Karrierewege 28.09.2012, 19:54 Uhr

„Lockerheit der Studenten ist komplett verschwunden“

Karin Wilcke hilft jungen Menschen bei der Studien- und Berufswahl. Die promovierte Beraterin kann ihnen Ratschläge geben und sie auf den geeigneten Weg lotsen. Was sie nur bedingt kann, ist den Erfolgsdruck dämpfen. „Bei mir saßen schon 22-Jährige, in Tränen aufgelöst, die klagten: “Ich bin schon so alt und immer noch nicht fertig mit dem Studium.““

Viele junge Menschen verzweifeln heutzutage schneller.

Viele junge Menschen verzweifeln heutzutage schneller.

Foto: panthermedia.net/ryanking999

VDI nachrichten:Würden Sie heute wieder gerne studieren?
Karin Wilcke: Ich würde wieder studieren, bin aber froh, es vor 30 Jahren getan zu haben. Damals machte man sich als Student keine Zukunftssorgen. Ich hatte nie diese Panik „Was soll nur aus mir werden?“ Ich dachte immer: Es wird schon irgendwie beruflich klappen. Und so war es dann auch. Heute ist alles direkt ein Drama.

Wäre es ein Drama, sich Freiheit zu gönnen?

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Die Leute empfinden es so. Wenn Studenten heute ihr Studium nicht in sechs Semestern zu Ende bringen, haben sie das Gefühl, „sitzen geblieben“ zu sein. Da herrscht ein Schulklassendenken vor. Bei mir saßen schon 22-Jährige, in Tränen aufgelöst, die klagten: „Ich bin schon so alt und immer noch nicht fertig mit dem Studium.“

Meine Generation hatte die Muße, viel auszuprobieren. Diese Lockerheit in Bezug auf die Zukunftsplanung ist heute komplett verschwunden.

Wie erklären Sie sich das?

Das hat sicherlich auch mit dem hohen Wohlstand zu tun, den die Folgegeneration der Wirtschaftswunderzeit ihren Kindern bietet: eigenes Haus mit eigenem Kinderzimmer, jedes Jahr zwei Urlaube. Ich staune manchmal, wenn 18-Jährige mir erzählen, wo auf der Welt sie schon überall gewesen sind. Wer diesen Status und diesen Wohlstand halten oder mehren will, muss beruflich hoch hinaus.

Was unterscheidet die heutige Studentengeneration von früheren?

Bei mir sitzen durch die verkürzte Gymnasialzeit auch 16-Jährige, die sich selbst weder als erwachsen noch als studienreif empfinden. Andere Schulabsolventen haben bereits Auslandserfahrung, was ihre Persönlichkeit signifikant reifen lässt. Das bringt sie aber bei der Berufswahl nicht weiter. Viele Studienberechtigte erlebe ich sehr heimatverbunden. Sie schauen zuerst darauf, was die Hochschule vor Ort bietet. Außerdem wächst der Wunsch nach beruflicher Sicherheit. Deshalb wächst auch das Interesse am öffentlichen Dienst.

Welche Berufe werden für den Statuserhalt als die erfolgversprechendsten angesehen: Mediziner, Anwalt, Ingenieur?

Ingenieur leider nicht. Es ist unausrottbar, dass Jura eine gute Wahl sei. Das ist es aber nicht. Hier haben nur Absolventen mit überdurchschnittlich guten Noten eine Chance. Von Vollbeschäftigung kann man nur bei technischen und naturwissenschaftlichen Berufen reden. Hier stimmen meist auch die Gehälter. Absolventen technisch-naturwissenschaftlicher Fächer wissen meist, wohin sie wollen. Ingenieure waren immer nur kurz in meiner Beratung, dann waren sie beruflich auch schon untergebracht. Am orientierungslosesten sind die Geisteswissenschaftler.

Welche Fragen beschäftigen Schulabgänger vor allem?

Die Unsicherheit, was im Studium auf einen zukommt, ist groß. Seltsamerweise scheint in der Schule niemand zu erklären, wie ein Studium aufgebaut ist und wie man es am besten angeht.

Wie erleben Sie die Schulabgänger, die mit einem technischen Studienfach liebäugeln?

Oft ist technisches Interesse vorhanden, häufig gepaart mit wenig Selbstvertrauen. Schulabgänger zweifeln an ihrem Wissen und begründen das mit dem fehlenden Kursangebot in den Naturwissenschaften oder dem häufigen Ausfall des Physikunterrichts. Ich glaube, unser Schulsystem befördert den Fachkräftemangel im technischen Bereich.

Stimmt da etwas an der Brücke zwischen Schule und Hochschule nicht?

Diese Brücke gibt es oft gar nicht. Viel zu viel ist abhängig vom Engagement einzelner Lehrer. Viele Schüler, die sich für Technik interessieren – meist sind es Jungs –, würden gerne bei Porsche oder BMW arbeiten. Sie sind erstaunt, wenn ich ihnen sage, welche Bandbreite es an Ingenieurberufen und -aufgaben gibt. Das Blickfeld der jungen Menschen ist immer noch sehr eingeschränkt.

Haben Jugendliche falsche Vorstellungen von Berufsbildern?

Ja. Ein Beispiel: Als in einer Fernsehserie TV-Teams ganze Wohnungen umräumten, wollten plötzlich alle Mädchen Innenarchitektin werden. Wenn ich ihnen dann erkläre, dass Innenarchitekten Privatpersonen kein Wohnzimmer einrichten, sind sie enttäuscht. Ich will damit auch sagen, dass Fernsehserien einen enormen Einfluss auf die Berufswahl haben, siehe Arztserien. Oder „coole“ Berufswelten rund um Werbung. Dabei ist die reale Werbewelt sehr hart und Jobs dort sind vergleichsweise gering bezahlt.

Manche Studienanfänger, insbesondere bei den Ingenieuren, nehmen zudem das anspruchsvolle Studium zu locker. Das Ingenieurstudium ist und bleibt ein intensives Lernstudium. Das bedeutet nicht immer nur Spaß.

Was raten Sie einem Jugendlichen mit der Note 4 in Mathematik, der Ingenieurwissenschaften studieren möchte?

Ich würde ihm raten, es auszuprobieren und ihn fragen, ob er sein Motorrad reparieren kann, um herauszufinden, ob er tatsächlich technikinteressiert und begabt ist. Ich würde ihm vermutlich zu einer Fachhochschule raten, da dort die Praxisnähe größer, die Theorielastigkeit kleiner und das Betreuungsverhältnis oft besser ist. Außerdem sollte er einen Vorkurs, also eine gezielte Vorbereitung auf das Studium, belegen.

Wer sollte von einem Ingenieurstudium Abstand nehmen?

Ein Beispiel, wie ein Studium im Ansatz zum Scheitern verurteilt ist: Ein Jugendlicher wechselt mangels guter Noten vom Gymnasium aufs Berufskolleg, um dort unter Qualen die Fachhochschulreife zu erlangen. Er sagt sich: „Jetzt habe ich diesen mühsamen Weg hinter mir, jetzt muss ich studieren.“ Mit einem Abschluss „Gesundheit und Soziales“ und einem dreimonatigen Praktikum ließe sich Maschinenbau studieren. Dass dieses Studium schiefgeht, ist klar.

Wie gehen männliche und wie weibliche Schulabsolventen bei der Studienwahl vor?

Junge Männer sagen sich: „Ich interessiere mich zwar für Geschichte, aber das bringt doch letztlich für meine Karriere nichts. Da bin ich mit Betriebswirtschaft am besten versorgt. Schließlich muss ich später eine Familie ernähren.“ Junge Frauen lassen sich bei der Studienwahl mehr von ihren Interessen leiten, zuweilen sind sie auch weltfremder. Wenn es nach ihnen ginge, wäre die Welt voller Modedesignerinnen. Was Jungs und Mädchen eint: Sie haben beide noch nicht die Potenziale der Ingenieurwissenschaften erkannt.

Das Hauptargument bei der Verkürzung von Schul- und Hochschulzeit war nach offiziellen Angaben der Wunsch der Wirtschaft nach jüngeren Berufseinsteigern. Ist es wirklich wichtig, 23-jährige Absolventen statt 24-jährige auf den Arbeitsmarkt zu entlassen?

Dahinter steckt eine Politik der Personaleinsparung. Verkürzt man die Schulzeit von neun auf acht Jahre, hat man ein Neuntel der Lehrer gespart. Ähnliches gilt für das verkürzte und verschulte Studium. In diese Sparpolitik passt nicht der Wunsch vieler Bachelorabsolventen, den Master draufzusatteln.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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