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Gebäudetyp E 21.11.2025, 11:00 Uhr

Wie sieht einfaches Bauen aus?

Das Bauministerium und das Bundesministerium der Justiz setzen auf den Gebäudetyp E: einfaches, kostengünstiges und bedarfsgerechtes Bauen. Wie dieser Gebäudetyp funktioniert, zeigen drei Pilotprojekte aus Bayern, die mutig neue Wege gehen – vom Haus fast ohne Heizung bis zur innovativen Schule.

Das "Haus Fast ohne Heizung" gehört zu den Pilotprojekten des Gebäudetyps E in Bayern. Foto: StMB/Winszczyk

Das "Haus Fast ohne Heizung" gehört zu den Pilotprojekten des Gebäudetyps E in Bayern.

Foto: StMB/Winszczyk

Der Gebäudetyp E steht für das Bauministerium und das Bundesministerium der Justiz für einfaches Bauen: Reduzierung überflüssiger Standards, weniger Technik, weniger komplizierte Vorgaben – dafür mehr Flexibilität, niedrigere Kosten und mehr Spielraum für kreative Lösungen. Sicherheit, Statik und Brandschutz bleiben gewährleistet. Die Etablierung des Gebäudetyps E in der Praxis wird von den Bundesministerien in einem Eckpunktepapier vorgestellt. Zwei wichtige Eckpunkte sollen den Gebäudetyp E weiter bringen:

  • Schaffung eines Gebäudetyp-E-Vertrags,
  • Etablierung des Gebäudetyps E in der Praxis.

Statt Theorie zeigen besonders die bayerischen Pilotprojekte, wie der Ansatz funktioniert. Alle bisherigen Projekte sind richtungsweisend – drei stellen wir vor.

1. Pilotprojekt: „Haus fast ohne Heizung“ – Ingolstadt

Eines der bekanntesten Pilotprojekt des Gebäudetyps E ist das „Haus fast ohne Heizung“. Es zeigt eindrucksvoll, wie weit einfaches Bauen gehen kann. Was macht das Projekt so besonders? Es verfolgt das Klimakonzept „22·26“ – das Gebäude soll ganzjährig zwischen 22 und 26 °C bleiben.

Keine klassische Heizung, Lüftung oder Kühlung: Statt komplexer Technik sorgen gut dämmende holzfasergefüllte Ziegel und ein durchdachtes Energiemanagement für stabile Temperaturen. Die Belüftung erfolgt über automatisch gesteuerte Fenster, nicht über eine teure Lüftungsanlage.

Das Ergebnis: rund 15 % geringere Baukosten, weniger Bautechnik, niedrigere Betriebskosten und eine hohe Alltagstauglichkeit.

Dieses Projekt zeigt, dass der Verzicht auf vermeintlich unverzichtbare Standards nicht zu Komfortverlust führen muss – im Gegenteil, es schafft robuste, wartungsarme Gebäude.

2. Pilotprojekt: „Das große kleine Haus“ – München (Kreativquartier)

Mitten in München entsteht ein genossenschaftliches Vorzeigeprojekt: „Das große kleine Haus“. Es zeigt, wie Gebäudetyp E auch im urbanen Raum neue Lösungen ermöglicht. Warum ist dieses Projekt so spannend? Es kombiniert Wohnen und Gewerbe in einem kompakten, hochfunktionalen Gebäude. Dabei wird auf robuste, einfache Konstruktionen gesetzt, anstatt normgetriebener Überkomplexität.

Entwickelt wurde es mit einer modernen, klaren Gebäudetyp-E-Vertragsstruktur, die bewusst unkompliziertere Standards vereinbart. Die Grundsteinlegung Anfang 2025 markiert einen wichtigen Meilenstein für einfaches Bauen in bayerischen Großstädten.

Das „große kleine Haus“ steht sinnbildlich dafür, wie städtischer Wohnraum schneller und kosteneffizienter entstehen kann, ohne gestalterische Qualität einzubüßen.

3. Pilotprojekt: Ellis-Kaut-Grundschule – Germering

Der Gebäudetyp E eignet sich nicht nur für Wohnraum – das zeigt die Ellis-Kaut-Grundschule in Germering. Das Projekt demonstriert, wie öffentliche Gebäude von einfacheren Standards profitieren können. Darum ist das Projekt relevant: Es überträgt die Prinzipien des Gebäudetyps E auf den kommunalen Hochbau.

Die Planung setzt auf einfache Haustechnik und optimierte Bauweise, um Kosten und Komplexität zu reduzieren. Es dient als Modellprojekt dafür, wie Städte und Gemeinden schneller und wirtschaftlicher bauen können.

Damit beweist das Vorhaben, dass Gebäudetyp E auch in der öffentlichen Infrastruktur wichtige Impulse für effizientes, zeitgemäßes Bauen setzt.

Kurz erklärt: Was ist der Gebäudetyp E?

Der Gebäudetyp E ermöglicht es, bei Bauvorhaben bewusst auf Standards zu verzichten, die gesetzlich nicht vorgeschrieben und technisch nicht notwendig sind – etwa übermäßige Haustechnik, aufwendige Komfortausstattungen oder sehr strikte Normvorgaben.

Vorteile:

  • deutlich niedrigere Baukosten;
  • weniger Komplexität, kürzere Bauzeiten;
  • mehr Freiheit für Bauherren und Planer;
  • innovative Bauweisen und neue Materialien können erprobt werden.

Mögliche Nachteile:

  • weniger Komfort bei Ausstattung oder Technik;
  • höherer Informationsbedarf für Bauherren (bewusste Entscheidungen nötig);
  • Skepsis, wenn von gewohnten Normen abgewichen wird;
  • Qualität hängt stärker von guter Planung ab.

Fazit: Praxis statt Theorie – und viel Potenzial

Die drei Pilotprojekte zeigen, was der Gebäudetyp E leisten kann: Mut zu einfachen Lösungen, kluge Technikreduktion und ein Fokus auf das Wesentliche. Ob Wohnhaus, urbanes Mischnutzungsprojekt oder Schule – überall dort, wo schnell, kostengünstig und funktional gebaut werden soll, kann der Gebäudetyp E echte Vorteile bringen.

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Von BMWSB / Bau und Verkehr Bayerisches Staatsministerium für Wohnen / Heike van Ooyen