Europäischer Erfinderpreis 2019 09.05.2019, 16:30 Uhr

Europas klügste Köpfe

Tausende Patentanfragen werden jährlich beim Europäischen Patentamt eingereicht, doch nur wenige haben das Potenzial, Großes zu bewegen. Diese hier schon.

Das Europäische Parlament (EPA) hat die 15 Finalisten, die für den Europäischen Erfinderpreis 2019 nominiert sind, bekanntgegeben. Der Preis wird zum 14. Mal verliehen. Erfinder und Erfinderteams werden für ihre Kreativität ausgezeichnet. Die Finalisten kommen aus 12 Ländern, darunter Österreich, Deutschland, Japan, Italien und den USA. Der Preis wird in den Kategorien „Industrie“, „Forschung“, „Nicht-EPO-Staaten“, „KMU“ und „Lebenswerk“ vergeben.

Die Finalisten 2019 in den 5 Kategorien

Klaus Feichtinger und Manfred Hackl (AT) gehen mit einem verbesserten Kunststoffrecycling ins Rennen. Dank ihrer patentierten "Counter-Current-Technologie" kann heute eine viel größere Palette unterschiedlichster Kunststoffabfälle zu Regranulat verarbeitet werden.
Antonio Corredor Molguero und Carlos Fermín Menéndez Díaz aus Spanien haben eine Betonform für bessere Wellenbrecher erfunden.
Alexander van der Lely und Karel van den Berg (NL) sind für einen Melkroboter für gesündere Kühe nominiert.
Der Franzose Jérôme Galon hat ein Diagnosetool entwickelt, mit dem Mediziner anhand der Intensität der Immunantwort die Heilungschancen eines Krebspatienten bzw. das Risiko eines Wiederauftretens der Krankheit vorhersagen können.
Der deutsche Professor Matthias Mann, ein Pionier auf dem Gebiet der Proteomik, spürt die Anzeichen von Krankheiten bei einem Menschen auf, bevor dieser tatsächlich krank wird. Dafür hat er Verfahren entwickelt, mit denen man die in den menschlichen Zellen produzierten Proteine schnell analysieren kann.
Die italienische Zell- und Molekularbiologin und Onkologin Patrizia Paterlini-Bréchot hat ein schnelles, nicht-invasives Verfahren entwickelt, mit dem man eine einzelne zirkulierende Tumorzelle in einer 10-Milliliter-Blutprobe auffinden kann.
Für Eben Bayer und Gavin McIntyre, zwei US-amerikanische Unternehmer, war das Problem mit dem Plastikmüll der Ansporn, eine nachhaltige, leistungsfähige und zudem wirtschaftlich rentable Alternative zur Plastikverpackung zu finden. Nominiert sind sie für eine umweltfreundliche Verpackung aus Pilzen.
Der israelische Ingenieur Gideon Stein hat ein "sehendes" Fahrerassistenzsystem entwickelt, das Gefahren im Verkehr bei Tag und bei Nacht in Echtzeit erkennt und Unfälle verhindert.
Der Wissenschaftler Akira Yoshino (Japan) gilt als Vater der Lithium-Ionen-Batterie. Seine Erfindungen sind es, die heute für die Stromversorgung in fast fünf Milliarden Smartphones, in Elektrofahrzeugen und zahlreichen weiteren Geräten zuständig sind. Er ist Finalist aufgrund ebendieser Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie.
Esben Beck hat einen intelligenten Laser für gesündere Lachse entwickelt. Die Seelaus richtet in den Fischbeständen von Lachsfarmen auf der ganzen Welt beträchtlichen Schaden an.
Die Natur selbst war es, die den niederländischen Erfinder Rik Breur zu seiner Antifouling-Folie anregte. Diese umweltfreundliche Alternative zu giftigen Lacken wehrt die Ansiedlung von Algen, Seepocken und Muscheln auf Schiffsrümpfen ab, genau wie die stachlige Oberfläche eine Seeigels.
Nach jahrelangen Versuchen in ihrer Küche und im Labor gelang es den beiden britischen Materialwissenschaftlern Richard Palmer und Philip Green - beide sind auch leidenschaftliche Snowboarder - einen Schaum zu entwickeln, der weich und formbar ist, aber bei einem Aufprall steif wird.
Die spanische Wissenschaftlerin Margarita Salas Falgueras hat eine schnellere, einfachere und zuverlässigere Methode gefunden, um winzige Mengen von DNA-Spuren so weit zu replizieren, dass eine vollständige Genomanalyse möglich ist.
Der österreichische Physiker Maximilian Haider schaffte es, die Bildauflösung in der Elektronen­mikroskopie um mehr als den Faktor fünf zu erhöhen. Damit löste er ein Problem, für das die Wissenschaft 60 Jahre lang keine Lösung gefunden hatte.
Die polnische Softwareingenieurin Marta Karczewicz hat die Videokompression weiterentwickelt.

Die Erfindungen betreffen Bereiche und Herausforderungen der Gesellschaft und reichen von ökologischen Verpackungen über wiederaufladbare Batterien, Agrarwirtschaft, Krebsdiagnose, moderne Fahrerassistenzsysteme bis hin zum Kunststoffrecycling. Die Gewinner des Innovationspreises des EPA werden im Rahmen einer Galaveranstaltung am 20. Juni in Wien bekannt gegeben.

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Das sind die Gewinner des letzten Jahres

Der Europäische Erfinderpreis soll eine „Ehrung der kreativen Leistung aller Erfinder dieser Welt“ sein, eine Hommage an den Erfindergeist an sich. Die 6 Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2018 sehen Sie hier.

Jens Frahm
Jens Frahm, dem Gewinner in der Kategorie „Forschung“, ist es zu verdanken, dass MRT-Untersuchungen nur noch Minuten statt wie zuvor Stunden dauern.

Foto: EPA

Ursula Keller
Ursula Keller aus der Schweiz legte die Grundlagen für Ultrakurzpulslaser. Damit konnte sie den Wettbewerb 2018 in der Kategorie „Lebenswerk“ für sich entscheiden.

Foto: EPA

Jane ní Dhulchaointigh
Jane ní Dhulchaointigh aus Irland hat den formbaren Hochleistungskleber „Sugru“ entwickelt – und damit den ersten Platz in der Kategorie „KMU“ belegt.

Foto: EPA

Agnès Poulbot
Agnès Poulbot hat einen sich selbst regenerierenden Reifen entwickelt und damit den Wettbewerb in der Kategorie „Industrie“ für sich entschieden.

Foto: EPA

Esther Sans Takeuchi
Esther Sans Takeuchi aus den USA ist Siegerin der Kategorie „Nicht-EPA-Staaten“. Ihre ausdauernden Li/SVO-Batterien ersparen Herzpatienten wiederkehrende Operationen.

Foto: EPA

Vadim Banine (li.) und Erik Loopstra mit der Trophäe des Europäischen Erfinderpreises
Vadim Banine (li.) und Erik Loopstra haben die Lithografie mit Extrem-Ultraviolett-Strahlung (EUVL) zur Herstellung schnellerer und leistungsstärkerer Mikrochips entwickelt. Dafür bekamen sie den Publikumspreis 2018.

Foto: EPA

Der regenerierende Reifen von Agnès Poulbot und Jacques Barraud

Reifen sind die stillen Helden aller Autos. Ihnen werden laufend Höchstleistungen abverlangt: Sie müssen eine sichere Traktion gewährleisten – und gleichzeitig einen niedrigen Rollwiderstand bieten. Sie sollen heftigen Stößen von der Fahrbahn trotzen – und trotzdem Tausende von Kilometern halten. Dementsprechend sind sie seit über 100 Jahren Gegenstand intensiver Forschung. Trotzdem ist es den beiden französischen Wissenschaftlern Agnès Poulbot und Jacques Barraud gelungen, eine ganz neue Pneuklasse zu etablieren. Deren Lauffläche regeneriert sich bei Verschleiß von selbst. Außerdem bieten sie eine erhöhte Kraftstoffeffizienz und eine um bis zu 20 % verlängerte Lebenszeit. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises zeigte sich am Donnerstag begeistert – und wählte das Erfinderduo auf den ersten Platz in der Kategorie „Industrie“.

Das Geheimnis des sogenannten Regenion-Reifens ist seine – im wahrsten Sinne des Wortes – Vielschichtigkeit: Seine Lauffläche ist mehrlagig. Wenn er erstmalig aufgezogen wird, ist zunächst nur die äußere Traktionsschicht sichtbar. Im Lauf der Zeit nutzt sich diese ab und darunter wird eine neue Lauffläche sichtbar – mit speziell angeordneten Rippen und Vertiefungen. Nach einer gewissen Zeit nutzt sich auch diese zweite Schicht ab, und eine dritte erscheint. Jede Schicht hat nur ein flaches Profil, das für minimalen Energieverlust und möglichst niedrigen Rollwiderstand optimiert ist. Dadurch wird die Lebensdauer des Reifens entsprechend der Anzahl von Schichten der Lauffläche verlängert.

Die schnelle MRT von Jens Frahm

In der Kategorie „Forschung“ setzte sich der Deutsche Jens Frahm durch. Dem Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen ist zu verdanken, dass der unangenehme Aufenthalt in der MRT-Röhre (Magnetresonanztomographie) nur noch ein paar Minuten dauert. Vor seiner Erfindung von 1985 vergingen regelmäßig mehrere Stunden, bis ausreichend scharfe Einblicke ins Innere des Menschen möglich wurden. Seine Idee hat er „Fast Low Angle Shot“ (Flash) getauft. Der Name verrät schon, worum es inhaltlich geht: Statt die vom Magnetfeld eingenordeten Wasserstoffatome mittels Radiowellen um 90 Grad auszulenken, begnügte er sich mit 5 Grad bis 15 Grad. Die Atome schwingen nach Abschaltung der Störfrequenz also deutlich schneller in ihre Ausgangsposition zurück. Das erlaubt schnellere Bildfolgen. Die Untersuchungszeit wird unter dem Strich um den Faktor hundert reduziert. Die Bildgebungsmethode, die er mit seinem Team damals entwickelte, ist seither Grundlage für fast alle medizinischen Magnetresonanzanwendungen auf der Welt. Heute ist „Flash“ für die Max-Planck-Gesellschaft der gewinnträchtigste Wert in ihrem IP-Portfolio.

Der Superkleber von Jane ní Dhulchaointigh

Die irische Produktdesignerin Jane ní Dhulchaointigh und ihr Team haben den Erfinderwettbewerb in der Kategorie „Kleine und mittlere Unternehmen“ gewonnen. Ihr Produkt: ein formbarer Multifunktionsklebstoff. Sein Name: „Sugru“. Seine Besonderheit: Er verbindet die Stärke eines Hochleistungsklebers mit der Biegsamkeit von Gummi. Die Erfindung eröffnet neue Möglichkeiten, Gegenstände zu reparieren und sie individuell anzupassen. Wenn Sugru – das in einer Reihe unterschiedlicher Farben erhältlich ist – aus der Verpackung entnommen wird, bleibt die Masse etwa 30 min lang formbar. Dann dauert es ungefähr 24 h, bis sie ausgehärtet ist und eine gummiartige Oberfläche entwickelt hat. Sugru ist formstabil, elastisch und wasserfest und hält Temperaturen von -50 °C bis +180 °C stand. Es haftet auf einer Vielzahl von Materialien, beispielsweise auf Metall, Glas, Textilien oder Keramik. Von den meisten Oberflächen lässt es sich mithilfe eines scharfen Messers leicht wieder entfernen. 2010 landete Sugru auf Platz 22 der „50 besten Erfindungen des Jahres“ in der Liste des Time Magazines. Zum Vergleich: Das iPad nahm in diesem Jahr Platz 34 ein.

Die Li/SVO-Batterie von Esther Sans Takeuchi

Zur besten Erfindung aus einem nicht-europäischen Staate, wurden die Batterien der Chemieingenieurin Esther Sans Takeuchi aus den USA gewählt. Ihre Lithium/Silber-Vanadiumoxid-Kraftpakete (Li/SVO-Batterien) werden meist in implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren (ICDs) genutzt. ICDs werden unter die Haut implantiert und mit dem Herzen verbunden.

Sie erkennen Unregelmäßigkeiten im Herzrhythmus und liefern genau den richtigen elektrischen Impuls, um den normalen Rhythmus wiederherzustellen. Dazu benötigen sie allerdings einen elektrischen Strom von etwa 2 A bis 3 A zur Ladung ihres Kondensators. Das ist mehr als eine Million Mal die Stromstärke, die für einen Herzschrittmacher benötigt wird. Die Li/SVO-Batterien der Amerikanerin sind seit Mitte der 80er-Jahre verfügbar und halten bis zu fünf Jahre lang. Sie ersparen Tausenden von Patienten jährliche Operationen zum Zwecke des Batterieaustauschs.

Ursula Kellers Beitrag zu Ultrakurzpulslasern

In der Kategorie „Lebenswerk“ setzte sich Ursula Keller aus der Schweiz durch. Sie hat 1992 den „sättigbaren Halbleiterabsorberspiegel“, kurz „SESAM“ (für „semiconductor saturable absorber mirror“) entwickelt. Er ist die Basis für fast alle heute verfügbaren Ultrakurzpulslaser (UKP). Diese senden hochenergetische Laserlichtpulse im Bereich von Pikosekunden (10-12 s) bis Femtosekunden (10-15 s) aus – und das mehrere Milliarden Male pro Sekunde. Der globale Markt für ultraschnelle Laser wurde 2017 auf 2,17 Mrd. € beziffert. Das entspricht einem Anteil von rund einem Fünftel am Gesamtmarkt für Lasersysteme.

UKP-Laser finden Einsatz in verschiedensten Industriebereichen sowie in der Medizin. Nur sie ermöglichen die sogenannte kalte Ablation. Dabei wird Material abgetragen, ohne dass es zu einer mechanischen oder thermischen Schädigung des Werkstücks bzw. des umliegenden Gewebes kommt.

Dieser Text stammt von Stefan Asche und wurde zuerst in den VDI nachrichten veröffentlicht.

Frühere Preisträger und Nominierte des Europäischen Erfinderpreises

Da der Preis schon einige Jahre vergeben wird, lohnt sich auch ein Blick zurück.

2017 standen der Chemiker Ernst Krendlinger und sein Chef Günter Hufschmid mit einer Zauberwatte gegen Ölpest im Finale.

Wer 2017 alles nominiert war und vor allem wofür, sehen Sie in unserer Bildergalerie.

Günter Hufschmid, nominiert in der Kategorie „Kleine und mittelständische Unternehmen“Watte gegen ÖlDie Nominierten der Kategorie „KMU“ haben sich in diesem Jahr dem Öl verschrieben. So wie Günter Hufschmid, Vorstandschef des Wachsherstellers Deurex. Er ist für eine Wachswatte nominiert, die Öl und Chemikalien binden kann und zwar rückstandslos. Das hat sie bereits beim Elbe-Hochwasser vor vier Jahren bewiesen als sie ausgelaufenes Heizöl aus den Überschwemmungsgebieten fischte. Sie beweist es aber auch auf den Meeren dieser Welt oder im Nigerdelta, wo die Umweltorganisation One Earth – One Ocean sie bei einem Ölreinigungsprojekt einsetzte.Die Erfindung basiert übrigens auf einem Missgeschick. Über Nacht produzierten die Sachsen-Anhalter aufgrund einer falsch eingestellten Maschine zehn Tonnen weiße Wachswolle - ein Abfallprodukt, das künftig großflächig Öl aus unseren Meeren filtern könnte.

Foto: EPA

Gert-Jan Gruter, nominiert in der Kategorie „Kleine und mittelständische Unternehmen“Plastikflasche aus ZuckerSchluss mit Plastik, das könnte das Motto von Gert-Jan Gruter sein. Er ist CTO des niederländischen Chemieunternehmens Avantium und nominiert, weil er eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichem Kunststoff entwickelt hat, den Biokunststoff PEF. PEF steht für Polyethylenfuranoat und ist ein auf Basis pflanzlichen Zuckers hergestellter Kunststoff. Die von Avantium produzierten Flaschen aus PEF sind zu 100% wiederverwertbar und haben sogar eine höhere Dichtigkeit als herkömmliche Plastikflaschen.Bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio soll die PEF-Flasche von Avantium massenhaft zum Einsatz kommen, das plant zumindest das japanische Handelshaus Mitsui (warum, berichteten wir hier). Im Moment haben Biokunststoffe einen Marktanteil von nur 1%. 

Foto: EPA

Steve Lindsey, nominiert in der Kategorie „Kleine und mittelständische Unternehmen“Effizienter LuftkompressorDruckluft wird häufig als "vierter Hilfsstoff" bezeichnet. Entsprechend finden sich Kompressoren fast überall, ob in Produktionsmaschinen oder Klimaanlagen. Doch die weit verbreiteten Kolbenkompressoren sind laut und ziemlich ineffizient. Deshalb ist Steve Lindsey, Geschäftsführer des britischen Start-ups Lontra, mit seinem energiesparenden Luftkompressor für den Europäischen Erfinderpreis 2017 nominiert.Wie die EPA schreibt, zeichnet sich der Kompressor durch den Zylinderbereich aus, der als ringförmige Kammer angelegt ist. Ein Kolbenblatt bewegt sich durch die Länge dieser Kammer hindurch und komprimiert dabei die vor ihr befindliche Luft, während es gleichzeitig die hinter ihr liegende Luft einzieht. Mit dieser kontinuierlichen Kompression überwindet der Blade Compressor den größten Nachteil des konventionellen Kolbenkompressors. Mit dieser Idee kann sich Lindsey Hoffnung machen, ein Stück vom globalen Markt der Luftverdichter abzubekommen. Der Kuchen hat immerhin ein geschätztes Volumen von 23,5 Mrd. EUR jährlich.

Foto: EPA

Günter W. Hein (1.v.r.), nominiert in der Kategorie "Forschung"Herz des GalileoEr selbst ist eigentlich „Head of Galileo“, dem Satellitennavigations- und Ortungssystem der Europäischen Raumfahragentur ESA. Aber entwickelt hat er gemeinsam mit einem europäischen Team aus Ingenieuren das Herz des Systems: die Signaltechnik. Sie ist genauer als der amerikanische Konkurrent GPS und kann Autos schon heute auf den Zentimeter genau verorten – eine gute Voraussetzung für die Zukunft mit autonomen Systemen (wir berichteten). Auf dem Bild sind (vl.l.) die Entwickler Laurent Lestarquit, Lionel Ries, Jean-Luc Issler, José Ángel Ávila Rodríguez und Günter W. Hein gemeinsam abgebildet.

Foto: EPA

Hans Clevers, nominiert in der Kategorie „Forschung“Vater der OrganoidenDer Niederländer Hans Clevers und seine Entdeckung dürften einigen bekannt vorkommen: Clevers fand heraus, dass sich aus adulten menschlichen Stammzellen Mini-Organe züchten lassen. Denn Stammzellen können alle Zelltypen nachbilden. Also lernte Clevers, die adulten Stammzellen im Körper zu erkennen, zu isolieren und dreidimensionale Organe daraus zu züchten. Noch sind diese Organe winzig, aber sie tragen denselben Gencode in sich wie das Organ, dem sie entstammen. Damit birgt die Entdeckung großes Potenzial etwa für Krebspatienten oder Brandopfer. Für diese Entdeckung erhielt Clevers im vergangenen Jahr bereits den Körber-Preis. 

Foto: EPA

Sylviane Muller, nominiert in der Kategorie „Forschung“Kampf gegen LupusDie Autoimmunkrankheit Lupus, bei der das Immunsystem körpereigene gesunde Zellen angreift, betrifft weltweit gerade einmal 5 Millionen Menschen, davon 90% Frauen. Sie wird gewöhnlich mit Schmerzmitteln behandelt, später mit Medikamenten, die das Immunsystem schwächen, sogenannte Immunsuppressiva. Heilung gibt es bisher nicht.Doch Sylviane Muller vom französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung ist für die Entwicklung eines Medikaments nominiert, das nicht das komplette Immunsystem, sondern nur die spezifische Fehlfunktion bei Lupus korrigiert. Derzeit ist das Medikament in der Phase-III-Studie, doch auf dem Wirkstoff ruhen schon heute große Hoffnungen.

Foto: EPA

Lars Liljeryd, nominiert in der Kategorie „Industrie“Meister des guten GehörsWer gerne Musik streamt, hat diesem Mann etwas zu verdanken. Denn der schwedische Erfinder Lars Liljeryd hat die Spektralbandreplikation entwickelt. "Na klar, die SBR", denken sich wenige. "Wie bitte, Spektral?", fragen sich die anderen. Mit der SBR können Audiodateien bei niedrigen Bitraten komprimiert werden, da sie eine Kodierung ohne große Verluste ermöglicht.Das Verfahren macht sich eine menschliche Schwäche zunutze: Unser Gehör kann höhere Frequenzen schlechter wahrnehmen, die SBR kodiert diese daher nur indirekt mittels Steuersignalen aus mittleren und tieferen Signalen.

Foto: EPA

Giuseppe Remuzzi, nominiert in der Kategorie „Industrie“Bewahrer vor der DialyseIn einem gesunden Körper sorgen die Nieren dafür, dass das Blut kontinuierlich reingewaschen wird von Giftstoffen und überflüssigem Wasser. Sie erfüllen damit eine wichtige Funktion, die rund 200 Millionen Menschen weltweit künstlich nachstellen müssen – mit regelmäßigen Arztbesuchen zur Dialyse.Diesen Menschen kommt die Erfindung von Giuseppe Remuzzi und seinen Kolleginnen Carlamaria Zoja und Ariela Benigni zugute. In den 1980er Jahren hatte Remuzzi die nierenrettenden Eigenschaften bestimmter Enzyminhibitoren entdeckt und daraus Mechanismen für ein späteres Medikament abgeleitet. Die auf ACE-Hemmern basierenden Medikamente sind mittlerweile Teil der Standardtherapien gegen chronische Nierenkrankheiten und werden auch nach Organtransplantationen angewandt. Und für die Versorgung von Patienten in Entwicklungsländern hat Remuzzi eine eigene Wohltätigkeitsorganisation gegründet.

Foto: EPA

Jan van den Boogaart und Oliver Hayden, nominiert in der Kategorie „Industrie“Der Malaria auf der SpurUnd es gibt noch größere medizinische Katastrophen auf dieser Welt: Alle zwölf Sekunden stirbt ein Mensch durch Malaria, oftmals, weil die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt wurde. Die Wissenschaftler Jan van den Boogaart aus den Niederlanden und Oliver Hayden aus Österreich haben einen automatisierten computerbasierten Bluttest entwickelt, der das ändert. Durch ihren IT-Ansatz konnten sie einen datenbasierten Fingerabdruck der Malaria erkennen, mit dem die Krankheit im Blut mit einer Sicherheit von 97% diagnostiziert werden kann. Siemens hat die Methode aufgegriffen und einen marktfähigen Bluttest entwickelt. Die Forscher Boogaart und Hayden arbeiten derweil daran, Leukämie ebenfalls einen solchen Fingerabdruck zuzuordnen.Übrigens: Im Kampf gegen Malaria schickt sich die Weltgesundheitsorganisation gerade an, eine weitere wichtige Hürde zu nehmen. Sie bereitet ein Pilotprojekt für 2018 vor, in dem der weltweit erste Impfstoff gegen Malaria in Ghana, Kenia und Malawi eingesetzt werden soll. Wir berichteten 2015 über den dabei eingesetzten Wirkstoff RTS,S.

Foto: EPA

Adnane Remmal, nominiert in der Kategorie „Außereuropäische Staaten“Mit Ölen gegen multiresistente KeimeWir bleiben in der Medizin. Mehr noch als mit Malaria haben die meisten Krankenhäuser weltweit mit multiresistenten Bakterien zu kämpfen. Die Bundesregierung hat ein eigenes Forschungsprojekt initiiert, um wirksame Antibiotika zu entwickeln. Der marokkanische Biologieprofessor Adnane Remmal hat das mittels ätherischer Öle aus seiner Heimat geschafft.Seit den 1990er Jahren arbeitet Remmal an der patiententauglichen Kombination von Antibiotika und ätherischen Ölen. Vor drei Jahren hat er ein Patent des EPA dafür erhalten und das darauf basierende Medikament soll noch dieses Jahr auf den Markt kommen. Und auch für den Einsatz in der Landwirtschaft und der Tierhaltung hat Remmal aus dem patentierten Wirkstoff ein Ergänzungsmittel entwickelt, das den übermäßigen Einsatz von Antibiotika verringern soll. 

Foto: EPA

Waleed Hassanein, nominiert in der Kategorie „Außereuropäische Staaten“; Organtransporte in natürlicher Umgebung: Rund 3000 Organe wurden in Deutschland im Jahr 2015 transplantiert und noch viel mehr Menschen warten auf geeignete Organe. Doch immer wieder gehen die wertvollen Organe verloren, weil sie auf dem Weg zum Spender kaputt gehen. Der US-amerikanische Herzchirurg Waleed Hassanein ist mit einem Verfahren für den Europäischen Erfinderpreis nominiert, das die Erhaltung eines Spenderorgans außerhalb des menschlichen Körpers verbessert.Bisher wurden entnommene Organe mit einer sterilen Lösung anstelle von Blut gefüllt und dann in ca 4°C kaltem Eiswasser gelagert, um sie binnen 5 h (Herz) bzw. 24 h (Nieren) zum Empfänger zu transportiert. Das System basierte darauf, den Tod der Organe hinauszuzögern. Das Organ Care System (OCS) von Hassanein dagegen erhält die Vitalfunktionen, indem es das Organ kontinuierlich mit warmem, sauerstoffreichem Blut versorgt. Das System gaukelt dem Organ sozusagen vor, noch in einem lebenden Organismus zu sein. 

Foto: EPA

James G. Fujimoto, nominiert in der Kategorie „Außereuropäische Staaten“Detektive im menschlichen GewebeDank der Erfindung der beiden US-Ingenieure James G. Fujimotot du Eric A. Swanson und dem deutschen Physiker Robert Huber, können Mediziner in Echtzeit in menschliches Gewebe schauen. Die drei Wissenschaftler haben die Optische Kohärenztomographie (OCT) entwickelt, ein bildgebendes Verfahren, das mittlerweile Standard bei der Augenuntersuchung ist.Durch OCT können Mediziner aber nicht nur Grünen Star, sondern auch Tumore wie Krebs erkennen. Das System arbeitet ähnlich wie Ultraschall, aber anstelle von Schallwellen nutzt das Verfahren das „Echo“ von Lichtstrahlen, die von menschlichem Gewebe gebrochen werden.

Foto: EPA

Elmar Mock, nominiert in der Kategorie „Lebenswerk“Schweizer Uhren gehören zu dem edelsten Accessoires der Welt. Und meist sind sie unerschwinglich. Anders ist das bei der Traditionsmarke Swatch, die mit einer bezahlbaren und zuverlässigen Uhr der Konkurrenz aus Asien die Stirn bieten wollte. Die Idee ging auf. Einer der Väter dieser Uhr war der Ingenieur Elmar Mock, der das Kunststoffschweißverfahren in die Entwicklung einbrachte und später viele, viele Patentfamilien über alle Branchen hinweg initiierte.„Mock ist ein Erfinder, der es gewagt hat, den bis dahin als unantastbar geltenden Standard der Uhrenherstellung zu hinterfragen. Indem er mit Konventionen brach, gab er der Welt nicht nur ein Kultobjekt. Er baute auch ein erfolgreiches Unternehmen auf, bei dem sich alles um Erfindungen dreht“, begründete EPA-Präsident Benoît Battistelli die Nominierung.

Foto: EPA

Rino Rappuoli, nominiert in der Kategorie „Lebenswerk“Dass Infektionskrankheiten wie bakterielle Hirnhautentzündung, Keuchhusten und Pneumokokken in den entwickelten Ländern dieser Welt keine große Bedeutung mehr zukommt, ist ihm zu verdanken: dem italienischen Mikrobiologen Rino Rappuoli. Er entwickelte Impfstoffe gegen all diese Krankheiten, u.a. indem er Teile des genetischen Codes der Bakterien gezielt mutierte. Ende der 1990er entwickelte er gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern auch eine Methode, um Impfstoffe am Computer zu generieren. Heute ist Rappuoli Leiter der Impfstoffforschung bei Novartis in Siena.

Foto: EPA

Axel Ullrich, nominiert in der Kategorie „Lebenswerk“Axel Ullrich ist Biochemiker und Direktor der Abteilung für Molekularbiologie am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried. Seine Forschungen haben u.a. wegweisende Krebsmedikamente und ein neues Verständnis gentechnischer Prozesse hervorgebracht. Die Krebsmedikamente etwa wirken, indem sie die Blutzufuhr zu den Tumorzellen unterbinden und sie damit von weiterem Wachstum abhalten. Details zu seinem Lebenswerk gibt’s bei epo.org. 

Foto: EPA

2015 wurde der Meeresbiologe Hendrik Marius Jonkers für seinen selbstheilenden Beton nominiert. Mehr zur Selbstheilung durch Bakterien

2014 wurden Forscher u.a. für einen Airbag-Fahrradhelm, ein Genlabor auf einem USB-Stick und luftreinigende Fassadenfarbe nominiert. Mehr zu den Nominierten 2014.

2013 zeichnete das Europäische Patentamt Martin Schaft für sein Lebenswerk aus. Der Schweizer Physiker hatte im Jahr 1970 die erste LCD-Anzeige entwickelt. 
 

Ein Beitrag von:

  • Lisa Diez-Holz

    Die Autorin war von 2017 bis Ende 2019 Content Managerin für das TechnikKarriere-News-Portal des VDI Verlags. Zuvor schrieb sie als Redakteurin für die VDI nachrichten.

  • Stefan Asche

    Stefan Asche

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: 3-D-Druck/Additive Fertigung, Konstruktion/Engineering, Logistik, Werkzeugmaschinen, Laser

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