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+++ Exklusiver Fachbeitrag +++ 01.11.2021, 07:01 Uhr

Permeable Schadstoffbarrieren für Boden- und Gewässerschutz sowie Altlastsicherung

Als großflächige permeable Filter unterbinden aktive Geoverbundstoffe den Schadstofffluss, greifen aber kaum in die natürlichen Fließwege des Wassers ein. Diese Form des technischen Boden- und Gewässerschutzes lässt sich vielerorts ohne großen Aufwand realisieren.

Bild 1. Aktive Geoverbundstoffe mit verschiedenen Adsorbern. Foto: Huesker

Bild 1. Aktive Geoverbundstoffe mit verschiedenen Adsorbern.

Foto: Huesker

Stärker denn je wird der Umweltschutz bei der Planung von baulichen Anlagen berücksichtigt, um den Eintrag von Schadstoffen in Böden und Gewässer zu vermeiden. Solche Schadstoffe entstehen unweigerlich als Nebenprodukte der Herstellung, Lagerung und des Transports und gelangen bei Niederschlagsereignissen von den versiegelten Flächen (bestenfalls) in die Kanalisation oder unbehandelt in den umliegenden Untergrund. Eintragsorte mit signifikanter Belastung werden abgedichtet, um das Wasser als Trägermedium der bedenklichen Stoffe zu sammeln, abzuleiten und zentral im Klärwerk aufzubereiten.

Aktive Geoverbundstoffe aus Geotextilien und unterschiedlichen Adsorbern, wie Aktivkohle, Öl- oder Schwermetallbinder (Bild 1), ermöglichen eine effektive dezentralisierte Behandlung in unterschiedlichen Anwendungsgebieten. Als großflächige permeable Filter unterbinden sie den Schadstofffluss, nicht aber den Fluss des Trägermediums. Der Eingriff in die natürlichen Fließwege des Wassers ist daher deutlich reduziert und ein Anschluss an ein Kanalnetz ist nicht erforderlich. Die Ausstattung oder Nachrüstung baulicher Anlagen mit den geotextilen Schadstoffbarrieren als technischer Boden- und Gewässerschutz ist vielerorts ohne großen Aufwand realisierbar. Anwendungsgebiete für großflächige, permeable Schadstoffbarrieren aus aktiven Geoverbundstoffen sind vielfältig, etwa im Zusammenhang mit der Verkehrsinfrastruktur oder dem Bauen mit belasteten Böden.

Bodenschutz in der Verkehrsinfrastruktur

Auf unseren Straßen und Schienen ist der Anteil der zu transportierenden Güter und Personen in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen. Durch die intensive Nutzung der Verkehrswege akkumulieren Schadstoffe, wie Mikroplastik, Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle etc. auf und neben den versiegelten Flächen. Dies passiert nicht nur bei Unfall­ereignissen, sondern tagtäglich durch den normalen Reifen- und Bremsabrieb sowie durch Flüssigkeitsverluste der Fahrzeuge. Aktive Geoverbundstoffe im Schulterbereich der Straße ermöglichen eine Filtration der Stoffe in Gebieten, wo keine Kanalisation vorhanden ist. Sogenannte Filtergräben aus einem ca. 25 cm starken Oberboden über dem aktiven Geoverbundstoff reduzieren die Schadstofffracht signifikant. Die abfiltrierbaren Stoffe (AFS) werden nachweislich zurückgehalten (Bild 2).

Bild 2. Gefiltertes und ungefiltertes Straßenabflusswasser aus einem Filtergraben entlang einer Straße in Münster.

Foto: Huesker

Da die aktiven Geoverbundstoffe ihre gute Wasserdurchlässigkeit lange behalten, sind Funktionalität und Lebenserwartung des Filtergrabens vergleichbar mit der einer Asphaltdeckschicht. Umfangreiche Versuche im Rahmen eines derzeit noch andauernden Forschungsvorhabens bestätigen die guten Eigenschaften der permeablen Schadstoffbarrieren für die Anwendung im Bankettbereich von Straßen.

Nicht nur mithilfe von Gräben können bedenkliche Stoffe aus dem Straßenabfluss entfernt werden. Auch Filtrations- und Regenrückhaltebecken (Bild 3), ausgekleidet mit der permeablen Barriere, ermöglichen eine Adsorption der bedenklichen Stoffe. Für die Filtration werden die aktiven Geoverbundstoffe in der Sohle und bei Bedarf in Böschungsbereichen verlegt. Abhängig von potenziellen Quellen im Einzugsgebiet werden auf diese Weise zum Beispiel Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) oder andere schadhafte Stoffe vor dem Eintritt in den Untergrund aus dem Wasser entfernt.

Bild 3. Retentionsbecken mit permeabler Schadstoffbarriere.

Foto: Huesker

Bauen mit belasteten Böden

Der Umgang mit schadstoffbelasteten Böden – und in der Folge auch mit dem Grundwasser – ist weltweit eine wachsende Herausforderung für Flächenbesitzer, Planer und Genehmigungsbehörden. Eine Stoffgruppe, die auch in der Öffentlichkeit zunehmend Aufmerksamkeit erfährt, sind per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC). Diese zum Teil sehr mobilen Stoffe wurden und werden seit den 1950er-Jahren unter anderem in industriellen Produkten, Haushaltswaren, Kleidungsstücken, Löschschäumen eingesetzt. Im Rahmen der Produktion, Nutzung sowie Deponierung dieser Güter gelangen die Chemikalien in die Umwelt. Heute ist bekannt, dass einige Verbindungen stark gesundheitsgefährdend sind und sich weltweit zum Teil in sehr hohen Konzentrationen in unseren Böden befinden [1]. Die Stoffe werden durch Regenwasser von den Bodenpartikeln gelöst, gelangen tiefer ins Erdreich und letztlich in das Grundwasser. Wird der belastete Boden entnommen, ist die Entsorgung auf einer Deponie oft unumgänglich.

Der Einsatz von aktiven Geoverbund­stoffen mit Hochleistungsadsorbern bietet einen neuen Ansatz im Umgang mit diesen Böden. Anstatt den entnommenen Boden einzukapseln, um einen Wasserzutritt und somit eine Auswaschung der Schadstoffe zu verhindern, wird die permeable Schadstoffbarriere unter den belasteten Boden gelegt. Auf diese Weise ist der Untergrund nicht nur geschützt, sondern zugleich erfährt der abgelagerte, belastete Boden eine passive Behandlung, weil der Regen die Schadstoffe löst und in den Filter leitet. Hier werden die Chemikalien im Adsorber dauerhaft gebunden. Die konsequente Weiterentwicklung dieses Ansatzes führt dazu, dass der Boden nicht nur gesichert, sondern auch für Erdbauwerke, wie Lärmschutzwälle oder Infrastrukturdämme wiederverwendet werden könnte. Insofern ist er kein Abfallstoff, sondern ein wertvoller Baustoff.

Dimensionierung

Im Rahmen der Planung ist sicherzustellen, dass die Kapazität der permeablen Barriere ausreichend ist, um mit einer definierten Sicherheit die Gesamtmenge der Schadstoffe aus dem gelagerten Boden zu binden. Zudem muss eine Desorption auch nach sehr langer Liegedauer ausgeschlossen werden. Für derart dauerhafte Barrieren müssen extrem robuste und hocheffiziente Adsorber eingesetzt werden. Umfangreiche Tests, in denen Extremverhältnisse simuliert werden, zeigen, dass die Materialien diese Herausforderung bestehen. In Versuchen kann nachgewiesen werden, dass die Konzentrationen im Wasser und im Eluat (nach der Durchsickerung durch den aktiven Geoverbundstoff) unter den Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser [2] liegen (Bild 4).

Bild 4. Schematischer Verlauf der Schadstoffkonzentration beim Bauen mit belasteten Böden und permeablen Schadstoffbarrieren.

Foto: Huesker

Dieses Prinzip lässt sich grundsätzlich auch bei Ersatzbaustoffen oder anderen Schadstoffarten nutzen. Anstatt anionische Austauschmechanismen zu verwenden, kommen bei Schlacken, Aschen oder Altschotter vornehmlich Adsorber für kationische Stoffe zum Einsatz – das Wirkprinzip ändert sich indes nicht.

Altlastsicherung

Trägermedium für Schadstoffe können auch Gase sein. Auf Altlastflächen diffundieren beispielsweise leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe oder auch metallische Verbindungen mit der Bodenluft an die Oberfläche. Aktive Geoverbundstoffe entfernen diese Bestandteile aus dem Trägermedium, sodass Personen sowie andere Lebewesen, die sich oberhalb eines Altlaststandorts aufhalten, auf diese Weise vor den gesundheitsgefährdenden Gasen geschützt sind. Die hohe Affinität der Adsorber zu den leichtflüchtigen Stoffen und die zugleich hohe Beladungskapazität ermöglicht die Errichtung dauerhafter Schadstoffbarrieren. Durch die Überdeckung der aktiven Geoverbundstoffe mit Erdreich kann die Fläche neu überbaut und wiederverwendet werden. Der Einbau eines flächigen Bodenluftfilters ist einfach realisierbar (Bild 5) und bietet einen wirksamen Langzeitschutz.

Bild 5. Projektbeispiel: Großflächiger geotextiler Luftschadstofffilter auf Altlasten.

Foto: Huesker

Auch Flussläufe, Häfen und marine Sedimente können Schadstoffbelastungen aufweisen. Die In-situ-Isolation der Stoffe schützt aquatische Organismen in den Oberflächengewässern und spart Energie und Kosten für Bagger- und Entwässerungsarbeiten, Transportwege und die Deponierung [3].

Zusammenfassung und Ausblick

Der Einsatz permeabler Schadstoffbarrieren aus aktiven Geoverbundstoffen bietet neue Möglichkeiten für den Boden- und Gewässerschutz sowie die Altlastsicherung. Das Abdichten des Erdreichs gegen das Trägermedium, wie es für die zentralisierte Wasserbehandlung notwendig ist, wird überwunden, indem die Adsorber mechanisch stabilisiert und gleichmäßig über große Flächen in neue und bestehende bauliche Anlagen integriert werden. Dies ermöglicht eine Installation oder eine Nachrüstung in verschiedenen Anwendungsfeldern, wie der Infrastruktur, Materiallagerplätze, Altlaststandorte, Deponien etc.

Eine Hürde für die Verwendung permeabler Schadstoffbarrieren ist offenkundig die Neuheit der Produkte. In technischen Merkblättern sind die konventionellen Abdichtungslösungen verankert und dementsprechend einfach genehmigungsfähig. Planer und Baufirmen verfügen zudem über Erfahrungen bei der Ausführung der bekannten Systeme. Um eine schnellere Genehmigungsfähigkeit für aktive Geoverbundstoffe herbeizuführen, sollte nicht nur die Barriere für das Trägermedium als Lösungsweg anerkannt werden. Vielmehr muss das Augenmerk auf das tatsächliche Ziel gelegt werden, den Schadstoffeintrag zu vermeiden. Insofern wäre es wünschenswert, neue Baukonzepte und Materialien stärker aus der Sicht der Zielstellung, denn aus der Perspektive der bisher verfügbaren baulichen Lösungsmöglichkeiten zu betrachten – auch in unseren Verordnungen und Merkblättern.

Literatur

  1. Umweltbundesamt: PFAS – Gekommen um zu bleiben. In: Schwerpunkt, das Magazin des Umweltbundesamtes, Heft 1, 2020.
  2. LAWA – Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser: Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser, Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC), 2017.
  3. Niewerth, S.; Wilke, M.: Sanierung schadstoffbelasteter Sedimente in Oberflächengewässern mithilfe aktiver Geoverbundstoffe. In: GeoResources (2021), Heft 3, S. 9–16.
Von S. Niewerth

Dr.-Ing. Stefan Niewerth
Business Development Manager, Huesker Synthetic GmbH, Gescher
Foto: Huesker