Web-GIS-Umgebungen als Schlüssel zur digitalen Projektsteuerung
Einsatzmöglichkeiten, Datenintegration und Mehrwert für Planung und Management
Die Integration von BIM- und GIS-Daten erschließt für Schienen- und Straßeninfrastruktur, vor allem im komplexen innerstädtischen Bereich, neue Potenziale für die Planung und den Bau. Während BIM präzise Geometrien und semantische Strukturen liefert, stellt GIS den räumlichen Bezug, Umgebungsbedingungen und fachliche Zusatzdaten bereit. Die Integration beider Welten auf einer webbasierten Plattform erlaubt die Darstellung geometrisch und semantisch hochdetaillierter Bauwerksmodelle, ohne den großen Zusammenhang aus den Augen zu verlieren – und bringt somit das Projektmanagement auf eine neue Ebene.
Frankfurt (Main) Hauptbahnhof.
Foto: Schüßler-Plan Digital / Esri
Geoinformationssysteme (GIS) gewinnen bei Planung, Bau und Betrieb von Bauvorhaben zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen die Verwaltung und Analyse großräumiger Daten durch die Zusammenführung von geographischen, topographischen und fachlichen Informationen. Darüber hinaus finden sie Anwendung bei der Verwaltung und Bereitstellung amtlicher Fachdaten aus den Bereichen Vermessung, Kataster und Umwelt und bilden damit eine zentrale Grundlage für Planung, Genehmigung, Bau und Betrieb.
Durch Vorgaben wie die INSPIRE-Richtlinie der EU wurde durch eine offene Bereitstellung der Zugriff auf Geodaten über Verwaltungsgrenzen hinweg erleichtert. Damit wurde die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit der Daten vereinfacht und die Anwendungsbreite erhöht. Geoinformationssysteme bieten gegenüber klassischen CAD-Systemen gewisse Vorteile, da sie die Transformation von Daten zwischen Koordinatensystemen und damit die Integration von Referenzsystemen unterschiedlicher Parteien ermöglichen. Dies ist insbesondere bei Projekten relevant, an denen verschiedene Organisationen und Bereiche mit unterschiedlichen Systemen und Ausgangsdaten beteiligt sind, wie beispielsweise Bahn, Kommune oder Straße.
Darüber hinaus wird der Einsatz von GIS durch BIM begünstigt. BIM stellt als grundlegende Methode der Zusammenarbeit den strukturierten und definierten Austausch von Informationen und Modellen in Projekten in den Fokus. Hierdurch wird eine transparentere Zusammenarbeit erreicht und Möglichkeiten zur Automatisierung von Prozessen geschaffen. Getrieben durch den Wunsch der BIM-Methode nach einer einheitlichen Datenbasis und den Anspruch an die Integration, lassen sich mittlerweile Daten und Informationen aus GIS in BIM und aus BIM in GIS wesentlich einfacher und umfangreicher integrieren, wodurch neue Lösungsansätze in der Praxis geschaffen werden.
BIM-GIS-Datenintegration im Fokus
Das Ziel der BIM-GIS-Datenintegration ist die nahtlose Verknüpfung von Systemen der Bauwerksmodellierung und Koordination mit geographischen Informationssystemen. Dies ermöglicht eine Planung im großräumlichen Kontext sowie die Analyse und Verwaltung von Bau- und Fachdaten auf Stadtebene, indem Informationen über verschiedene Maßstabsebenen hinweg konsistent verfügbar sind. Um dies zu ermöglichen, ist eine Strategie zur Datenintegration erforderlich.
Die Wahl der richtigen Integrationsstrategie hängt stark vom Projektziel, der vorhandenen Softwarelandschaft und den geplanten Anwendungsfällen ab. Beim GIS-to-BIM-Ansatz werden GIS-Daten vollständig in ein BIM-Modell (bzw. in das IFC-Format) überführt, sodass alle relevanten Informationen direkt in der BIM-Umgebung vorliegen – ideal für modellbasierte Planung, jedoch mit entsprechendem Aufwand bei der Datenaufbereitung und unter Umständen mit Einbußen hinsichtlich der Performanz verbunden. Der BIM-to-GIS-Ansatz integriert dagegen BIM-Modelle in GIS-spezifische Datenformate und ermöglicht eine georeferenzierte, großräumige Darstellung im Kontext, was besonders für Visualisierung, Analyse und projektweite Kommunikation geeignet ist. Da GIS-Formate jedoch nicht auf den Detailreichtum von Bauwerksdatenmodellen ausgelegt sind, ist hier ein semantischer Informationsverlust praktisch unumgänglich. Der dritte Ansatz, BIM-and-GIS, verbindet beide Welten über eine gemeinsame Georeferenzierung und Verlinkung, ohne notwendigerweise eine Formatkonvertierung, und eignet sich vor allem für interdisziplinäre Koordination in komplexen Infrastruktur- oder Stadtprojekten. Dieser Ansatz kann in Form eines Web-GIS-Viewers umgesetzt werden.
Dynamisches Zusammenspiel auf einer webbasierten Oberfläche

Foto: Schüßler-Plan Digital
Ein Web-GIS-Viewer ist eine browserbasierte Anwendung zur Darstellung, Analyse und Navigation räumlicher Daten in 2D und 3D. Er ermöglicht, unter anderem, das Zusammenführen von Karten, Luftbilder, Umweltfachdaten, Vermessungsergebnissen und Bauwerksmodellen, welche mit standardisierten Webdienste wie WMS, WFS oder REST angereichert werden können. Das Ziel der Nutzung einer solchen Plattform ist die integrierte und performante Darstellung von BIM-Modellen im geografischen Kontext sowie die Koordination aller Fachgewerke auf einer zentralen, webbasierten Oberfläche. Web-GIS-Viewer bringen in der Regel eine Auswahl an Grundfunktionalitäten mit, die aus einschlägigen BIM- oder GIS-Anwendungen bekannt sind. Dazu gehört beispielsweise das Anzeigen von Layern oder Teilmodellen, Attributinformationen, Mess- oder Suchwerkzeuge, sowie räumliche und semantische Abfragen. Durch interaktive Werkzeuge lassen sich räumliche Zusammenhänge intuitiv erfassen und thematische Darstellungen flexibel konfigurieren. Viele Systeme bieten darüber hinaus Dashboard-Elemente für Kennzahlen, Zeitverläufe oder Statusinformationen. Web-GIS-Viewer sind modular aufgebaut und lassen sich über Konfiguration oder Erweiterungen an projektspezifische Anforderungen anpassen.
Der Vorteil dieser Viewer ist, unter anderem, die Performanz der Darstellung. Die Daten werden in kleine Kacheln zerlegt und nur jene Bereiche geladen, welche im aktuellen Sichtfeld liegen. Gleichzeitig werden Informationen schrittweise nachgeladen: erst grobe Inhalte, dann Details. Moderne Viewer nutzen zudem hardwarebeschleunigtes Rendering direkt auf der Grafikkarte, was eine Darstellung auch auf mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets ermöglicht. Somit werden auch komplexe räumliche Datenmengen, wie Orthofotos, Höhenmodelle, Karten oder 3D-Szenen schnell und flüssig dargestellt und erhöhen zudem durch die Anbindung von GIS-Diensten die Dynamik der Darstellung. Vor allem große und/oder technisch sehr komplexe Projekte mit vielen Details bringen gängige (BIM-) Spezialsoftware oft an die Grenzen der Händelbarkeit bei zunehmendem Detaillierungs- und Projektfortschritt.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration
Für die Integration verschiedener Datenquellen auf einer Web-GIS-Plattform sind mehrere technische und inhaltliche Voraussetzungen zu erfüllen. Zentrale Grundlage ist ein einheitlich definierter Lage- und Höhenbezug, damit BIM-Modelle, Vermessungsergebnisse und Geodaten in einem gemeinsamen Koordinatenreferenzsystem zusammengeführt werden können. Ebenso wichtig ist die Aufbereitung der Informationen, bei der im Vorfeld Daten reduziert oder angereichert sowie für die Visualisierung auf der Plattform konfiguriert werden. Parallel dazu sollten die Anwendungsfälle der Plattform klar definiert sein – etwa Visualisierung, Flächenmanagement, Baustellenmonitoring, Leitungsrecherche oder Umweltanalysen –, da sie bestimmen, welche Daten benötigt werden und in welcher Tiefe sie bereitgestellt werden müssen. Auf dieser Basis erfolgt die Konfiguration der Benutzeroberfläche, bei der Layerstrukturen, Filterlogiken, thematische Karten, Dashboards und 3D-Sichten projektbezogen aufgebaut werden. Erst das Zusammenspiel aus sauberem Raumbezug, strukturierter Datenaufbereitung, definierten Nutzungsszenarien und einer zielgerichteten User-Interface-Konfiguration ermöglicht eine leistungsfähige und intuitiv nutzbare Web-GIS-Plattform für interdisziplinäre Projekte.
Wege zum integrierten digitalen Ökosystem
Eine langfristige Vision für den Einsatz von Web-GIS-Oberflächen liegt in der Entwicklung vollständig integrierter, intuitiver und dynamischer Projektplattformen, die räumliche, fachliche und zeitliche Informationen nahtlos miteinander verbinden. Web-GIS könnte künftig nicht nur als Visualisierungswerkzeug dienen, sondern als zentrale Steuerungsinstanz für Planung, Bau und Betrieb fungieren – inklusive automatisierter Datenpipelines, KI-gestützter Analysen, Live-Sensorik, digitaler Zwillinge und projektspezifischer Dashboards. Dadurch werden Informationen nicht mehr lediglich bereitgestellt, sondern aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden, sodass Risiken frühzeitig erkannt, Abläufe optimiert und komplexe Zusammenhänge in Echtzeit verständlich werden. Mit zunehmender Standardisierung und offenen Schnittstellen können Web-GIS-Plattformen zu einem gemeinsamen Arbeitsraum für alle Beteiligten werden, unabhängig von Fachdisziplin oder Software. So entsteht ein digitales Ökosystem, das Transparenz schafft, die Zusammenarbeit stärkt und Projekte ganzheitlich über ihren gesamten Lebenszyklus begleitet.
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