thermischem Wirkungsgrad wie bei der Abwärmerückgewinnung aus dem Gemischkühlkreis ebenfalls wieder abhängig vom COP der Wärmepumpe und kleiner als ohne Einsatz der HT-Wärmepumpe. Auch hier muss die hinzugewonnene nutzbare Wärme die Einbuße an elektrischem Wirkungsgrad überkompensieren.

Einbindungsmöglichkeiten der Wärmepumpe

Durch die beiden beschriebenen Konfigurationen ergeben sich mehrere Ansätze zur Einbindung des Verdampfers der HT-Wärmepumpe. Als mögliche Einbindungen werden im Folgenden sowohl zwei separate Wärmepumpen als auch eine Wärmepumpe mit Parallelschaltung des zweiten Abgaswärmeübertragers und Gemischkühlers überprüft.

Zwei separate Wärmepumpen gemäß Bild 2 und Bild 4 können unabhängig voneinander betrieben werden. Die Wärmepumpe am Zwischenkreis des zweiten Abgaswärmeübertragers kann das Abgas auf Temperaturen weit unter die Eintrittstemperaturen des Gemischkühlers absenken und dadurch die zusätzliche thermische Leistung deutlich erhöhen. Nachteilig sind die höheren Investitionskosten und der Platzbedarf für zwei Wärmepumpen.

Bei der Parallelschaltung des zweiten Abgaswärmeübertragers und Gemischkühlers gemäß Bild 5 richten sich die Ein- und Austrittstemperaturen des Verdampfers nach den vom Motorenhersteller vorgegebenen Gemischkühltemperaturen (45/50 °C). Eine Rücklaufanhebung am Gemischkühler ermöglicht niedrigere Austrittstemperaturen am Verdampfer (35 °C) und eine höhere thermische Leistung am Abgaswärmeübertrager.

Bild 5 Parallelschaltung des Gemischkühlers und zweiten Abgaswärmeübertragers mit Rücklaufanhebung am Gemischkühler zur Erhöhung der thermischen Leistung am zweiten Abgaswärmeübertrager. Bild: eigene Darstellung

Bild 5 Parallelschaltung des Gemischkühlers und zweiten Abgaswärmeübertragers mit Rücklaufanhebung am Gemischkühler zur Erhöhung der thermischen Leistung am zweiten Abgaswärmeübertrager. Bild: eigene Darstellung

Simulationsprogramm

Im Rahmen der Untersuchung wurde ein Programm in Excel mit Visual Basic für Applikationen (VBA) erstellt, das ermöglicht, die Lastgänge für Strom und Wärme in Abhängigkeit einer prognostizierten Außentemperatur mit mehreren verschiedenen Energieerzeugern und Wärmespeichern zu simulieren. Die Simulation erlaubt, für jeden Erzeuger die jeweiligen Volllaststunden sowie lastabhängig die jeweils erforderliche zuzuführende Energie in Form von Erdgas oder Strom zu ermitteln. Damit lassen sich sowohl die technischen als auch die wirtschaftlichen Kenndaten unterschiedlicher Schaltungsvarianten miteinander vergleichen.

Beim Starten des Programms werden die Lastgänge als gemittelte Stundenwerte gespeichert. Nun werden die Lastgänge Schritt für Schritt berechnet. Hierzu werden die aktuelle Strom- und Wärmelast aus den Lastgängen entnommen. Abhängig vom Ladezustand der Wärmespeicher sowie der Wärme- und Stromlast werden Erzeuger zu- oder abgeschaltet. Sobald die elektrischen und thermischen Leistungen der Erzeuger berechnet worden sind, wird die erzeugte thermische Leistung mit der Wärmelast verglichen und die Speicherladeleistung berechnet. Falls innerhalb der aktuellen berechneten Stunde eine Speichergrenze über- oder unterschritten wird, wird der betroffene Erzeuger zu diesem Zeitpunkt ab- beziehungsweise zugeschaltet. Für jeden Berechnungsschritt werden der externe Strombezug sowie die Erzeuger- und Speicherdaten in ein Ausgabefeld geschrieben. Die Jahreskennwerte der Erzeuger werden bei jedem Zeitschritt aufsummiert. Nach Berechnung eines vollen Jahres werden die Lastgänge der Erzeuger und die dazugehörigen Jahresdauerlinien erstellt.

Folgende Fahrweisen wurden bei der Untersuchung für die verschiedenen Erzeugerarten definiert:

  • Wärmegeführt – taktend – stromlimitiert: Der Erzeuger (das Gasmotoren-BHKW) wird über die Ladung des Wärmespeichers geregelt. Liegt die aktuelle Ladung innerhalb der Grenzen des Erzeugers, wird der Motor zunächst in Volllast betrieben. Anschließend wird die Stromlast mit der elektrischen Nennleistung verglichen. Ist die Stromlast größer als die elektrische Nennleistung, wird der Erzeuger weiterhin in Volllast betrieben. Ist die Stromlast kleiner als die elektrische Erzeugerleistung, wird die Last des Motors aus wirtschaftlichen Gründen auf die Reststromlast begrenzt.
  • Wärmegeführt – direkt – taktend bei Kleinstlast: Diese Fahrweise wurde für die erdgasbefeuerten Heißwasserkessel definiert, die die Wärme gemäß der restlichen Wärmelast erzeugen. Ist die Wärmelast höher als die Erzeugerleistung, wird der Erzeuger in Volllast betrieben und die Freigabe an einen weiteren Kessel erteilt. Ist die Wärmerestlast kleiner als die Kleinstlast des Gaskessels (etwa 15 % der thermischen Nennleistung eines Brenners) wird der Erzeuger in Kleinstlast betrieben und dadurch der Wärmespeicher geladen.
  • Abwärmenutzung BHKW: Bei dieser Fahrweise nutzt die Wärmepumpe die NT-Abwärme eines oder mehrerer BHKW. Zunächst wird die vorhandene NT-Abwärmeleistung der BHKW ermittelt. Daraus ergibt sich die zugeführte Wärme für die Wärmepumpe und die elektrische Leistungsaufnahme des Verdichters. Die HT-Wärmepumpe erhöht die Stromlast signifikant.

Dabei können zwei unterschiedliche Fälle auftreten:

  • Die Stromlast liegt über der elektrischen Leistung aller in Betrieb befindlichen Gasmotoren, so dass der erforderliche Strom für die Wärmepumpe extern bezogen werden muss.
  • Die Stromlast ist kleiner als die mögliche Erzeugerleistung der Gasmotoren. Diese wird um die elektrische Leistungsaufnahme der Wärmepumpe erhöht werden, so dass die Gasmotoren besser ausgelastet werden. Für diesen Fall wird eine Iteration verwendet, bei der die Stromaufnahme der Wärmepumpe zur Stromlast addiert und die Abwärmeleistung der BHKW mit erhöhter Last neu berechnet wird, was wiederum die elektrische Leistungsaufnahme der Wärmepumpe beeinflusst. Nach nur fünf Iterationsschritten konvergiert das Verfahren mit einem Residuum für die Stromlast von < 0,1 %.

Untersuchtes Projekt

Die verschiedenen Einsatz- und Einbindungsmöglichkeiten einer HT-Wärmepumpe wurden anhand eines konkreten Projektes mit einem BHKW bestehend aus mehreren Gasmotoren und Kesseln zur Energieversorgung untersucht. Der Strom- und Wärmelastgang wurde von Kundenseite vorgegeben. Die Stromlast ist hier im Vergleich zur Wärmelast sehr gering, so dass zwei oder drei Gasmotoren-BHKW mit je rund 4,45 MW (el.) und drei Gaskessel mit je 35 MW (th.) vorgesehen sind. Der Strom wird nur zum Eigenbedarf genutzt und nicht verkauft. Daher werden die BHKW-Aggregate in Teillast betrieben, sobald die Stromlast geringer als die mögliche Stromerzeugung ist. Pufferspeicher dienen zur Erhöhung der Volllaststunden der BHKW. Die Gaskessel werden erst dann zugeschaltet, wenn die Pufferspeicher entleert sind. Der gerätetechnische Grundaufbau ist in Bild 6 zu sehen.

Bild 6 Vereinfachtes Fließbild des Heizkraftwerks mit drei BHKW-Modulen, zwei Wärmespeichern und drei Gaskesseln. Bild: eigene Darstellung

Bild 6 Vereinfachtes Fließbild des Heizkraftwerks mit drei BHKW-Modulen, zwei Wärmespeichern und drei Gaskesseln. Bild: eigene Darstellung

Die Einbindung der Nutzwärme aus der HT-Wärmepumpe kann auf zwei Arten erfolgen:

  • Die Wärmepumpe wird parallel zu weiteren Erzeugern zwischen Heißwasser-Vor- und -Rücklauf eingebunden (Bild 6, Pos. 1), oder
  • die Wärmepumpe wird direkt zur Rücklaufanhebung der Fernwärmeleitung eingesetzt (Bild 6, Pos. 2).

Da die Wärmepumpe die im Projekt erforderlichen hohen Vorlauftemperaturen von 120 °C im Winter nicht erreicht, ergibt sich bei der parallelen Einbindung (Bild 6, Pos. 1) eine niedrigere Mischtemperatur nach Zusammenführung in die Vorlaufleitung. Liegt die Mischtemperatur unterhalb der geforderten außentemperaturgeführten Vorlauftemperatur des Wärmenetzes, wird das Heißwasser aus der Wärmepumpe über ein Wegeventil (Bild 6, Pos. 3) in die Kessel geleitet und nacherhitzt.

Bei der Einbindung in den Rücklauf der Fernwärmeleitung mit einer Auslegungstemperatur von 65 °C kann es vorkommen, dass die zugeführte Wärme aus der HT-Wärmepumpe die maximal zulässige Rücklauftemperatur des BHKW übersteigen lässt (ab etwa 70 °C). In diesem Fall muss die Wärmepumpe entsprechend zurückgeregelt werden.

Projektbezogene Simulation

Die Simulation erfolgte zunächst mit zwei Gasmotoren, drei Kesseln und zwei Pufferspeichern à 300 m3. In Bild 7 nutzt die HT-Wärmepumpe die Gemischkühlwärme und Abgaswärme (TAbgas = 45 °C). Das Zu- und Abschalten der Gasmotoren erfolgt abhängig vom Ladestand der Pufferspeicher.

Bild 7 Thermischer Lastgang des Heizkraftwerks gemäß Bild 6 mit zwei Gasmotoren-BHKW und einer HT-Wärmepumpe. Bild: eigene Darstellung

Bild 7 Thermischer Lastgang des Heizkraftwerks gemäß Bild 6 mit zwei Gasmotoren-BHKW und einer HT-Wärmepumpe. Bild: eigene Darstellung

Die thermischen Leistungen der einzelnen Erzeuger sind als gemittelte Stundenwerte dargestellt. Um Wartungsintervalle und unvorhergesehene Stillstände (Reparaturen) zu berücksichtigen, werden vier Zeitintervalle (zum Beispiel zwischen 100 und 200 h) vorgesehen, an denen nur eins der zwei BHKW betrieben wird. Beide Gasmotoren dienen als Grundlasterzeuger. Die Wärmepumpe nutzt die Abwärme der Gasmotoren und lädt zeitweise den Wärmespeicher. Die Gaskessel decken die Lastspitzen ab. Ist nur ein Gasmotor in Betrieb erzeugt die Wärmepumpe nur die halbe thermische Leistung.

Unabhängig von dem Ort der Einbindung in das Gesamtsystem wurden die folgenden vier Varianten mit unterschiedlichen Verdampfertemperaturen und damit unterschiedlichen COP-Werten untersucht:

  • Abwärmerückgewinnung im Gemischkühlkreis (gemäß Bild 2) ,
  • Parallelschaltung des Gemischkühlers und zweiten Abgaswärmeübertragers mit 45 °C Abgasaustrittstemperatur (gemäß Bild 5),
  • Gewinnung zusätzlicher Abgaswärme am zweiten Abgaswärmeübertrager mit 40 °C Abgasaustrittstemperatur (gemäß Bild 4),
  • Gewinnung zusätzlicher Abgaswärme am zweiten Abgaswärmeübertrager mit 35 °C Abgasaustrittstemperatur (gemäß Bild 4).

Bei allen Varianten gelang es, die von der Wärmepumpe erzeugte Wärme vollständig als Ersatz für Wärme aus den Kesseln zu ersetzen. Der Strombedarf der Wärmepumpe entspricht im Modell dem zusätzlichen externen Strombezug, da die Stromlast stets über der elektrischen Erzeugerleistung des Gasmotoren-BHKW (8,9 MW (el.)) liegt. Die Volllastbetriebsstunden beider BHKW-Module werden durch die Wärmepumpe nicht beeinflusst.

Der minimal erforderliche COP der HT-Wärmepumpe zur Einsparung von Energiekosten liegt vor, wenn gilt:

 

COP > COPmin = kStrom kGas  nth,Gaskessel (1)

 

Der minimale COP (COPmin = 5,5) erwies sich in diesem Projekt als sehr hoch, so dass sich bei reinem externen Strombezug mangels ausreichender eigener Stromerzeugung durch zwei Gasmotoren für die HT-Wärmepumpe beim Vergleich der Betriebs- und Energiekosten keine Einsparungen ergaben. Zur Ermittlung der Kosten wurden für den Strompreis 125 €/MWh und den Gaspreis 21,50 €/MWh für die Kessel (16 €/MWh für die Gasmotoren) von Kundenseite vorgegeben.

Bei drei Motoren hingegen mit einer elektrischen Nennleistung von 13,4 MW wird die Stromlast häufig überschritten. Dies führt zum Teillastbetrieb der Motoren (Bild 8).

Bild 8 Thermischer Lastgang des Heizkraftwerks gemäß Bild 6 mit drei Gasmotoren-BHKW und einer HT-Wärmepumpe. Bild: eigene Darstellung

Bild 8 Thermischer Lastgang des Heizkraftwerks gemäß Bild 6 mit drei Gasmotoren-BHKW und einer HT-Wärmepumpe. Bild: eigene Darstellung

Die Wärmepumpe nutzt nun die Abwärme von bis zu drei Motoren. Im Sommer schalten Wärmepumpe und eines der drei BHKW-Module aufgrund von zu geringer thermischer Last für einen längeren Zeitraum ab.

Auch hier ersetzt die Wärmepumpe weiterhin die erzeugte Wärme aus den Kesseln und erhöht darüber hinaus zusätzlich die Volllastbetriebsstunden der BHKW-Motoren im Mittel von 7 000 auf 7 300 h aufgrund des Strombedarfs der Wärmepumpe. Der Gasverbrauch der Kessel sinkt weiter infolge der gestiegenen Nutzwärme aus den Gasmotoren. Der Anstieg der jährlich zugekauften Strommenge ist kleiner als der jährliche Strombedarf der Wärmepumpe.

Da die Wärmepumpe nun teils mit selbst erzeugtem Strom betrieben wird, ist der bereits genannte Zusammenhang (Gleichung 1) für den minimalen COP nicht mehr gültig. Die erneute Betrachtung der Kosten zeigt hohe Einsparungen bei mehreren Varianten mit HT-Wärmepumpe. Die höchsten Einsparungen ergaben sich bei der Parallelschaltung des Gemischkühlers mit dem zweiten Abgaswärmeübertrager. Sie betragen jährlich etwa 130 000 € bei einer geschätzten Investitionssumme für die HT-Wärmepumpe von etwa 250 000 € und damit einer Amortisationszeit von unter zwei Jahren. Der Anteil des extern bezogenen Stromes für die Wärmepumpe beträgt für diese Variante 55 %.

Durch das Simulationsprogramm lassen sich für ein beliebiges Verhältnis von zugekauftem zu selbst erzeugtem Strom alle wichtigen technischen und wirtschaftlichen Kennwerte ermitteln. In Tabelle 3 sind die Einflüsse der HT-Wärmepumpe für den genannten Fall aufgelistet.

ohne HT-Wärmepume mit HT-Wärmepumpe
Wärmeerzeugung Gaskessel MWh/a 179 205 154 735
Wärmeerzeugung BHKW MWh/a 93 405 95 212
Wärmeerzeugung HT-Wärmepumpe MWh/a 0 22 662
Gesamter Strombedarf MWh/a 112 277 117 349
Stromerzeugung BHKW MWh/a 90 886 93 166
Stromverbrauch HT-Wärmepumpe MWh/a 0 5 072
Primärenergiefaktor MWh/MWh 0,669 0,644
Strombezugskosten T€/a 2 674 3 022
Brennstoffkosten Erdgas T€/a 8 199 7 681
CO2-Zertifikate T€/a 580 550

Tabelle 3 Einfluss der HT-Wärmepumpe auf die technischen und wirtschaftlichen Kennwerte.

Durch den geringeren jährlichen Erdgasverbrauch und der Erhöhung der selbst produzierten Strommenge verbessert sich der Primärenergiefaktor der Fernwärme von 0,669 ohne HT-Wärmepumpe auf 0,644 mit HT-Wärmepumpe. Die Mehrkosten für den erhöhten Strombezug werden von den Einsparungen durch den verringerten Erdgasbezug überkompensiert.

Eine Sensitivitätsanalyse mit den Parametern Strom- und Gaspreis zeigt, dass auch bei Preisabweichungen von +/– 20 % ein erfolgreicher Einsatz der HT-Wärmepumpe möglich ist.

Ergebnisse

Der wichtigste Faktor für den erfolgreichen Einsatz einer HT-Wärmepumpe zur Steigerung des thermischen Wirkungsgrades ist das Verhältnis von Strom- zu Gaspreis. Für das untersuchte Projekt ist das Verhältnis sehr ungünstig, kann aber stark variieren. Erzeugt man den Strom für den Antrieb der Wärmepumpe selbst, senkt man dadurch dieses Verhältnis deutlich und verbessert damit die wirtschaftlichen Aspekte der HT-Wärmepumpe. Es ist vorteilhaft, bei der Auslegung die elektrische Nennleistung des BHKW um den Betrag der von der Wärmepumpe aufgenommenen elektrischen Leistung zu erhöhen.

Zukünftige KWK-Anlagen können gezielt mit HT-Wärmepumpen optimiert werden. Bestandsanlagen, die NT-Abwärme erzeugen, können mit HT-Wärmepumpen verbessert werden. Die Investitionen steigen zwar durch die Erweiterung um eine zusätzliche HT-Wärmepumpe, doch bei der richtigen technischen Auslegung lassen sich neben Betriebs- und Energiekosten auch Primärenergiefaktor und CO2-Emissionen verringern und ermöglichen neuartige hocheffiziente Energieerzeugungsanlagen.

 

Von M. Eng. Christian Braasch, Prof. Dr.-Ing. Willi Nieratschker, Dr.-Ing. Stefan Döring und Dipl.-Ing. (FH) Marc Muscheid

M. Eng. Christian Braasch, Jahrgang 1989, studierte Maschinenbau an der Hochschule Koblenz. Seit Oktober 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Koblenz.

Prof. Dr.-Ing. Willi Nieratschker, Jahrgang 1957, studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität Stuttgart. Von 1983 bis 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technische Thermodynamik des DLR. 1988 Promotion an der Fakultät Energietechnik der Universität Stuttgart. Seit 1996 Professor für Thermodynamik sowie Energie- und Umwelttechnik im Fachbereich Ingenieurwesen der Hochschule Koblenz.

Dr.-Ing. Stefan Döring, Jahrgang 1970, studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen, Fachrichtung Energietechnik/Kraftwerkstechnik. Nach der Promotion war er bis 2006 Betriebsingenieur für Heizkraftwerke bei der Mann Energie im Westerwald. Im Januar 2006 gründete er die Plant Engineering GmbH, Leutesdorf, deren Geschäftsführender Gesellschafter er ist.

Dipl.-Ing. (FH) Marc Muscheid, Jahrgang 1973, studierte Maschinenbau an der Fachhochschule Koblenz. Seit 2011 ist er bei der Firma Plant Engineering GmbH als Projektleiter im Bereich dezentrale Kraftwerksanlagen tätig.