Patentstreit entschieden 02.04.2013, 16:00 Uhr

Novartis verliert Prozess um das Krebsmittel Glivec in Indien

Sieben Jahre lang prozessiert der Schweizer Pharmakonzern Novartis schon in Indien um den Patentschutz für sein Blutkrebs-Medikament Glivec. Jetzt hat der Oberste Gerichtshof in Neu Delhi endgültig entschieden und den Antrag auf Patentschutz abgelehnt. Damit ist der Weg frei für preiswerte Generika.

Das Krebsmedikament Veenat des indischen Konzerns Natco Pharma, ein Nachahmer-Produkt des Medikaments Glivec des Schweizer Konzerns Novartis, darf in Indien weiter produziert und verkauft werden. So hat das Oberste Gericht des Landes in letzter Instanz entschieden.

Das Krebsmedikament Veenat des indischen Konzerns Natco Pharma, ein Nachahmer-Produkt des Medikaments Glivec des Schweizer Konzerns Novartis, darf in Indien weiter produziert und verkauft werden. So hat das Oberste Gericht des Landes in letzter Instanz entschieden.

Foto: dpa

Ein Sieg für die „Apotheke der Armen“: Der oberste Gerichtshof Indiens hat die Rolle des Landes am Ganges als Lieferant für preiswerte Generika-Medikamente gestärkt. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis darf in Indien kein Patent auf sein Krebsmittel Glivec anmelden. Mit diesem wegweisenden Urteil endete ein siebenjähriger Patentrechtsstreit. Für die Rechtsanwältin Leena Menghaney, die die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ in Indien vertritt, ist dieses Urteil ein epochaler Schritt: „Das Urteil wird fundamentale Folgen haben. Es geht nicht nur um Indien.“

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Es geht vor allem um einen Riesenmarkt. Rund 90 Prozent aller in Indien produzierten Medikamente sind Generika, also Nachahmerprodukte von ehemals teuren patentgeschützten Medikamenten. Diese Generika kosten nur einen Bruchteil der von ausländischen Pharmakonzernen verlangten Preise. In Indien kostet die Glivec-Behandlung monatlich umgerechnet 3125 Euro. Das entsprechende Generikum ist für knapp 60 Euro zu bekommen.

Hilfsorganisationen decken sich in Indien mit billigen Medikamenten ein

Für die weltweit agierenden Hilfsorganisationen ist Indien als „Apotheke der Armen“ daher von entscheidender Bedeutung. Etwa 25 Milliarden US-Dollar beträgt der jährliche Gesamtumsatz mit Medikamenten in Indien. Im Inland verwendet wird aber nur die Hälfte der Produkte mit einem Wert von rund 13 Milliarden US-Dollar. Seit Jahren decken sich die Hilfsorganisationen am Ganges mit billigen Malaria- oder Aidsmitteln für ihre Arbeit in Afrika, Lateinamerika und Asien ein. Das belegen auch die jährlichen Wachstumsraten zwischen 15 und 17 Prozent des indischen Medikamenten-Marktes.

Oliver Moldenhauer von den „Ärzten ohne Grenzen“ zeigte sich sehr zufrieden mit dem abschließenden Urteil in dem langjährigen Patentrechtsstreit: „Hätte Novartis gewonnen, wäre die Produktion erschwinglicher Generika in Indien stark behindert und der Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten für Millionen Menschen weltweit erschwert worden.“

Novartis-Aktie auf Talfahrt

Novartis hingegen kritisiert das Urteil als innovationsfeindlich und als kontraproduktiv für den wissenschaftlichen Fortschritt im Pharmabereich. „Das Urteil ist ein Rückschlag für Patienten, denn es wird medizinischen Fortschritt für Krankheiten behindern, für die es derzeit noch keine effektiven Behandlungsmethoden gibt“, erklärte Ranjit Shahani von Novartis India. Das sahen offenbar die Anleger weltweit ähnlich. Der Aktienkurs von Novartis rauschte nach dem Urteil an der Börse von Mumbai um 6,8 Prozent auf 558,10 Rupien in den Rupienkeller und damit auf den tiefsten Stand seit Januar 2012.

Krebspatienten in Indien können nun weiterhin mit günstigen Generika-Produkten behandelt werden.

Krebspatienten in Indien können nun weiterhin mit günstigen Generika-Produkten behandelt werden.

Quelle: dpa

Ganz anders die Aktien indischer Generikaproduzenten wie Cipla, Ranbaxy Laboratories oder Natco Pharma, die allesamt zulegten. Dort ist die Freude über das Urteil naturgemäß riesig. Der Geschäftsführer für Rechtsangelegenheiten bei Natco Pharma, Madineedi Adinarayana, sprach von einem „großen Sieg“: „Davon profitieren nicht nur wir, sondern auch alle armen Menschen, die auf billige Medikamente angewiesen sind.“

Da ist was dran, denn das Blutkrebs-Medikament Glivec ist eine Lizenz zum Geldverdienen. Der Basler Pharmakonzern Novartis erzielt 2012 damit einen Umsatz von 4,9 Milliarden US-Dollar, also gut 3,8 Milliarden Euro. Novartis zeigt sich deshalb über das herbe Urteil aus Neu Dehli arg verschnupft, denn die neue Version von Glivec sei deutlich besser als der Vorläufer, weil diese jetzt als Pille verabreicht werden könne und so besser vom Körper aufgenommen werde.

Indien steht mit seiner bahnbrechenden Patententscheidung weltweit relativ isoliert da. Novartis hat für das neue Glivec in 40 Ländern der Welt seine beantragten Patente auch erhalten, darunter in Ländern wie China, Russland oder Taiwan.

„Evergreening“ wird durch das Urteil erschwert

Das indische Patentamt hatte die Patentierung von Glivec im Jahre 2006 abgelehnt, weil es in dem Mittel eben keine Neuerung erkannte. Für ein neues Patent auf ein Pharmamittel in Indien muss laut Paragraph 3-D im Patentgesetz des Landes eine „erhöhte therapeutische Wirksamkeit“ erreicht werden. Mit diesem Paragraphen will Indien das so genannte „Evergreening“ eindämmen, also das ständige Verlängern eines einmal erteilten Patentschutzes auf ein Medikament durch minimale Veränderungen zum patentierten Wirkstoff. Der oberste Gerichtshof schmetterte deshalb den Patentantrag von Novartis nach siebenjährigem Rechtsstreit endgültig ab. Auch die Argumentation des Schweizer Pharmariesen, Glivec sei sehr wohl eine Neuentwicklung, weil es nach jahrelanger Forschungsarbeit jetzt in eine Kristallform gebracht sei, die es ermögliche, das Mittel sicher zu verabreichen, ließ die obersten Richter in Neu Dehli kalt.

Rein wirtschaftlich hat der nun endgültig verlorene Rechtstreit für Novartis in Indien keine nennenswerten Auswirkungen, weil der Basler Konzern das Blutkrebsmittel dort ohnehin im Rahmen eines großen Spendenprogramms kostenlos abgibt. Seit 2002 hat Novartis über 1,3 Milliarden Euro in das Hilfsprogramm für Indien investiert, von dem 16 000 Patienten in dem Land am Ganges profitieren. Damit beziehen 95 Prozent der indischen Glivec-Nutzer das Mittel gratis.

Urteil hat große Bedeutung für Behandlung schwerer Krankheiten

Dem Urteil wird der Charakter eine Grundsatzentscheidung zugerechnet und dürfte deshalb Folgen haben für bezahlbare Behandlungen schwerer Erkrankungen wie Aids, Tuberkulose und Malaria. Hätte Novartis den Rechtsstreit um das Glivec-Patent gewonnen, so wären andere Pharmakonzerne auf den Zug aufgesprungen und hätten Patente auf ihre fortentwickelten Medikamente gegen diese Krankheiten geltend gemacht.

Die Pharmazeutin Andrea Issenger von der Schweizer-Sektion der Hilfsorganisation „Ärzten ohne Grenzen“ rechnet vor, das die Behandlung eines Aids-Kranken ohne Generika über 10 000 Dollar pro Jahr koste, mit Generika hingegen nur 120 Dollar. „Patienten in Indien und diejenigen in den Entwicklungsländern wie Thailand, Brasilien, Afrika südlich der Sahara, sollten alle jubeln“, sagt die Rechtsanwältin Leena Menghaney. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ kauft 80 Prozent der Aids-Medikamente in Indien.

Kein Ende des Konfliktes um Patente

Sicher ist allerdings auch, dass mit diesem Urteil kein Ende des jahrelangen Konfliktes um die preiswerten Generika als Gegenspieler teurer patentgeschützter Mittel in Sicht ist. Denn nahezu alle ausländischen Pharmafirmen haben ähnliche Verfahren angestrengt. Der Bayer-Konzern zum Beispiel klagt, weil Anfang März ein Patent für sein Krebsmittel Nexavar abgelehnt wurde. Der indische Generikahersteller Natco Pharma erhielt die „Compulsory Licence“, also eine Zwangslizenz, mit der er billige Kopien des Mittels herstellen und vermarkten darf. Die monatliche Behandlung mit dem Originalpräparat kostet etwa 4000 Euro. Der Natco-Nachahmer ist für 126 Euro zu haben. Dafür muss Natco dem Bayer-Konzern sieben Prozent des Umsatzes mit der Kopie zahlen.

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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