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Havelufer Quartier in Berlin-Spandau 09.07.2025, 00:00 Uhr

Erstes Multi-IPA-Projekt in Deutschland

Im Havelufer Quartier in Berlin-Spandau sind alle 16 Neubauten mit insgesamt 1 300 Wohnungen fertiggestellt. Eine entscheidende Rolle für die termin- und kostengerechte Fertigstellung spielte die Integrierte Projektabwicklung, kurz IPA.

Neuer Wohnraum für bis zu 4 000 Menschen auf ehemaliger Industriefläche: Das Havelufer Quartier in Berlin-Spandau. Foto: Drees & Sommer

Neuer Wohnraum für bis zu 4 000 Menschen auf ehemaliger Industriefläche: Das Havelufer Quartier in Berlin-Spandau.

Foto: Drees & Sommer

Das Havelufer Quartier in Berlin

Das IPA-Verfahren setzt auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten, wesentliches Kennzeichen ist der Mehrparteienvertrag. Statt eines bilateralen Vertrags wird dabei ein Vertrag mit mindestens drei Parteien vereinbart. Das Besondere beim Havelufer Quartier: Aufgrund der Projektkomplexität wurden insgesamt vier Mehrparteienverträgen abgeschlossen, sodass das Berliner Quartiersprojekt zum erstes Multi-IPA-Projekt in Deutschland avancierte. Das auf Bau, Immobilien und Infrastruktur spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE hat dabei die Bauherrn Patrizia und Kauri Cab Development umfassend in Sachen Quartiersentwicklung unterstützt. Weitere IPA-Vertragspartner sind das Berliner Büro JWA Jan Wiese Architekten und das Bremer Bauunternehmen Zech Bau SE.

Diversität wird groß geschrieben

Felix Speetzen, Head of Fund Management Value Add Living bei Patrizia, über das Projekt: „Das Havelufer Quartier ist ein ambitioniertes Projekt. Sowohl der Umfang, die hohen ökologischen und sozialen Standards, aber auch die Diversität der angebotenen Wohnmodelle tragen dazu bei, dass die Planung und erfolgreiche Umsetzung ein hohes Maß an Know-how und Abstimmung bedurften.“ So habe man bewusst Wohnungen für Singles und Familien mit altersgerechtem Wohnen, Co-Living und sozial gefördertem Wohnungsbau gemischt, mit dem Ziel, eine harmonisierende Community zu bilden.

Eines der größten Bauprojekte Deutschlands

Mit insgesamt rund 130 000 m2 Fläche, 19 Neubau- und Bestandsgebäuden und einer Vielzahl an Projektbeteiligten zählt das Havelufer Quartier auf dem historischen Hertlein-Areal in Hakenfelde zu den größten Bauprojekten in Deutschland, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung von Drees & Sommer. Trotz dieser Größe und des Baustarts mitten in der Corona-Pandemie konnten alle Neubauten in nur vier Jahren fertiggestellt werden. Eine entscheidende Rolle habe dabei die Integrierte Projektabwicklung gespielt.

Erfolg trotz schwieriger Ausgangslage

„Mit IPA haben wir Neuland betreten und erstmals ein Projekt dieser Größe in Deutschland mit Mehrparteienverträgen abgewickelt. Die Fertigstellung im Zeit- und Kostenrahmen beweist, dass diese Entscheidung genau richtig war. Nur dank IPA konnten wir Verträge, Kapazitäten und Rohstoffe frühzeitig sichern, was in der aktuellen Konjunkturlage und Zeiten von Rohstoff- und Fachkräftemangel nicht selbstverständlich ist“, sagt Luca Bauernfeind, geschäftsführender Gesellschafter des Immobilienspezialisten Kauri Cab Development Berlin.

Dabei sei die Ausgangslage des Projekts sehr anspruchsvoll gewesen: Ein ehemaliges Industrieareal, das zudem denkmalgeschützt ist, sollte umgewandelt werden. Das brachte hohe Komplexität und zusätzliche Risiken mit sich: „Gerade in schwierigen Situationen zeigt sich, wie wichtig eine partnerschaftliche und pragmatische Lösungsfindung ist. Das wurde durch IPA von Anfang an und von allen Beteiligten gelebt“, sagt Moritz Schöbel, Verantwortlicher für das Projekt bei Drees & Sommer, der den Projekterfolg ebenfalls IPA zuschreibt.

Eines von 26 abgeschlossenen oder laufenden IPA-Projekten in Deutschland

Das aus dem angelsächsischen Raum stammende Integrierte Abwicklungsmodell nahm in den letzten Jahren in Deutschland immer mehr Fahrt auf. Dem jährlichen IPA-Report des Instituts für Management und Technologie im Baubetrieb des Karlsruher Instituts für Technologie zufolge gab es 2024 deutschlandweit 25 abgeschlossene oder laufende IPA-Projekte. Mit dem Havelufer Quartier komme nun ein weiteres dazu, heißt es in der Meldung.

Klare Vorteile gegenüber der klassischen Projektabwicklung

„Alle tragen das gleiche Risiko und halten die Kosten- und Terminvereinbarungen präziser ein. Das Havelufer Quartier als erfolgreich abgeschlossenes IPA-Projekt macht diese Vorteile greifbarer und hilft, das Integrierte Abwicklungsmodell in Deutschland weiter zu etablieren“, ergänzt Dr. Selim-Tugra Demir, IPA -Experte bei Drees & Sommer. Neben dem gemeinsamen Risikomanagement zählen aus seiner Sicht der Einsatz kollaborativer Arbeitsmethoden wie Lean Management und ein Bonus-Malus-System als Anreizinstrument zu weiteren Mehrwerten von IPA.

Auch die Bauausführung profitiert

Dass von diesen Vorteilen nicht nur die Planung, sondern auch die Bauausführung profitiert, bestätigt auch Jörg Richter, Technischer Niederlassungsleiter bei Zech Bau SE: „Es war für uns enorm wertvoll, von Beginn an im Planungsprozess mitzuwirken. So konnten wir gemeinsam mit anderen Partnern alle Planungsschritte transparent und effizient gestalten und die Bauausführung effektiv vorbereiten. Das Ergebnis: Im gesamten Zeitraum der Planung und des Bauens gab es keine einzige Behinderungsanzeige oder Verzögerungsmeldung.“

Innovatives Quartier mit grüner Seele

Bis Ende 2025 laufen noch Arbeiten an zwei weiteren denkmalgeschützten Bestandsgebäuden sowie an der unterirdischen Infrastruktur und den Außenanlagen. Das ebenfalls unter dem Denkmalschutz stehende ehemalige Offizierskasino wurde bereits modernisiert und beherbergt jetzt eine Kita sowie Gastronomie- und Coworking-Flächen. Insgesamt wird das Havelufer Quartier rund 1 700 Mietwohnungen umfassen – von Ein-Zimmer-Apartments bis zu Fünf-Zimmer-Wohnungen über Townhouses und barrierefreie Seniorenwohnungen bis hin zu Co-Living-Flächen.

DGNB Gold Standard bezeugt Nachhaltigkeit

Neben dem gemeinschaftlichen Miteinander stehen im Havelufer Quartier auch Nachhaltigkeit und Innovation im Fokus: So entspricht das Quartier künftig dem DGNB Gold Standard und deckt einen Großteil seines Strombedarfs lokal über Photovoltaik auf den Dächern. Eine Quartiers-App unterstützt die Bewohnerinnen und Bewohner als smartes Tool und dient gleichzeitig als digitales Nachbarschaftsforum. Insgesamt können im Havelufer Quartier nach der Fertigstellung etwa 4 000 Menschen leben.

Weitere Details zum Projekt gibt es in folgendem Video.

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Von Drees & Sommer / Melanie Schulz