Tauchglockenschiff "Carl Straat" in Aktion 27.06.2013, 14:15 Uhr

Trockenen Fußes auf dem Grund des Rheins arbeiten

Das Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg-Rhein leistet sich mit dem Tauchglockenschiff „Carl Straat“ ein zumindest in Europa einzigartiges Spezialschiff. Seine Crew kann bis 10 m unter Wasser gefährliche Hindernisse wegräumen, Wehre und Schleusen überprüfen, Bojen verankern oder Bodenuntersuchungen vornehmen. Dazu bedient sie sich einer nach unten offenen Stahlglocke, aus der mittels Überdruck das Flusswasser ausgesperrt wird.

Das Taucherglockenschiff “Carl Straat“ ermöglicht es, im Trockenen unter Wasser Untersuchungen und Arbeiten durchzuführen. Die Tauchglocke wird mittels Überdruck in Abhängigkeit von der Tauchtiefe gegen eindringendes Wasser geschützt. Die Taucherglocke funktioniert also unter Wasser wie ein umgestülpter Becher. 

Das Taucherglockenschiff “Carl Straat“ ermöglicht es, im Trockenen unter Wasser Untersuchungen und Arbeiten durchzuführen. Die Tauchglocke wird mittels Überdruck in Abhängigkeit von der Tauchtiefe gegen eindringendes Wasser geschützt. Die Taucherglocke funktioniert also unter Wasser wie ein umgestülpter Becher. 

Foto: WSV

Kraftvoll zieht Dirk Münstermann das schwere Schott heran, verriegelt es von innen. Dann greift er nach oben, dreht an einem Rad. Sofort drückt es auf den Ohren, man beginnt zu schlucken. Doch das ist Sinn der kleinen Kammer, die an eine Raumfahrerkapsel erinnert: In dieser Druckluftschleuse wird der Luftdruck an den höheren Luftinnendruck angeglichen, der 10 m tiefer in der stählernen Tauchglocke herrscht – auf dem Grund des Rheins.

Dunst und Höllenlärm

Die beiden Männer in der Kammer akklimatisieren sich. Nach mehreren Minuten ist ausreichend Druck aufgebaut und Sebastian Czwalinna, der zweite Matrose, öffnet die gegenüberliegende Stahlluke. Dahinter liegt ein enges Schachtrohr, das über eine 15 m lange Eisentreppe scheinbar in den Orkus führt. Denn mit jeder Stufe verstärken sich Dunst und Höllenlärm. Es ist laut, schwül und neblig. „Das rührt aus der Temperaturdifferenz zwischen der warmen Luft in der Glocke und dem Rheinwasser, das hier noch recht kühl ist“, schreit Münstermann gegen den Krach an, den die schnelle Strömung sowie der anbrandende Flusskies in der Tauchglocke verursachen.

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Die Luftfeuchtigkeit pendelt um 100 %, der Druckmesser meldet knapp ein Bar Überdruck. Das sei schon extrem, versichern die Männer. So tief unter Wasser, knapp 10 m sind es heute, arbeiten die beiden nur zwei-, dreimal im Jahr. Weiter hinab reichen auch die Stahltrosse der Glocke nicht.

Die nach unten offene Tauchglocke funktioniert wie ein umgestülptes Glas: Sobald ihre Unterkante ins Wasser taucht, bläst ein Kompressor Druckluft in sie hinein. Der Überdruck verhindert das Eindringen von Wasser.

Wasser steht noch gut 30 Zentimeter hoch

Innen um die Glocke laufen Gitterroste, auf denen Münstermann und Czwalinna beim Arbeiten stehen. Während der Kies gegen die Glockenwand donnert, greifen sich die beiden lange Eisenstangen und bewegen diese schlangenförmig über den Boden des Rheins. Dabei ist die Tauchglocke nicht völlig auf dem Rheinboden abgesetzt, in der Glocke steht das Wasser noch gut 30 cm hoch. Was sie hier im Verladehafen des „Chemparks“ in Dormagen suchen, sind Anker. Genauer: verlorene Anker, die etwa von Schiffen abgerissen wurden, als sie hier lagen.

Seit Tagen schon geht die Suche der „Carl Straat“, der Hafen ist ein recht heikler Einsatzort. Hier werden teils hochgiftige, teils explosive Dinge wie Chemikalien oder Treibstoffe in Spezialfrachter gefüllt. Intern spricht man von der „gefährlichsten Raffinerie Deutschlands“.

Solche Spezialfrachter dürfen wegen der streng separiert zu befördernden Substanzen nicht durchgeschüttelt, geschweige von unten aufgerissen werden – etwa durch einen verwaisten Anker am Grund. Die Strömung hält den Kies am Grund des Rheins in steter Wanderschaft, sodass Anker oder andere Stahlteile im Wasser nach oben gedrückt werden können. Zuweilen stehen sie dann fast aufrecht und wirken wie ein Dosenöffner, vor allem bei Niedrigwasser. Immerhin haben schwere Containerschiffe einen Tiefgang bis 4 m.

120 Tonnen graben sich tief in die Rheinsohle

Plötzlich ein dunkler Schatten im schäumenden Wasser vor den beiden. Münstermann greift zum Telefon, ruft die Brücke an. Sofort senkt sich die Glocke vollends ab, mit ihren 120 t Gewicht gräbt sie sich tief in die Rheinsohle ein, in den Ohren summt es, als das letzte Wasser aus der Glocke gepresst wird.

Nun stehen die Männer trockenen Fußes 10 m unter der Oberfläche auf einer Fläche von vier mal sechs Metern Rheinboden – so groß ist die Öffnung der Glocke. „Alles noch jungfräulich, hier hat noch nie ein Mensch gestanden!“, freut sich Czwalinna. Doch was sie aufgespürt haben, ist nur ein langes Brett. Es lässt sich per Hand herausholen. Die schwere Technik an den Wänden der bestens ausgestatteten Unterwasserwerkstatt – Seilwinden, Kranvorrichtungen, Druckluftbohrer, Presslufthammer, Schweißgeräte – ist dazu nicht nötig.

Die Glocke hebt sich wieder leicht, die Männer steigen wieder auf ihre Roste, Rheinwasser schwappt wieder über die Rheinsohle, mit einer Geschwindigkeit von 2 m/s. Die Männer greifen wieder zu ihren Stangen. Weshalb aber so antiquiert, mit langen Stangen? „Weil bei so viel Eisen ringsherum ein Detektor nicht funktioniert“, ruft Münstermann. Aber auch so wissen sie genau, wie es sich anfühlt oder anhört, wonach sie fahnden: Ein großer spitzer Steinbrocken klingt anders als Ankerstahl.

Bisweilen ist auch ein verunglücktes Auto dabei, wie jener Smart Ende 2011. Nachdem Experten vergebens versucht hatten, ihn per Echolot zu orten, musste die „Carl Straat“ ran. Und da die Tauchglocke locker 15 t hebt, war auch der Smart kein Problem, lacht Münstermann.

An Deck hat ein Monitor alles im Blick

Gleichmäßig stochern sie weiter mit ihren stählernen Wünschelruten am trüben Rheingrund des Dormagener Hafens. Was sie dort unten tun, bleib allerdings nicht unbeobachtet. 10 m und zwei Decks höher hat Schiffsführer Thomas Bach per Monitor alles im Blick. Zugleich ist er der wichtigste Navigator. Denn da die Glocke selbst starr ist, muss er stets das ganze 52 m lange Schiff bewegen, damit seine Männer unten punktgenau das vorgegebene Raster abarbeiten können. Dazu giert er, wie es im Fachjargon heißt, den Spezialkahn an zwei Stahlseilen zehn bis 15 m hin und her. Er stellt ihn quasi etwas quer zur Strömung, um ihn dann in die gewünschte Position treiben zu lassen.

Für den 48-Jährigen ist das schlicht Handwerk – und viel Erfahrung. „Wir manövrieren eben viel mehr als normale Frachter“, erzählt er. Häufiges Drehen, gegen die Strömung lenken, in kleine tückische Löcher hineinfahren – das gehöre zu ihrem täglichen Job, so der Schiffsführer, der als Sohn eines Binnenschiffers auf Deckplanken laufen lernte und fast sein ganzes bisheriges Berufsleben über Rhein, Elbe oder Mosel schipperte. Seit acht Jahren ist er der Käpt’n auf der „Carl Straat“, auch wenn es diesen Titel offiziell nicht gibt in der deutschen Flussschifffahrt.

Während Bach erzählt, sitzt er keine halbe Minute still auf seinem Drehsessel auf der Brücke. Er beobachtet den Schiffsverkehr, hat stets ein Auge auf den Monitor mit den Bildern aus der Glocke, hört den Funkverkehr der Schiffe ab, spricht ins Mikrofon, kontrolliert Bord-Radar und Echolot.

Dienstleister für Wasserstraßenämter

Gewöhnlich arbeitet seine Truppe als Dienstleister für die jeweiligen Wasserstraßenämter. Deren Messboote haben die Fremdkörper am Grund oft schon per Echolot lokalisiert und teilen der „Carl Straat“ die Koordinaten mit. Hier, im Hafen, müssen Kapitän Bach und seine Leute jedoch selbst den Grund absuchen. Den Raster hierfür gibt ihnen die Größe der Glocke vor.

Derweil suchen in den Tiefen von Vater Rhein die Männer weiter nach tückischem Treibgut. Erst zwei Tage zuvor fanden sie einen alten Anker. „Made in Korea, nicht die allerbeste Güte“, winkt Czwalinna ab. Auch jetzt – Münstermann greift schon zum Hörer – scheint sich einer aus dem Kies zu schälen. Die Glocke senkt sich erneut, das Wasser wird herausgedrückt, doch es ist blinder Alarm: Der Anker gehört zu einem holländischen Schiff, das nebenan im Hafen gerade beladen wird.

Dabei könnte die Crew der „Carl Straat“ schon einige Geschichten erzählen, was da so alles durch ihre Tauchglocke wieder ans Licht kam. Ganze Container sind darunter, so als 2007 der Frachter Excelsior bei Köln gleich 14 Riesenbehälter in die Fahrrinne rutschten ließ, und diese damit blockierte. Oder eine Weltkriegsbombe bei Eltville, die zunächst noch mal in der Glocke hin- und herrollte. „Da hältst du den Atem an.“

Immer auf der Suche nach Autos

Und immer sind sie auf der Suche nach Autos. „Oft wohl versuchter Versicherungsbetrug“, vermutet Münstermann. Einmal habe indes auch noch eine Leiche dringesessen.

Heute wird es jedoch ein kurzer Tag auf dem Grund des Rheins. Denn für Arbeiten ab 8,50 m Wassertiefe dürfen sie aus Gründen der Gesundheitsvorsorge nur bis vier Stunden am Tag unten bleiben.

Da tönt auch schon die Sirene. Schiffsführer Bach ruft die Leute hoch: Der holländische Frachter nebenan will ablegen, er braucht den Platz. Die Männer steigen wieder die schmale Stiege hinauf, krabbeln in die Schleuse und lassen erneut den Druckausgleich über sich ergehen. Dann stehen sie wieder im Freien.

Mittagspause. Wilhelm Falkenburg, einer der beiden Maschinisten, hat gekocht. Es schmeckt köstlich. Und nebenher klönt man ein wenig über alte Zeiten: Wisst ihr noch, wie sie bei uns 2010 den Tatort gedreht haben? Mit Showdown zwischen Kommissarin Odenthal und dem Serienkiller unten in der Tauchglocke! Die Unterwasserszene wurde dann aber im Studio nachgebaut. So viel Überdruck, wie ihm die Matrosen der „Carl Straat“ täglich standhalten, war den Mimen offenbar nicht zuzumuten.

 

Ein Beitrag von:

  • Harald Lachmann

    Harald Lachmann ist diplomierter Journalist, arbeitete zuletzt als Ressortleiter Politik, und schreibt heute als freier Autor und Korrespondent für Tages-, Fach- sowie Wirtschaftszeitungen.

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